Auf 30 Hektar in die Zukunft

Schweich/Föhren · Wie gibt man 5,6 Millionen Euro am sinnvollsten auf einer Fläche von 30 Hektar aus? So könnte die Fragestellung für Schweich und Föhren lauten. Denn die Orte sind ins Förderprogramm Ländliche Zentren aufgenommen worden. Das Ziel: Alt-Schweich und das Klosterumfeld von Föhren sollen zukunftsfähig gemacht werden.

Auf 30 Hektar in die Zukunft
Foto: (h_tl )

Schweich/Föhren. "Jetzt sind wir schon im zweiten Jahr im Förderprogramm, und die Bürger haben noch nichts gesehen." Stadtratsmitglied Johannes Heinz (CDU) hörte wohl, was Joachim Albrech vom Institut Taurus-Pro der Uni Trier im Schweicher Stadtrat referierte, doch ihm geht die Umsetzung des Förderprogramms "Ländliche Zentren" zu langsam. Auch Achim Schmitt (SPD) kritisierte: "So langsam müssen wir mal in die Pötte kommen."
In die Pötte kommen, damit ist der nächste Arbeitsschritt gemeint: die Erarbeitung eines städtebaulichen Entwicklungskonzepts unter Einbeziehung der Bürger. In Versammlungen und Workshops soll erfragt werden, was die Menschen wollen, die in den Dorfkernen wohnen.
Wie bereits berichtet, werden die größten Orte der VG Schweich - Schweich und Föhren - bei der Entwicklung ihrer Zentren von Bund und Land finanziell unterstützt. Immerhin leben hier rund 11 000 Einwohner, Tendenz steigend. Sozialökonom Albrech geht jedoch davon aus, dass selbst in diesen Boom-Gemeinden mittelfristig die Bevölkerung stagnieren wird. Damit es aber nicht zu Folgeerscheinungen des demografischen Wandels kommt, der anderenorts schon feststellbar ist, wie Abwanderungen, Arbeitsplatzverlust und Leerstände, soll rechtzeitig gegengesteuert werden.
Und zwar mit dem Programm Ländliche Zentren. Laut Albrech beträgt die Förderquote für die Entwicklung von Alt-Schweich drei Millionen Euro, das sind 70 Prozent der Gesamtkosten. Die Gemeinde Föhren erhält 2,6 Millionen Euro (66 Prozent). In Alt-Schweich ist die Sanierungsfläche 22,64 Hektar groß, in Föhren 7,02 Hektar (Klosterareal bis Brühl). Die Förderperiode beträgt acht bis zehn Jahre.
Seit der Aufnahme ins Förderprogramm im Jahr 2015 erarbeiten Taurus-Pro und Stadt-Land-plus, ein Büro für Städtebau und Umweltplanung aus Boppard, sogenannte Kooperationspotenziale. Untersucht wurde, welche Funktionsbeziehungen die Nachbarorte Schweich und Föhren zueinander haben, aber auch, wie die Auswirkungen auf die restliche VG Schweich sind. Alle 18 Ortsbürgermeister und der Stadtbürgermeister von Schweich, Lars Rieger, haben dazu einen Fragebogen ausgefüllt. Wie nicht anders zu erwarten war, ist dabei herausgekommen, dass die Stadt Schweich in allen Bereichen eine sehr wichtige Versorgungsfunktion für die umliegenden Gemeinden erfüllt. Das gilt insbesondere für die Bereiche Einkaufen, medizinische Versorgung und Bildung. Den vordringlichsten Handlungsbedarf sehen die Bürgermeister in den Bereichen Mobilität/Öffentlicher Personennahverkehr, Tourismus, Ausweisung von Wohnbauflächen, Innenentwicklung (Leerstände) sowie Senioren-, Jugend- und Kinderbetreuung.
Der Stadtrat Schweich stimmte einhellig der von Taurus-Pro erarbeiteten Kooperationsstrategie zu. Dem Gemeinderat von Föhren wird das Papier in der Sitzung am heutigen Dienstag vorgestellt (19.30 Uhr Bürger- und Vereinshaus). Dann geht es auch um den Abriss des ehemaligen Klosters. Hat auch Föhren zugestimmt, wird das Handlungskonzept der Aufsichts- und Dienstleistungsdirektion Trier (ADD) zur Zustimmung vorgelegt.
Die Kritik der Schweicher Stadtratsmitglieder, dass die Umsetzung zu langsam vonstatten gehe und die Bevölkerung noch nicht eingebunden worden sei, bestätigt sich bei einer TV-Umfrage in Alt-Schweich. Er sehe nur ab und zu Leute, die rundgingen, sich Notizen machten und fotografierten, sagt Günter Weich aus der Straße Uhlengarten. Er nimmt an, dass diese Personen etwas mit dem Projekt zu tun haben, über das er noch nicht viel weiß. Für Weich sind die engen Straßen und die vielen Autos das größte Problem in Alt-Schweich: "Es ist schlimm hier mit dem Parken. Ob Mathenstraße, Bergstraße, Hofgarten oder Corneliuspforte - da hat auch die Feuerwehr Probleme durchzukommen."Meinung

Bürger in die erste Reihe!
Den Bewohnern von Schweich und Föhren muss das Förderprogramm Ländliche Zentren derzeit noch vorkommen, wie die Software eines Rechners, die im Hintergrund läuft. Unmerklich, realitätsfern, nicht zu fassen. Obwohl schon viele Monate vergangen sind, weiß niemand so richtig, was mit dem Fördergeld - immerhin mehrere Millionen Euro - passieren soll. Deshalb wird es höchste Zeit, die Bürger aufzuklären und sie zum Mitmachen zu motivieren. Viele statistische Daten zu sammeln und die Ortsbürgermeister Fragebögen ausfüllen zu lassen, ist ja schön und gut. Aber entscheidend für einen Erfolg der Projekte ist es, die Bürger von Schweich und Föhren mit auf die Reise zu nehmen. Denn sie sind es, die am ehesten Impulse geben können, weil sie ihr Viertel kennen und sagen können, was verbesserungswürdig ist oder woran es fehlt. Sinnvoll wäre es gewesen, die Kooperationsstrategie und die Erarbeitung der Entwicklungsziele unter Beteiligung der Anwohner parallel über die Bühne zu bringen. Doch das wäre womöglich förderschädlich gewesen. Bund und Land bezahlen, also muss man auch deren Richtlinien befolgen. Nichtsdestotrotz: Ländliche Zentren sind wichtig und richtig. Wenn die Infrastruktur in den großen Orten Schweich und Föhren in Ordnung ist, dann profitieren auch die Gemeinden im Umland. Nur müssen auch diejenigen, die kein Auto haben oder nicht (mehr) fahren können, in diese Zentren gelangen können. Deshalb wird es eine Kernaufgabe des Projekts sein, den Öffentlichen Personennahverkehr zu verbessern. a.follmann@volksfreund.deExtra

Innerhalb eines Sanierungsgebietes können Einzelmaßnahmen gefördert werden, die den Entwicklungszielen der Kommunen entsprechen. Dazu gehören Entwicklungskonzepte, Untersuchungen, Planungen, Beratungsleistungen, Grunderwerb, Erschließungen sowie Bau-, Modernisierungs- und Instandsetzungsmaßnahmen. Die Fördermittel können auch eingesetzt werden für Investitionen in die Infrastruktur, die dem Erhalt der Daseinsvorsorge dienen. alf

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