Alte Erzgrube ist Planern im Weg - Speicherkraftwerk: Oberberg von Stollen durchzogen

Ensch · Obwohl man bei Bohrungen auf alte Bergwerksstollen gestoßen ist, sehen Geologen keinen Hinderungsgrund für den Bau des Pumpspeicherkraftwerks (PSKW) bei Ensch. Überraschend teilen die Stadtwerke Trier mit, dass das Unterbecken aus Sicherheitsgründen abgedichtet werden soll.

 Ein Dutzend Erkundungsbohrungen für das Pumpspeicherkraftwerk wurden schon gemacht, weitere sollen folgen. Tv-Foto: Archiv/Friedemann Vetter

Ein Dutzend Erkundungsbohrungen für das Pumpspeicherkraftwerk wurden schon gemacht, weitere sollen folgen. Tv-Foto: Archiv/Friedemann Vetter

Ensch. Ist der Untergrund standsicher? Kann Wasser unkontrolliert ablaufen? Was ist mit den alten Bergwerksstollen? Diese und andere Fragen zum geplanten Mega-Projekt Pumpspeicherkraftwerk beschäftigen viele Menschen im Raum Ensch. Etwa 50 Personen sind ins Bürgerhaus gekommen, um sich von den Stadtwerken Trier (SWT) und Geologen über die erste Phase der geologischen Untersuchungen informieren zu lassen.
Wie berichtet gab es im ersten Halbjahr 2013 ein Dutzend Bohrungen. Bis zu 300 Meter tief wurden die Meißel in den Tonschiefer getrieben. Untersucht wurden das Kautenbachtal oberhalb der Moselgemeinde Ensch, wo das Unterbecken aufgestaut werden soll, und der Hummelsberg, dem Standort des Oberbeckens auf der Höhe bei Bekond.

Zwei riesige Badewannen: Bekanntlich nutzt das PSKW die Kraft des Wassers im Gefälle zwischen den beiden Becken. Im Fall von "Rio" (der Name leitet sich von der Klimakonferenz 1992 in Rio de Janeiro ab) beträgt der Höhenunterschied 200 Meter. Beide "Badewannen" haben ein Fassungsvermögen von sechs Millionen Kubikmeter. Turbinen, die unterhalb des Oberbeckens in einer Kaverne installiert werden, sollen 300 Megawatt Leistung erzeugen. Damit könnte das PSKW ab dem Jahr 2020 den Strombedarf von rund 500 000 Menschen in der Region decken.

Teure Abdichtung: Bisher stehen Investitionskosten von 450 Millionen Euro im Raum. Doch es könnte teurer werden. Projektleiter Rudolf Schöller (SWT) verkündet die Neuigkeit, dass das Unterbecken komplett mit Asphalt oder Folie abgedichtet werden soll - aus Sicherheitsgründen. Wasserdurchlässige Bereiche könnten nicht ausgeschlossen werden. Bisher war nur bekannt, dass das künstlich geformte Oberbecken eine Versiegelung - vermutlich aus Asphalt - bekommen soll. "Das Abdichten kostet richtig viel Geld", bemerkt Rudolf Poppe, Wasserkundler vom Landesamt für Geologie und Bergbau (LGB, Mainz). Ihn mache die Entscheidung der SWT "entspannter"; es sei eine gute Nachricht für die Anwohner.

Begehbarer Kontrollgang: Projektleiter Schöller informiert, man könne später in einem begehbaren Kontrollgang unter dem Unterbecken das Sicker- und Drainagewasser exakt messen. Ohne Abdeckvorrichtung sei es schwierig, einen Nachweis zu führen, wie viel Wasser ablaufe und wo es herkomme.
Während es also unten ein Problem weniger gibt, bereiten den Geologen oben - im Hummelsberg - die Hinterlassenschaften des Eisenerzabbaus aus dem 19. Jahrhundert Sorgen (siehe Extra). In 53 Metern Tiefe war ein Schacht angebohrt worden. Es gebe ein Gewirr von Schächten, sagt Norbert Zeidler (Firma Lahmeyer International). Er erforscht den Untergrund von Staudämmen und war am größten Dammprojekt Afrikas im Sudan beteiligt. "Wir müssen die Schächte erfassen und sichern, und da dürfen wir uns nicht nur auf altes Kartenmaterial verlassen", so Zeidler.

