Arnold, Tim und ein paar ausgebüxte Pferde: Eine Geschichte vom Rande der Rallye-WM aus dem Sauertal

Ralingen-Olk/Trierweiler · Ausnahmezustand in den Sauertalgemeinden im deutsch-luxemburgischen Grenzgebiet. Die erste Prüfung der ADAC Rallye Deutschland am Freitagmorgen hat aus der ländlichen Idylle ein Eldorado für Motorsportfans gemacht. Zwei Feuerwehrmänner haben den Trubel von außen erlebt.

Arnold, Tim und ein paar ausgebüxte Pferde: Eine Geschichte vom Rande der Rallye-WM aus dem Sauertal
Foto: (h_tl )
Arnold, Tim und ein paar ausgebüxte Pferde: Eine Geschichte vom Rande der Rallye-WM aus dem Sauertal
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Freitagmorgen, 7 Uhr, Bushaltestelle am Tennisplatz in Olk. Arnold Marmann und Tim Wagner haben noch ihre dicke Feuerwehr-Jacke über ihrer Montur angezogen. Trotz Sonnenscheins ist es empfindlich kalt. Die beiden Wehrmänner der Freiwilligen Feuerwehr Ralingen sind schon seit 5.30 Uhr vor Ort. Dort, wo die erste Wertungsprüfung endet. Bis sie ihren Platz verlassen dürfen, wird es 16 bis 16.30 Uhr sein.

"Wir sind verantwortlich dafür, dass niemand gegen die Prüfung auf die Strecke fährt", sagt Marmann. Mit zwölf Mann sind die Ralinger Wehrleute am frühen Freitag unterwegs. Sechs Trupps mit jeweils zwei Mann sind rund um die erste Wertungsprüfung im Einsatz.

Gegen 8.30 Uhr kommt der erste Teilnehmer. Durchfahrtskontrolle. Pflichtstopp für jeden Fahrer. Weltmeister Sébastien Ogier im Volkswagen Polo. Die Wehrleute machen die Probe aufs Exempel bei dem Südfranzosen. Sie öffnen die Fahrertür einen Spalt und fragen, ob er die Orte kennt, durch die er gerade gefahren ist. "Kerscherbach? - Jamais vu!" - "Nein, nie gesehen." Der ebenso verdutzte wie verschwitzte Rallye-Profi ist zumindest ehrlich. Dabei ist er doch erst vor ein paar Minuten durch eben diesen kleinen Flecken im Sauertal gebrettert. Doch ihm ergeht es wie wohl allen anderen Fahrern und auch den Tausenden von Rallye-Fans an diesem Freitag: Das Sauertal und die Umgebung - schmucke Dörfer wie Udelfangen, Kersch, Olk oder Kerscherbach - sind für die Weltelite des Rallye-Sports "Terra incognita" (unbekanntes Land).

Dann, so nach einer halben Stunde, kommt plötzlich die Nachricht: "Die Prüfung ist unterbrochen. Pferde auf der Strecke!" Wie das? Die Erklärung wird schnell geliefert: Der Este Ott Tänak hat mit seinem Ford Fiesta den Zaun einer Koppel touchiert, ein paar Tiere sind ausgebüxt und müssen wieder eingefangen werden. Ob man denn vielleicht herausbekommen könne, welchem Landwirt die Tiere gehören? "Keine Ahnung, aber so viele gibt es ja auch nicht mehr", sagen die Wehrleute. "Landwirtschaft rentiert sich ja kaum noch. Früher hatten wir wenigsten noch Kühe auf der Weide, heute ab und zu noch ein paar Pferde."

Nach einer Viertelstunde geht es weiter. Die Pferde, so wird vermeldet, seien jetzt im Stall. Die Bushaltestelle füllt sich mit Leuten aus dem Ort, die sich das Spektakel nicht entgehen lassen wollen. "Endlich mal was los." Galgenhumor macht sich breit. "Wenn der Nächste jetzt auf dem Pferd kommt statt im Auto, wird er disqualifiziert. Das ist gegen die Regeln."

Die beiden Wehrleute haben Hunger bekommen. Dick belegte Wurstbrote werden ausgepackt. "Bringt man euch wenigstens was Warmes zu essen heute Mittag?" - "Nein", sagt Marmann, heute müssten Brote reichen. Beide haben noch einen langen Tag vor sich. Tim ist Schüler und freut sich über die Abwechslung. Arnold, der sonst lieber Formel 1 im Fernsehen schaut als Rallye-WM vor Ort, nimmt es gelassen. "Immerhin scheint die Sonne." Und in ein paar Stunden ist der Rallye-WM-Tag im Sauertal ohnehin zu Ende. Und die, die dann noch übrig sind, kennen auch Kerscherbach - einen Ortsteil von Ralingen. Wetten, dass?

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