Brücke ins selbstbestimmte Leben

Ihr neues Angebot einer Wohngruppe für Menschen mit autistischer Behinderung hat das Jugendhilfezentrum Don Bosco auf dem Helenenberg mit einer Fachtagung eröffnet. In deren Rahmen beleuchtete die Züricher Kinder- und Jugendpsychiaterin Maria Asperger Felder die Besonderheiten des nach ihrem Vater und Erforscher des Autismus benannten Asperger-Syndroms.

 Dr. Maria Asperger Felder. TV-Foto: Anke Emmerling

Dr. Maria Asperger Felder. TV-Foto: Anke Emmerling

Helenenberg. (ae) Der Name der neuen Wohngruppe auf dem Helenenberg, "Ponticello" ("Brücken bauen"), könnte passender nicht sein. Denn dort soll kommunikationsgestörten jungen Menschen zum Übergang in ein selbstbestimmtes Leben und zu sozialer Integration verholfen werden. Nach der Einrichtung einer Gruppe für sexuell auffällige Jugendliche betritt das Jugendhilfezentrum mit diesem Angebot für Menschen mit autistischer Behinderung ein weiteres neues Feld, in dem akuter Handlungsbedarf besteht. "Das Interesse daran ist so groß wie die Not betroffener Jugendlicher und ihrer Familien, wenn der Übergang vom betreuten Schulalltag in den Beruf bewältigt werden muss", sagt Simone Hang, die Bereichsleiterin der Gruppe. Warum dieser Übergang für Menschen mit Asperger-Syndrom so schwierig ist, erläuterte Maria Asperger Felder, Züricher Kinder- und Jugendpsychiaterin. Sie ist die Tochter des Wiener Kinderarztes und Heilpädagogen Professor Hans Asperger, der in den 1940er-Jahren als erster ein Muster im Verhalten von Kindern erkannte, die er wegen ihrer Kommunikationsstörungen "autistische Psychopathen" nannte. "Er beobachtete völlig selbstzufriedene Kleinkinder, die nur mit sich selbst spielten und in keiner Weise in der Lage waren, auf Angebote von außen einzugehen", beschreibt Maria Asperger Felder. Selbstständigkeit fördern

Diese eigenbrötlerische Selbstbezogenheit ohne Fähigkeit zum sozialen Miteinander sei das Hauptmerkmal des später nach ihrem Vater benannten Syndroms, das nach neuen Erkenntnissen genetisch bedingt sei. Aufgrund spezifischer Gehirnfunktionen hätten daran Erkrankte hohe Potenziale im Bereich des Sachlichen und Logischen. Doch den oft hoch begabten und kreativen Menschen fehle die Fähigkeit zur Imitation und zum Transfer. Sprache werde wortwörtlich genommen, Kommunikation daher erschwert. Außer über ihre wenigen, dafür meist stark ausgeprägten Spezialinteressen teilten sich die Betroffenen selbst kaum mit. Bewältigung des Alltags sei für sie ohne Hilfe fast unmöglich, zumal sie sich an Bekanntes und feste Strukturen klammerten: "Veränderung ist für diese Menschen Stress, deshalb bringen sie oft enorme Energie zur Verweigerung auf und sei es nur, einen Pullover in anderer Farbe anzuziehen." Ein Versuch der Inte gration ins Berufsleben müsse bei den Sonderinteressen als Leitmotivation beginnen, denn: "Selbst Gewähltes gelingt oft mit beachtlichen Leistungen." Simone Hang und ihre Kollegen wollen so die Selbstständigkeit ihrer Schützlinge fördern: "Das geht mit Trainingsmaßnahmen und psychologischer Betreuung, vieles muss dabei visualisiert werden." Die Leiterin der Einrichtung, Sieglinde Schmitz, ist sicher: "Wir sind dafür fachlich und organisatorisch gut aufgestellt."Wer Interesse am JHZ-Angebot hat, kann sich bei Simone Hang, Telefon 06506/899178, melden. Das Referat von Maria Asperger Felder kann bald auf der Homepage des JHZ Don Bosco nachgelesen werden.

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