1000 Holzstäbe auf dem Dachboden: Schöndorfer schnitzt und sammelt Spazierstöcke

Schöndorf · Ein Dachboden bietet viel Abstellfläche für so mancherlei Dinge, die nicht tagtäglich im Gebrauch sind. Wer aber den Speicher von Erwin Theisens (75) Haus in Schöndorf betritt, dessen Blick wandert zunächst unwillkürlich an die frisch gedämmten Dachschrägen.

Spazierstöcke - so weit das Auge reicht. Auf dem Dachboden von Erwin Theisen reihen sie sich aneinander - mal in gerader, mal in halbmondförmiger Aufhängung. Der 75-Jährige sammelt die hölzernen Gehhilfen, aber nicht die gekauften, mit kleinen metallenen Stationswappen verzierten Erinnerungsstücke aus dem Wanderurlaub. Nein, Theisen hat seine mehr als 1000 Sammlerstücke alle in liebevoller Handarbeit selbst geschnitzt.

Rund zehntausend Arbeitsstunden hat er in den vergangenen 26 Jahren investiert, um aus herabgefallenen Ästen, die er am Wegesrand gefunden hat, die gewundenen Knotenstäbe herzustellen. Den ersten Ast brachte er zwar schon Anfang der 1980er-Jahre von einer Radtour mit nach Hause, so richtig losgelegt mit dem Schnitzen hat er aber erst mit dem Eintritt in den Ruhestand.

Zeit seines Lebens lassen den Rentner die Liebe zur Natur und zu seinem Heimatort Schöndorf den Großteil seiner Freizeit im Freien verbringen. In den Wäldern entlang der Ruwer findet Erwin Theisen Erholung - und früher den Ausgleich zum Büroalltag. 35 Jahre lang (1962 bis 1997) hat er beim Berufsförderungsamt der Bundeswehr in der Verwaltung gearbeitet und sich stets weitergebildet. Er ist Kaufmann, Verwaltungsfachangestellter und Pädagoge, hat Kurse in Stenografie, Zehn-Finger-Schreiben auf der Tastatur und in kaufmännischer Buchhaltung gegeben.

Bis heute erobert der 75-Jährige bei gutem Wetter die Natur zwischen Schöndorf und Hermeskeil. "Pro Saison lege ich immer noch rund 3000 Kilometer mit dem Rennrad zurück", erzählt er.

Die Spazierstöcke schnitzt er in der ungemütlichen Jahreszeit aus Birken-, Buchen-, Haselnuss- und Eichenhölzern. "Damit beschäftige ich mich dann an den kalten und nassen Tagen. Wenn das Wetter nicht passt, wird geschnitzt", sagt er und lächelt. Die rund 1000 Exemplare auf seinem Dachboden sind ihm heilig: "Verkauft wird keiner davon. Ich sammle und verschenke sie an Interessierte", verrät der 75-Jährige. Erst vor kurzem habe er die Handwerker, die seinen Dachboden saniert hatten, mit Spazierstöcken beschenkt: "Die brauchte ich dann hinterher immerhin nicht mehr aufzuhängen."Seine Verse hebt er selten auf

Im Übrigen hat Erwin Theisen noch ein weiteres interessantes Hobby: Er dichtet. Mal zum Geburtstag seiner Ehefrau, mal einfach so, weil es ihm Spaß macht. Anders als die Stöcke hebt er seine Verse und Reime im Normalfall aber nicht länger auf. "Die werfe ich irgendwann einfach wieder weg", sagt er. Ein Gedicht, das er erst kürzlich verfasst hat, hat er aber doch aufgehoben. Es handelt von der Lust am Spazierstockschnitzen und ist am kommenden Samstag in der Rubrik "Leserland" im Trierischen Volksfreund nachzulesen. anfExtra

Eine große Liebe verbindet den Schöndorfer Erwin Theisen auch mit seinem Heimatort, den er wie folgt beschreibt: "Am Fuße des vorderen Hochwalds gelegenes, stilles, romantisches Fleckchen Erde. Ein lebendiges Dorf, wo Nachbarschaft großgeschrieben wird, und mit Aktivitäten reich beschert. Schöndorf ist am Rande einer schlangenlinientypischen Radwegtrasse gelegen, beschenkt vom Reichtum der Natur, eingebettet zwischen Wald, Feldern, Wiesen und Weinbergen. Ein Ort der Stille und Erholung für Jung und Alt." anf

Meistgelesen
Neueste Artikel
Zum Thema
Aus dem Ressort