Bescheidene "Helden des Alltags"

Sie sind "Helden des Alltags", aber so bescheiden, dass es großer Überzeugungskraft bedurfte, damit sie die Ehrenbürgerschaft der Gemeinde Ralingen überhaupt annehmen: Willi Pallien und Anton Bauer.

Ralingen. Am Mittwochabend werden in Wintersdorf Willi Pallien und Toni Bauer zu den ersten Ehrenbürgern von Ralingen ernannt. Wir stellen die beiden Männer vor, die viel für das Vereinsleben getan haben, befreundet sind - und eigentlich gar nicht geehrt werden wollen.Willi Pallien

"Ich möchte nicht hervorgehoben werden", sagt Willi Pallien (81). Letztendlich konnte er nicht verhindern, dass ihm die Ehrenbürgerschaft zuteil wird, aber in einem Punkt ist man ihm entgegengekommen: Die Feier am Mittwoch um 19 Uhr im Gemeindehaus Wintersdorf wird schlicht ablaufen, ohne Pauken und Trompeten. Dabei haben es gerade Musik und Gesang Willi Pallien zeitlebens angetan. Er ist fast 30 Jahre Vorsitzender des Mandolinenvereins, seit dem achten Lebensjahr gehört der 81-jährige Wintersdorfer dem Kirchenchor an, ist seit 25 Jahren dessen Dirigent. Seine Notenkenntnisse aus der Volksschule baute der Autodidakt so weit aus, dass er Kirchenlieder für vier Stimmen komponierte. Aus seiner Feder stammt unter anderem das "Schutzpatron-Lied" und das "Antonius-Lied" für die Filialkirche Kersch. Durch seinen Vater, der Küster war, hatte Willi Pallien schon früh den "Draht" zur Kirche. Dass er dennoch Schlosser lernte und lange in der Eisenbahnwerkstatt Trier-West arbeitete, will nicht so recht zu dem musikalischen Feingeist passen, der sich mit wachsender Begeisterung Opern-Arien anschaut, seit die Familie ihm zu Weihnachten einen DVD-Player geschenkt hat. Auch kommunalpolitisch war Pallien aktiv, trug als Ratsmitglied (seit 1960) und als Ortsvorsteher (1974-94) entscheidenden Anteil an der positiven Entwicklung von Wintersdorf und der Fusion zur Großgemeinde. Dass bald der Radweg eingeweiht wird, freut ihn besonders: "Ich dachte schon, das erlebe ich nicht mehr." Toni Bauer

Als Mittelfeld-Regisseur zog Toni Bauer beim Fußball die Fäden, und auch danach, als Ehrenamtler, ist er Mittelpunkt und treue Seele des Sportvereins geblieben - nach dem Krieg beim FSV Ralingen und später bei der SG Sauertal. Der Sportbegeisterte ließ sich auch von einem Schicksalsschlag nicht kleinkriegen, der ihn 1934 ereilte. Nach einer Gelenk-Entzündung, die lebensbedrohlich zu werden drohte, mussten ihm die Ärzte im Alter von zehn Jahren den rechten Arm amputieren. Toni Bauer kickte trotzdem, und wie: Erst mit 55 (!) machte er sein letztes Spiel bei den "Alten Herren". Mit seiner Behinderung konnte Bauer nicht wie geplant den elterlichen Bauernhof übernehmen, machte eine kaufmännische Lehre und arbeitete in der Ordnungsabteilung des Landratsamts. Seine positive Lebenseinstellung ("Der Wille zählt") habe er Behinderten in einem Heim bei Münster abgeschaut, in dem er seine Ausbildung absolvierte. "Die waren schlimmer dran als ich und haben es hingekriegt", sagt Bauer. Beim FSV und bei der SG hatte er viele Funktionen inne, daneben war er Ortsbürgermeister (1966-70) und zwei Perioden für die CDU im Verbandsgemeinderat Trier-Land. Regelmäßig spaziert der Bundesverdienstkreuz-Träger zum neuen Kunstrasenplatz der SG in Godendorf, der sein ganzer Stolz ist. Mal guckt er beim Training zu und schaut im Sportlerheim nach dem rechten, mal verkauft er Bier während eines Heimspiels oder feuert mit seinem Ehrenbürger-Kollegen in spe, Willi Pallien, dessen Enkel beim Jugendspiel an. Keine Frage: Am Mittwochabend würden die beiden lieber an der Linie stehen als die Ehrenbürger-Urkunde entgegennehmen…

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