Auf die Dosis kommt es an

Ist Viez als Naturprodukt der Gesundheit zuträglich? Ja, sagen Experten, vorausgesetzt man genießt ihn wie alle alkoholischen Getränke sehr moderat. Dann kann er zur Entschlackung und Verdauungsförderung beitragen. Ein Übermaß hingegen wirkt sich ziemlich durchschlagend aus.

 Na denn Prost! Die Viezgenießer Rudolf Gonder, Egon Hau, Walter Thull, Franz Mertes und Alois Schuh (von links) aus Waldrach wissen ihr Getränk zu schätzen. TV-Foto: Frank Göbel

Na denn Prost! Die Viezgenießer Rudolf Gonder, Egon Hau, Walter Thull, Franz Mertes und Alois Schuh (von links) aus Waldrach wissen ihr Getränk zu schätzen. TV-Foto: Frank Göbel

In seinem Buch "Trierer Viez" zitiert der Trierer Viezexperte Gerd Scholten eine alte sanitätspolizeiliche Anordnung: "Es gibt nichts Besseres, um in der Arbeit den Durst zu löschen als eine reine unverfälschte Porz Apfelwein, vulgo Viez. Dieser Trunk reinigt das Blut und alle Gänge des Körpers, übt eine wirksame diuretische (flüssigkeitssauscheidende, Anm. d. Red.) Kraft gegen alle faulen Ablagerungen und Mikrokokken im menschlichen Körper, wodurch die Vieztrinker durchschnittlich klare Ölköpfe haben und von Aussehen wie Gestalt meist das Bild strotzender Gesundheit darbieten..."

Fettablagerung in Blutgefäßen vermindern



Gedacht, um für eine Alternative zum Branntweingenuss zu werben, enthalten die blumigen Ausführungen einige Wahrheiten, die Experten heute bestätigen. "Apfelwein hat sich zur Stoffwechselentschlackung und bei Magen-Darm-Störungen bewährt", sagt der unter anderem als Vorsitzender des Hauses der Gesundheit bekannte Trierer Internist Professor Bernd Krönig.

"Viez enthält antioxidative Substanzen, die Herz-Kreislauf-Erkrankungen vorbeugen können", sagt Dr. Harald Michels, Leiter des Gesundheitsamtes Trier. Es handele sich dabei um Polyphenole, wie sie auch für die gesundheitsfördernde Wirkung moderaten Traubenweingenusses verantwortlich seien, erklärt Professor Krönig.

Die als Farb- und Geschmacksstoff oder Tannin in Pflanzen vorkommenden bioaktiven Substanzen können Fettablagerungen in Blutgefäßen vermindern, Entzündungen hemmen und der Tumorbildung vorbeugen. "Allerdings beträgt ihre Konzentration in Apfelwein nur ein Drittel von der im Traubenwein", schränkt Krönig ein.

Auch der Alkoholgehalt des Viezes sei mit 5,5 Volumenprozent geringer als der von zwölf Volumenprozent beim Wein. Das ist zwar positiv, auch hinsichtlich der Kalorienzahl - ein Viertelliter Viez hat nur etwa 85 Kalorien, die gleiche Menge Wein rund 175 - kann aber zu bedenklichen Missverständnissen führen: "Viele Leute in der Region sehen Viez gar nicht als Alkohol an", sagt Harald Michels.

Das birgt die Gefahr übermäßigen Genusses, der, wie Michels schmunzelt, "durchschlagende Wirkung" haben kann.

Will heißen, die manchmal begrüßte abführende Wirkung des Viezes wächst sich zum Durchfall aus, der Wohlbefinden wie auch Mineralstoffaufnahme aus dem Trunk zunichte macht.

Limo macht Viez nicht bekömmlicher



Schädliche Auswirkungen seien auch bei Darmerkrankungen oder Problemen mit Magensäure wie zum Beispiel Sodbrennen zu befürchten, betont die AOK-Ernährungsberaterin Marion Heinz: "In diesen Fällen sollte man ohnehin die Finger vom Alkohol lassen."

Viez sei nicht bekömmlicher, wenn man ihn mit Limo oder anderen Süßgetränken kombiniere: "Der Zucker bringt nur den Alkohol schneller ins Blut." Ebenso sei es ein Irrglaube, mit Viez den Vitaminhaushalt aufbessern zu können. Einhellige Meinung der Experten aber ist: Körperliche Gesundheit vorausgesetzt, ist gegen ein ab und zu genossenes Pörzchen Viez, besser noch Viez-Sprudel, nichts einzuwenden.

"Wie Wein ist Viez ja auch aus einer Obstsorte gewonnen, die an sich einer gesunden Ernährung zuträglich ist", erinnert Bernd Krönig. Und Britta Seitz, Kollegin von Marion Heinz, steuert ein Zitat von Paracelsus (1493-1541) bei: "Alle Dinge sind Gift..., allein die Dosis macht, das ein Ding kein Gift ist." Anke Emmerling

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