Angst vor alten Kamellen

Vielen Narren ist vor einem Jahr das Lachen gründlich vergangen. Verschimmelte und längst abgelaufene Kamellen flogen in die Menge oder wurden von Fußgruppen verteilt - auch beim Rosenmontagszug in Trier. Zugleitung und Gewerbeaufsicht kündigen an, die geworfene Ware in diesem Jahr streng zu kontrollieren.

Trier. "Wir stehen dicht vor einer Zäsur im Straßenkarneval." Mit diesen Worten reagierte Peter Pries, Präsident der Arbeitsgemeinschaft Trierer Karneval (ATK), auf den Kamellen-Skandal 2007. "Wenn ein Zugbesucher durch verdorbene Kamellen krank wird, kann das zu einem generellen Verbot führen, Lebensmittel bei Umzügen zu verteilen." So weit will es die ATK als Veranstalter des Trierer Rosenmontagszugs nicht kommen lassen. "Jeder Zugteilnehmer muss schriftlich bestätigen, nur Waren zu verteilen, die noch mindestens vier Wochen haltbar sind", bestätigte Zugleiter Stefan Feltes. "Außerdem werden wir in Zusammenarbeit mit dem Gewerbeaufsichtsamt immer wieder Stichproben machen."Eine Überprüfung jedes einzelnen Wurfgeschosses ist bei einer geschätzten Teilnehmerzahl von mehr als 1300 Aktiven unmöglich. Feltes appelliert an die Organisatoren der einzelnen Gruppen: "Bitte seht euch die Ware, die ihr werfen wollt, ganz genau an!" Vor einem Jahr flogen Kamellen, die in die Tonne gehört hätten. Den Trierer Rekord hielten ein Päckchen Kekse und ein Stück Eiskonfekt, beides war seit 2001 abgelaufen. Für gewaltigen Ärger sorgten auch kleine Fläschchen mit "Jelly-Softdrinks". Diese konnten schließlich zu ihrer Quelle zurückverfolgt werden (der TV berichtete). Daraus wurde ein Lehrstück unter dem Motto "gut gemeint, aber nicht geprüft", das deutlich machte, wie schnell abgelaufene Ware in der Narrenschar landen kann.Die Spur der kleinen Flaschen führte nach Fellerich, einen Ortsteil von Tawern. Dort sitzt eine Firma, die Süßwaren von Produzenten aus Europa, den USA und Asien vertreibt. Deren Inhaber schilderte die Situation: "Viele Gruppen wollen sehr günstige Ware zum Werfen, am besten gleich ganz umsonst." Die Paletten mit den "Jelly-Softdrinks" waren seit 2006 abgelaufen. "Wir konnten sie nicht mehr verkaufen, haben den Kunden aber angeboten, sie könnten die Drinks umsonst mitnehmen. Dieser Saft verdirbt doch nicht so schnell."Von diesem Angebot machten offenbar viele Gruppen Gebrauch, die Flaschen tauchten beim großen Umzug in Trier und auch in Zewen, Schweich, Oberemmel und Könen (Verbandsgemeinde Konz) auf. Meinung Erst prüfen, dann werfen Unter der Oberfläche von Frohsinn und Narhalla-Marsch ist Karneval ein knallhartes Geschäft, das den Organisatoren alles abverlangt. Dennoch gibt es absolut keine Rechtfertigung für ein sechs Jahre altes Päckchen Kekse, das am Rosenmontag in die Menge fliegt. Müssen die Behörden jede Umzugsgruppe, jedes Päckchen Süßigkeiten einzeln kontrollieren? Offenbar ist es ein zu hohes Risiko, sich auf die Eigenverantwortung einzelner Beteiligter zu verlassen. So war es zumindest vor einem Jahr. Der Straßenkarneval hat jetzt die Chance, zu beweisen, dass 2007 ein einmaliger Ausrutscher war. Deshalb: erst prüfen, dann werfen. j.pistorius@volksfreund.de

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