Die Krumperen im Tüppfen

Im 19. und anfangs des 20. Jahrhunderts hatte die gesellschaftliche Oberschicht noch zahlreiches Hauspersonal. Bei uns in Trier waren diese "besser Leit" neben den Kaufleuten und Unternehmern die Angehörigen der hohen preußischen Beamtenschaft.

 Horst Schmitt.

Horst Schmitt.

Foto: (h_lalu )


Das Hauspersonal kam aus der Schicht der einfachen und armen Bevölkerung, und es gab zwischen den "Herrschaften" und den "Bediensteten" außer dem standesmäßigen Graben auch eine gewaltige Sprachbarriere.
Die einen sprachen nämlich Hochdeutsch, die anderen Mundart. Hochdeutsch war fein, Mundart war unfein. Und so versuchte auch das Personal, so gut es eben ging, sich des Hochdeutschen zu bedienen.
Einmal, weil für sie damit scheinbar eine gesellschaftliche Aufwertung verbunden war, zum anderen, weil sie von ihren Arbeitgebern verstanden werden mussten.
Aber solch gut gemeinte Versuche klangen oft gestelzt und unfreiwillig komisch.
Hier ein Beispiel: Vielleicht hat die kleine Hausangestellte Lenchen Demuth, wenn es Zeit war, den Hauptgang aufzutragen, zu Frau Jenny Marx, geborene von Westphalen, einmal gesagt: "Gnädige Frau, die Krumperen im Tüppfen sind schonst müllde!"
Trierer wissen hier gleich, was gemeint ist, nämlich: De Grommbern ömm Döbben sö schonnst möll! Leute, die nur Hochdeutsch sprechen, denen geht es, wie es vielleicht auch Frau Marx ging: Sie verstehen nur Bahnhof. Also hier eine kleine Übersetzungshilfe: Grommbern sind Kartoffen, ein Döbben ist ein Topf, schonnst heißt schon, und möll ist mit milde zu übersetzen. Es bedeutet in diesem Fall: gar gekocht. Demnach auf Hochdeutsch: Die Kartoffeln im Topf sind bereits gar. Ist doch ganz einfach!
Übrigens: Unser Trierer Original Fischers Maathes hat diesen Vornehm-Hochdeutsch-Fimmel nicht mitgemacht. Bei einem Abendmenü trägt die Hausherrin selbst die Soße auf und kokettiert: "Wer nicht zu mir in Reimen spricht, bekommt auch diese Soße nicht!" Darauf Maathes: "Domm Aos, här mött der Saoß!"
Horst Schmitt ist Autor des Trierer Wörterbuchs, das im Trier-Verlag erschienen und im Buchhandel erhältlich ist. Gemeinsam mit Josef Marx hat er über 10 000 Stichwörter in Hochdeutsch-Trierisch und Trierisch-Hochdeutsch zusammengetragen.
Die beiden Autoren erläutern in unserer Kolumne "Trierisch balaawern" wöchentlich Besonderheiten der Trierer Mundart.

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