Botschafterin für die Kultur

TRIER. Sie selbst hielt sich stets im Hintergrund, doch ihre Arbeit strahlte weit über regionale Grenzen hinaus. Gertrud Emmrich hat über zwanzig Jahre hauptamtlich die Außenstelle der Kreisvolkshochschule Trier-Saarburg in Schweich geleitet und eine kulturelle Institution geschaffen. Nun geht sie in Ruhestand und übergibt ihr Amt an Sabine Bintz.

Mit 65 Jahren hieß es für Gertrud Emmrich Abschied nehmen von einem Beruf, der Berufung, und einer Arbeit, die mehr als bloße Tätigkeit war. Mit dem Anspruch "Populäres gibt es genug, es soll etwas Besonderes sein" machte die Industriekauffrau und spätere Sekretärin von Josef Peter Mertes die Volkshochschule (VHS) Schweich zu einer besonderen Instanz. Gegründet wurde sie 1985 in der damaligen Schule für geistig Behinderte. Hochkarätiges Angebot - neues Bildungskonzept

Emmrich schuf nicht nur ein breit gefächertes, von anderen Volkshochschulen übernommenes Bildungskonzept aus Kursen, Seminaren, Exkursionen und Studienreisen, sondern auch ein hochkarätiges Kulturangebot, das vollen Einsatz forderte: "Kulturarbeit in der Peripherie eines Oberzentrums ist ausgesprochen schwierig." Doch trotz des spezifischen Randlagenproblems fanden ihre Veranstaltungen begeisterte Anhänger, auch über die Grenzen Schweichs hinaus. Vor allem, nachdem mit der Wiedereröffnung der Synagoge 1989 ein neuer Konzertsaal mit besonderem Ambiente zur Verfügung stand. "Bereits 1990", so steht es im Kreisjahrbuch 1991, "veranstaltete die VHS dort eine Konzertreihe, die über die Grenzen der Stadt und VG Beachtung fand". Diesen Erfolg setzten bis heute viele, überwiegend Kammerkonzerte mit illustren Gästen fort, darunter Opernstar Franz Grundheber. Es kamen Künstler der Villa Musica oder Virtuosen wie der Wiener Geiger Christian Altenburger. "Von Anfang an, im Bekonder Schloss, habe ich mit professionellen Künstlern zusammen gearbeitet. Viel Zuspruch hatten auch Auftritte von Hobbymusikern unter dem Motto ,Bürger musizieren für Bürger'", erzählt Gertrud Emmrich. Unter den anfangs aus der Region rekrutierten Künstlern war auch der Trierer Germanistik-Professor und ausgebildete Tenor Hans Peter Althaus. Ihm habe sie bis heute Unterstützung ihrer Arbeit und die Bekanntschaft mit dem renommierten Musikwissenschaftler Siegfried Mauser zu verdanken, der ebenfalls maßgeblich am Aufbau des Angebotes mitgewirkt habe. Dieses umfasste außer Musik Vorträge, international besetzte Symposien, Märchen- und Chansonabende, Schauspiel- und Rezitationsabende mit Barbara Ullmann oder Kunstausstellungen wie die von Peter Rübsam. "Jede Veranstaltung war eine Stufe im thematischen Zusammenhang eines ganzjährigen Gesamtprojekts." Besondere Beachtung fanden die keltischen Tage oder die dem Erbe der Synagoge verpflichteten "jüdischen Tage". "Mein Ziel war es, Schwellenangst zu nehmen und Zugang zu ungewöhnlichen Inhalten zu schaffen", sagt Gertrud Emmrich. Sie verfolgte es mit Weiterbildung und dem Engagement, "alles selbst zu entwickeln". Großen Raum nahm dabei die Gestaltung geschmackvoller und informativer Programme, Faltblätter, Einladungen und Plakate ein, die inzwischen einen dicken Ordner füllen. Anerkennung gab es von Stadt und VG in Form finanzieller Unterstützung der Kulturarbeit, die Gertrud Emmrich ehrenamtlich weiterführt. Auch wurde sie als Wohltäterin der Stadt Dudelange ausgezeichnet, weil sie Konzerte dorthin vermittelt hatte. Ihr schönster Lohn aber seien all die wunderbaren Begegnungen mit Menschen gewesen: "Das hat mich reich beschert."Das Porträt über die neue VHS-Leiterin Sabine Bintz erscheint in der morgigen Ausgabe.

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