Was ist Källwerkies?

Zu den wöchentlichen Ritualen meiner Jugendzeit in Pallien gehörte es, freitags beim Feilen oder beim Baumgratz gebackene Moselfische zu essen. Wenn es nicht so weit gewesen wäre, hätte ich diese Köstlichkeit zum Beispiel auch im Mosellied, beim Trapps Trin, beim Alberg oder im Handelshof genießen können.

 Horst Schmitt.

Horst Schmitt.

Foto: (h_lalu )


Mittelgroße Rotaugen waren das, in heißem Fett so kross gebraten, dass man die kleineren sogar mitsamt der Flossen und Gräten bis auf den Kopf verzehren konnte. Gewürzt war diese trierische Spezialität mit Pfeffer und Salz und mit einem Hauch Muskat. Viez hat gut dazu geschmeckt.
Die Fische kamen frisch gefangen aus der Mosel, entweder von den Berufsfischern Seiler oder Busert, häufig aber auch von den privaten Anglern, von denen es sehr viele gab. Später, als durch die Kanalisierung der Mosel der Fischbestand sehr abnahm, mussten Fische aus fremden Gewässern, etwa dem Edersee, als Ersatz her.
Damit war aber die große Zeit dieser Leckerei leider vorbei. Fische aus der Mosel gehörten auch auf die häusliche Speisekarte. Die erwähnten privaten Angler sorgten für regen Nachschub. Ich erinnere mich, das in Pallien obb der langer Kröbb (auf der langen Krippe/Buhne), die ein fischreiches stilles Gewässer namens Moogenweijer (Froschweiher) von der fließenden Mosel abtrennte, oft Dutzende von Anglern mött der Hongerbaadsch (mit der Angelrute) auf Beutezug waren.
Was sie dort alles fingen: Aol (Aal), Beerschd (Flussbarsch), Graob/Schmuudelbeerschd (Kaulbarsch), Kauzekobb (Groppe), Grundel (Steinbeißer), Giefjen/Guuf (Flussgründling), Briesem (Brachse), Minn (Döbel), Ellerschi (Ellritze), Schussminnschi (Hasel), Makreel (Nase), Ruutaaf (Rotauge /Plötze), Schälalf (Ukelei/Laube) oder Schnuudelbarf (Schmerle/Bartgrundel).
Manche Fische, die sich am Boden aufhalten, also etwa die Barbe oder der Aal, wurden mit der Fumm (Grundangel) gejagt, und außer Maoden und Wörm (Maden und Würmern) schätzen die Fische sehr einen Köder namens Källwerkies (Lab aus dem Kälbermagen), den sich die Angler im Schlachthof besorgten.
Woher ich das alles weiß? Von meinem ehemaligen Palliener Mitbürger und Sangesbruder Georg-Heinrich Fries. Danke Heinz!!
Horst Schmitt ist Autor des Trierer Wörterbuchs, das im Trier-Verlag erschienen und im Buchhandel erhältlich ist. Gemeinsam mit Josef Marx hat er über 10 000 Stichwörter in Hochdeutsch-Trierisch und Trierisch-Hochdeutsch zusammengetragen. Die beiden Autoren erläutern in unserer Kolumne "Trierisch balaawern" wöchentlich Besonderheiten der Trierer Mundart.

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