Tankstelle in der Ostallee soll Radweg weichen

Trier · Nach 57 Jahren soll die Tankstelle in der Trierer Ostallee geschlossen werden. Der Grund: Die Stadt möchte dort einen komfortablen Radweg bauen. Das Angebot der Firma Aral, den Weg auf ihre Kosten zu bauen, lehnt die Stadt ab.

Trier. Blau leuchtet die Aral-Tankstelle an der Trierer Ostallee in der Abenddämmerung. Ein Taxifahrer wäscht gerade sein Fahrzeug in der Waschanlage, daneben saugt eine junge Frau ihren Polo. Ein Geschäftsmann betankt an der Zapfsäule seinen schwarzen Audi mit Super bleifrei. Und im Shop decken sich zwei Jugendliche mit Bier ein. Viele Menschen treffen an der Tankstelle zusammen, an 365 Tagen im Jahr, 24 Stunden am Tag. Es gibt keine Pause und keinen Feierabend. Doch damit soll es bald vorbei sein.
Geht es nach dem Bauausschuss der Stadt Trier, wird das Kapitel Tankstelle an der Ostallee Ende 2012 nach 57 Jahren geschlossen. Der Pachtvertrag, der seit 1955 besteht, läuft aus und wird nicht verlängert. Bereits 2006 hatte die Arbeitsgruppe Alleenring der Bürgerbeteiligungsgruppe "Grün in der Stadt" festgestellt, dass die Tankstelle "eine Barriere in der Grünanlage" darstelle und deshalb ein Rückbau anzustreben sei. Fünf Jahre, nachdem diese Idee formuliert wurde, will die Stadt die nötigen Weichen stellen.
Ein "getrennter Zweirichtungsradweg" soll in Zukunft den Alleenring durchziehen, teilt die Pressestelle der Stadtverwaltung auf Anfrage des TV mit. Die Tankstelle ist da im Weg. Schon 2009 war der Pachtvertrag nur noch mit Auflagen verlängert worden. Das Hauptargument des Baudezernats: Lärm- und Geruchsbelastung für die Anwohner und erhebliche Störungen der Nachtruhe durch den Verkauf und Verzehr von Alkohol.
Täglich kommen 2000 Kunden


Kommunen können den Nachtverkauf von Alkohol rechtlich einschränken. "Die Stadt Trier hat diese Option nicht umgesetzt", sagt Lothar Schmitz. Der 55-Jährige ist seit 1993 Pächter der Tankstelle. Eine einzige Ruhestörung sei ihm in den vergangenen zehn Jahren gemeldet worden - wegen Staubsaugens nach 22 Uhr. Schmitz fühlt sich von der Stadt alleingelassen und übergangen: "Mindestens drei Menschen, die hier arbeiten, werden nach der Schließung keine Chance mehr auf dem Trierer Arbeitsmarkt haben." 18 Mitarbeiter beschäftigt Schmitz in der Ostallee - fünf Vollzeitkräfte, einen Azubi und studentische Aushilfskräfte. Sie bedienen jeden Tag bis zu 2000 Kunden. Die Tankstelle inklusive Ladengeschäft setzt im Jahr 1,5 Millionen Euro um.
Schmitz hat sich ausgerechnet, wie viel allein für Trier abfällt: "Ungefähr 50 000 Euro bekommt die Stadt jedes Jahr dadurch, dass hier ein Gewerbe steht. Durch Pacht, Gewerbesteuer und andere Abgaben." Dabei hat er auch Verständnis für die Pläne, den Alleenring aufzuwerten: "Der Tourist soll einmal um die Stadt herumgehen können - das ist legitim." Aber warum müsse man dafür ein florierendes Gewerbe zerstören, fragt der Pächter. Aral habe großes Interesse am Standort und zeige sich kompromissbereit: "Die Baupläne für eine Umstrukturierung der Tankstelle liegen schon in der Schublade."
Laut Schmitz berücksichtigen diese Pläne sogar einen neuen Radweg um die Tankstelle herum: "Wir können die Ein- und Ausfahrten auf einer Seite zubauen und einen super Radweg bauen." Aral biete der Stadt sogar an, die Kosten für den Bau des Radwegs zu übernehmen. Das ist der Verwaltung aber nicht genug: Eine "komfortable Radwegführung" sei über das - wenn auch umgebaute - Tankstellengelände nicht möglich, informiert die Pressestelle. Mit einer Online-Petition auf der Seite www.buergerhaushalt-trier.de versuchen Schmitz und seine Mitarbeiter, auf die Stadt einzuwirken.

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Meinung

Pro Schließung

Keine Zeit für Kompromisse

Von Rainer Neubert

Trier soll sein Gesicht verändern: Mehr Grün, ein Radwegenetz, das diesen Namen auch verdient. Das ist der erklärte Wille des Rates, der die Bürger dieser Stadt vertritt. Das Auslaufen des Pachtvertrages für die Tankstelle bietet auf absehbare Zeit die einzige Chance, dieses Ziel auch in der Ostallee umzusetzen. Eine Verlängerung würde für viele Jahre den Anachronismus Tankstelle im Grünen zementieren. Deshalb sollte die Stadt konsequent bleiben, auch wenn dies vordergründig Steuereinnahmen kostet. Der neue Geh- und Radweg im Grünstreifen darf dann allerdings nicht Stückwerk bleiben. Wie sollen die Zu- und Abfahrten an beiden Enden der Ostallee erfolgen? Hierzu muss sich die Verwaltung erklären. r.neubert@volksfreund.de

Contra Schließung

Ein Schritt in die Provinzialität

Von Christian Kremer

Fehlt abends oder nachts etwas - von der Tüte Chips über Zigaretten bis hin zu anderem Party- oder Filmabendzubehör - ist die "blaue Lagune" eine wichtige Anlaufstelle für alle Trierer Nachtschwärmer. Für diesen Teil der Bevölkerung, der zu einer sogenannten Großstadt dazu gehört, macht mit der Tankstelle der letzte durchgängig geöffnete Laden in der Innenstadt dicht. Das ist ein Schritt in die Provinzialität.

Trier mag von der Einwohnerzahl her gesehen eine Großstadt sein. Von der Infrastruktur her ist es ein Provinznest. In richtigen Großstädten gibt es Kioske. Dort wäre es egal, wenn eine Tankstelle dichtmacht. Hier fiele die Schließung enorm ins Gewicht. Ein Teil des Trierer Nachtlebens ginge verloren. c.kremer@volksfreund.de

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