Kritiker des Einkaufcenters in der Überzahl

Trier · Braucht Trier zwei neue Einkaufcenter? Ein Oberbürgermeister in der Defensive, ein angriffslustiger Akademiker, ein gelassener Investor, zwei engagierte Händler und eine emotionale Diskussion prägen die TV-Podiumsdiskussion "City vor dem Ausverkauf?" vor 200 Zuhörern in der Aula des Humboldt-Gymnasiums.

Trier. Es ist Klaus Jensen klar, dass zwei harte Stunden vor ihm liegen. "Wenn ich darauf schauen würde, wo es im Leben am schönsten ist, hätte ich einen anderen Beruf gebraucht", sagt Triers Oberbürgermeister zu Beginn des TV-Forums, in dessen Mittelpunkt der Investor ECE und neue Einkaufcenter in Trier stehen.
Der Oberbürgermeister: Immer wieder muss Jensen sich dem Vorwurf stellen, er habe seine Stadt viel zu früh an den Investor ECE binden wollen. Immer wieder muss er beteuern, dass dieser Vorwurf nicht zutreffe, dass noch nichts vereinbart oder gar unterzeichnet sei, dass es allein um die Zukunft und Entwicklung Triers gehe.
TV-Redakteur Michael Schmitz fragt ihn: "Warum gibt es schon so früh einen derart intensiven Kontakt zu ECE?" Jensen: "Der Konzern kam mit konkreten Vorstellungen auf die Stadt zu." Eine Entwicklungsvereinbarung bedeute nur, dass "wir während der Laufzeit von drei Jahren mit niemand anderem verhandeln". Und schließlich könne der Stadtrat jederzeit ein Veto einlegen, die Zusammenarbeit stoppen und die Vereinbarung kündigen.
Der Investor: Gerd Wilhelmus, Geschäftsführer und für Trier zuständiger Projektleiter des Einkaufcenter-Investors ECE, präsentiert sich locker und gelassen. Auch das Veto-Recht des Stadtrats bringt ihn nicht aus der Ruhe. "Wenn der Rat es so will, verabschieden wir uns wieder und akzeptieren unsere Planungskosten als Verlust. Das ist dann unser Risiko."
Warum sind Sie so scharf auf Trier?, fragt ihn TV-Moderator Schmitz. "Schon vor 15 Jahren wollten wir nach Trier, unser Interesse hat seitdem nicht nachgelassen." Wilhelmus präsentiert die ECE als Partner der Neuordnung und Stadtentwicklung, der in den beiden Bereichen Simeonstraße und Viehmarkt viel Gutes für Trier bewirken könne - so wie es zurzeit in Stuttgart und Mainz geschehe.
Der Wissenschaftler: Christian Muschwitz hat im Wintersemester 2011 die Vertretungsprofessur von Professor Heiner Monheim im Fach Raumentwicklung und Landesplanung an der Uni Trier übernommen. Muschwitz präsentiert sich auf dem Podium mit einer erfrischenden Aggressivität.
"Einkaufcenter wollen Innenstädte nicht vorsätzlich beschädigen", sagt er. "Aber wenn sie es dennoch tun, dreht sich ihre Welt trotzdem weiter, während ringsherum alles stirbt." Die Stadt Trier habe ihre hohe Kaufkraftbindung auch ohne große Center erreicht. Muschwitz plädiert für ein anderes Instrument zur Stärkung des Einzelhandels: "Ein regionales Einzelhandelskonzept ist überfällig. Sonst macht bald jeder jedem Konkurrenz, und nur die Center bleiben übrig."
Die Händler: Gerd Guillaume vertritt die City-Initiative Trier, Michael Müller repräsentiert den Einzelhandelsverband Region Trier. "Wir wollen mit Sicherheit keine Konkurrenz verhindern, sondern die Stadt entwickeln", betont Müller und räumt ein: "ECE kann ein guter Investor sein und spielt in der ersten Liga der Projektentwickler." Doch bevor eine feste Partnerschaft beginnt, sollte die Stadt wissen, wo sie überhaupt hin will.
Auch Guillaume betont: "Die Visionen müssen stehen, bevor die Zusammenarbeit beginnt." Ein Center schaue immer zuerst auf die eigene Kundenfrequenz. "Und ich bin mir nicht sicher, ob das im Sinne der gesamten Stadt sein kann." Center seien austauschbar. "Wir verlieren unsere für Trier typische Unverwechselbarkeit."

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