Auch vor laufenden Kameras kein Konsens

Darf in Zeiten einer schwierigen Welternährungslage und knapper werdenden Weizenvorräten wertvolles Ackerland zur Solarenergie-Erzeugung umgenutzt werden? Diese Frage war Gegenstand in der SWR-Livesendung "Reiss & Leute", die am Mittwochabend aus dem Industriepark Region Trier (IRT) in Föhren ausgestrahlt wurde.

Föhren. Der IRT-Zweckverband will eine rund 25 Hektar große Fläche seines Geländes zum Bau einer Photovoltaik-Anlage an die Stadtwerke Trier (SWT) verpachten. Dagegen protestiert der Bekonder Landwirt Gerhard Portz, der dort als derzeitiger Pächter Weizen anbaut. Angesichts einer weltweit steigenden Nachfrage nach Getreide fordert Portz Vorrang für die Nahrungsmittelproduktion. Portz: "Ich habe nichts gegen erneuerbare Energien, aber muss ausgerechnet wertvolles Ackerland dafür verwendet werden, wenn ringsum genügend andere Flächen und Dächer zur Verfügung stehen?" Nachdem am 8. Februar der TV über den kritischen Bauern von Bekond berichtet hatte, griff auch der Südwestrundfunk (SWR) das Thema für seine Sendung "Reiss & Leute" auf. Unter dem provokanten Titel "Kilokalorien statt Kilowatt" bat die SWR-Moderatorin Beatrix Reiss die Befürworter und Gegner der in Föhren geplanten Anlage zur Diskussion. Kritik auch an zu hoher Förderung

Kurz vor 18 Uhr flammten die Scheinwerfer vor der IRT-Verwaltung an der Europa-Allee auf, und pünktlich um 18.15 Uhr wurde die in kühler Luft fröstelnde Runde live der laufenden SWR-3-Abendsendung zugeschaltet. Ein Konsens schien von vornherein ausgeschlossen. Landwirt Portz wiederholte seinen Standpunkt und erhielt Schützenhilfe vom regionalen Naturschutzbund-Vorsitzenden Ernst Christian Walter und dem Vorsitzenden des Kreis-Bauern- und Winzerbandes Walter Clüsserath. Auch sie vertreten die Auffassung "Solarenergie ja - aber nicht zulasten der Nahrungsmittelproduktion". Der Energieexperte Hermann Heinrich von der Technischen Universität Kaiserslautern setzte noch eins drauf und verwarf die seiner Meinung nach überzogene Förderung der Solarenergie zulasten der Verbraucher und zum Nutzen der Hersteller. Die Gegenseite wurde vertreten durch die IRT-Geschäftsführer Lothar Weis und Reinhard Müller, Bürgermeister Berthold Biwer von der Verbandsgemeinde Schweich sowie Rudolf Schoeller von den Stadtwerken Trier. Diese Herren verteidigten wacker ihren Standpunkt und den Solarstandort Föhren. Mehrfach verwiesen sie auf die Tatsache, dass man hier über eine gesetzliche Ausgleichsfläche spreche, die ohnehin nur noch vorübergehend landwirtschaftlich genutzt werden dürfe. Eine auf Ständern errichtete Solaranlage störe die Grünlandentwicklung nicht, bringe dem IRT, der wirtschaftlich handeln müsse, jedoch ein erhebliches Pachtsümmchen ein. Um wie viel höher denn die Solar-Pacht im Gegensatz zur Agrar-Pacht sei, wollte Moderatorin Reiss dann von IRT-Geschäftsführer Weis wissen. Doch der ließ sich nicht packen. Dies bleibe das Geheimnis der Vertragspartner IRT und SWT Trier. Doch auf weiteres Insistieren der Moderatorin räumte Weis wenigstens ein, dass man "ein Mehrfaches als aus der landwirtschaftlichen Pacht" erhalte. Als die 19-Uhr-Marke nahte, waren die Standpunkte der "Blöcke" mehrfach ausgetauscht und die Diskussion begann sich im Kreise zu drehen, während den Akteuren und Zu schauern vor Ort langsam die Kälte den Rücken hochkroch. Fazit der Veranstaltung: Die Solaranlage bei Föhren wird zwar wie geplant entstehen, doch vielleicht hat Bauer Portz mit seinem Vorstoß einen Denkprozess in Gang gesetzt.

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