Trier in alten Filmen (Teil 4): Der Regisseur und „milljunen“ Statisten

Trier · In Zusammenarbeit mit dem Trierer Filmforscher und Medienexperten Ralf Kotschka präsentiert der Trierische Volksfreund historische Filme aus Trier. Die alten Schwarz-Weiß-Streifen gibt es jetzt exklusiv hier auf volksfreund.de

Dem Schausteller und Filmpionier Peter Marzen verdankt Trier mit die ersten bewegten Bilder. Immer wieder hat der Kinobesitzer in der Innenstadt gedreht.

Der Blumenkorso des Radfahrervereins (Film 4): Das Fahrrad als solches war um die Jahrhundertwende zwar nicht neu, aber bei weitem noch nicht so in der Gesellschaft angekommen, wie das heutzutage der Fall ist. Besonders für Frauen galt es als unschicklich, sich mit langen Röcken auf den Drahtesel zu schwingen. Eine Trendwende versprach der Trierer Radfahrerverein. Ob zu wohltätigen Zwecken oder zur patriotischen Unterstützung von Kriegsveteranen - Vereine sammelten durch Umzüge oft Spenden ein. An solch einem Tag, genauer: am 21. Juni 1914, stellte Peter Marzen seine Kamera mitten auf die Simeonstraße. Der Regisseur sprang höchstselbst, bewaffnet mit einem Strohhut, vor der Kamera umher, um die Paradeteilnehmer zu einer nahen Vorbeifahrt an der Aufnahme zu dirigieren und lästige Passanten aus dem Bild zu komplimentieren. Während des Umzugs spannen Zuschauer Regenschirme auf, bleiben aber tapfer am Rand der Sim stehen und bestaunen blumengeschmückte Fahrräder, Pferdekutschen und Automobile. Von 1919 bis in die vierziger Jahre sind nur noch wenige Filme der Marzen-Familie erhalten. Und das auch nur deshalb, weil Peter Marzen ein guter Katholik war: Zu einem Amtsjubiläum von Bischof Korum (Bischof von Trier von 1881 bis 1921) schenkte er diesem einige seiner Filme. So überlebten die Aufnahmen schließlich im Archiv des Trierer Bistums.

Der Kaiser auf "seiner" Brücke (Filmaufnahmen leider nicht verfügbar): Schon um die Jahrhundertwende erkannte man die Notwendigkeit einer zweiten Brücke über die Mosel. Als "Kaiser-Wilhelm-Brücke" seit 1912 im Bau, wurde sie 1913 durch einen Besuch des obersten Monarchen persönlich eingeweiht. Die Tochter des Trierer Oberbürgermeisters, Fräulein von Bruchhausen, durfte den Kaiser auf der neuen Brücke begrüßen. Wenige Filmminuten zeigen den Jubel beim Kaiserbesuch, Showeinlagen in Form der damals modernen Turnerpyramiden und den Kaiser selbst. Wie kein anderer verstand es Wilhelm II., sich das neue Medium Film zunutze zu machen. Fast alle seiner vielen öffentlichen Auftritte wurden von Kameramännern im Film festgehalten und fanden den Weg in die Aktualitäten-Shows der damaligen frühen Kinos. Übrigens sollte die Kaiser-Brücke zum Erfolg werden: Nachdem man für ihre Überquerung ein Jahr lang Benutzungsgebühren zahlen musste, war sie refinanziert und dient bis heute ihrem Zweck.

Die Filmaufnahmen des Kaiserbesuchs waren bisher leider noch nicht in Trier zu sehen.

Das Trierer Stadtmuseum Simeonstift zeigt in seinem Projektionsraum "Trier-Kino" über 60 Trier-Filme. Für seine Sammlung sucht es aktuell weiteres historisches Filmmaterial über Trier. Alte Amateurfilme sind ebenso willkommen wie Filmrollen vom Speicher (keine Videos etc). Mitmachen und Fundstücke abgeben: Adresse: Verwaltung des Stadtmuseums, Simeonstiftplatz 1, 54290 Trier, Mo-Fr., 9-12 Uhr.

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