Winzer befürchten Frostschäden: Die Erzgrube Morgenstern soll nächstes Jahr in Abstimmung mit dem geologischen Landesamt gesondert untersucht werden. Insgesamt sind in der zweiten Erkundungsphase bis Mitte nächsten Jahres 30 bis 40 Bohrungen in den Zonen Oberbecken, Unterbecken, Kaverne und Zufahrt stollen (von der Autobahn A 1) geplant. Die Uni Trier soll bis Sommer 2014 alle Quellen und Feuchtgebiete in dem Raum untersuchen. Über die Ergebnisse werde öffentlich informiert. Unterdessen liegen die Resultate eines Gutachtens über die Einflüsse des Unterbeckens auf das Weinbergsklima in Thörnich bereits vor. Sie werden am Mittwoch, 11. Dezember, in Thörnich vorgestellt. Thörnicher Winzer befürchten Frostschäden (der TV berichtete).
Ferner soll es zu Beginn des kommenden Jahres eine Versammlung geben, in der alle betroffenen Grundstückseigentümer aus Ensch über das anstehende Flurbereinigungsverfahren informiert werden. Die Planung der neuen Wege werde eng mit der Gemeinde abgestimmt, kündigt Rudolf Schöller an. Er bekräftigt, es gebe bisher kein Ausschlusskriterium für den Bau des Kraftwerks. Alle bisher aufgetauchten Probleme seien technisch beherrschbar.

"Wir beten nichts gesund": Hin und wieder liefern sich in der Versammlung Projektgegner und -befürworter Wortgefechte. Ansgar Wehinger, Referatsleiter Ingenieurgeologie beim geologischen Landesamt, versucht, die Gemüter zu beruhigen: "Unser Amt ist von SWT eng eingebunden worden. Glauben sie mir, von unserer Seite besteht kein Interesse, irgendetwas gesundzubeten. Etwaige Risiken, und die gibt es bei solchen Großprojekten immer, sollen durch die Untersuchungen erkannt und beseitigt werden."Meinung

Stuttgart 21 im Hinterkopf
Großprojekte, und zu dieser Kategorie muss man das Pumpspeicherkraftwerk bei geschätzten Kosten von fast einer halben Milliarde Euro zählen, haben in Deutschland keinen guten Ruf. Wen wundert\'s angesichts der Baupannen beim Großflughafen Berlin, dem Bahnhof Stuttgart 21 oder der Elbphilharmonie in Hamburg. Dass auch beim geplanten Moselkraftwerk kritische Stimmen laut werden, ist teilweise auf dieses generelle Imageproblem zurückzuführen. Bürger haben das Vertrauen verloren in Vorhersagen zu Bauzeit, Kosten oder Risiken. Häufig haben sich die Aussagen von Planern oder Investoren als viel zu blauäugig erwiesen. Um so wichtiger ist es, die Bürger permanent auf dem laufenden zu halten. Man kann den Stadtwerken attestieren, dass sie bisher sehr transparent mit ihrem Projekt umgegangen sind. Weitere Infotermine, darunter auch zu den Auswirkungen auf den Weinbau, sind angekündigt. Unumkehrbar, wie manche Kritiker meinen, ist das Projekt keinesfalls. Erst recht nicht in der Planungsphase, wo höchstens sechs Millionen Euro in den Sand gesetzt werden können. Für das Gelingen müssen drei Voraussetzungen erfüllt sein: Wirtschaftlichkeit, technische Machbarkeit und Finanzierbarkeit. a.follmann@volksfreund.deExtra

In der Grube "Morgenstern" wurde von 1857 bis 1891 Eisenerz mit 40 bis 60 Prozent Eisengehalt gefördert. Abgebaut wurde in drei "Stockwerken" bis zu einer Tiefe von etwa 80 Metern. Für Familien aus der Region war diese Zeit ein Segen. Viele Handwerker und Arbeiter fanden hier neben der Landwirtschaft Arbeit und Brot. Fuhrleute transportierten das geförderte Eisengestein mit ihren Gespannen zur Quinter Hütte, wo es verarbeitet wurde. Die Blütezeit der Morgenstern-Grube dauerte nur 34 Jahre - anderswo waren ergiebigere Erzquellen entdeckt worden. alf

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