Brückenplaner beißen in Schweich auf Granit: Klare Absage an „Vorzugsvariante“ nahe der Autobahn

Schweich · Mit seiner Vorzugsvariante 3 als Standort einer neuen Moselbrücke (siehe Grafik) konnte der Landesbetrieb Mobilität im Schweicher Stadtrat nicht landen. Der Rat plädiert geschlossen für einen Neubau am jetzigen Standort.

Die Bewertung war aufgezogen wie bei Stiftung Warentest: Der Landesbetrieb Mobilität (LBM) bündelte die Ergebnisse von vier untersuchten Brückenbau-Standorten in einer Tabelle. Zugrunde gelegt wurden sechs Kriterien, am Ende rangierte die vom LBM als "Vorzugsvariante" auserkorene Nummer 3 - ein Neubau etwa 250 Meter weiter flussabwärts bei Kirsch - mit Abstand vorne: vier Pluspunkte. Zweitbeste Lösung aus LBM-Sicht ist ein Neubau zwischen bestehender Brücke und Autobahnbrücke (null Punkte). Abgeschlagen mit minus eins beziehungsweise minus zwei Punkten rangieren die Planvarianten 1 und 4. Siestehen für einen Neubau an der gleichen Stelle wie heute sowie unmittelbar daneben. Was der LBM hinten platziert - das wurde am Montagabend in der Stadtratssitzung schnell klar -, ist für die Ratsfraktionen elementar: Die Brücke müsse als Zufahrtsachse in die Stadt am alten Standort bleiben, so der übereinstimmende Tenor.

Der LBM, angereist mit der Behördenspitze und drei Planern, warb eindringlich für einen Brückenneubau neben der Autobahnbrücke. Mit dieser Lösung erreiche man die beste Qualität für Autofahrer, Radfahrer und Fußgänger, sagte LBM-Chefin Edeltrud Bayer. Außerdem gewährleiste man damit die Erreichbarkeit Schweichs während der Bauzeit, indem die alte Brücke weiter genutzt werden könne. Zudem sei diese Lösung wirtschaftlich vertretbar. Nach heutigem Stand koste die Brücke 15 Millionen Euro. Wenn im Verfahren alles gut laufe, könne der Bau im Jahr 2020 beginnen, so Bayer.

Umsatzeinbußen befürchtet

Stadtbürgermeister Lars Rieger befürchtet, dass viele Autofahrer später vom neuen Kreisel über die Mathenstraße in die Stadt fahren anstatt wie jetzt über die Brückenstraße. In seiner Einschätzung, dass dies "spürbare Umsatzeinbußen" für die Geschäftswelt bedeutet, wird Rieger vom Vorsitzenden des Gewerbeverbands, Michael Heinz, bestätigt: "Das ist ein großer Umweg. Die Brücke muss da bleiben wo sie ist, sie ist doch eine Visitenkarte für Schweich." Ähnlich argumentiert der Rat. "Es fehlt die Berücksichtigung der Schweicher Belange", sagt Johannes Heinz (CDU). Johannes Lehnert (FWG) betont, der LBM mache es sich zu einfach, wenn er sich auf eine Variante festlege. Achim Schmitt (SPD) erwartet, dass "der LBM für die Menschen da ist". Ein Neubau an gleicher Stelle müsse technisch machbar sein.
"Auch für viel Geld gibt es keine eierlegende Wollmilchsau", sagt Edeltrud Bayer. Sie bittet darum, die Planung "erst einmal auf sich wirken zu lassen". Der Frage von Hans-Dieter Natus (SPD), ob der Stadtrat noch eine Wahl habe oder die Entscheidung schon gefallen sei, wich die LBM-Leiterin aus. "Wir müssen nach dem Landesstraßengesetz handeln, also auch wirtschaftlich. Wir nehmen ihre Anregungen mit und bleiben transparent." Nach der Vorstellung im Gemeinderat Longuich am 2. November will der LBM die Präsentation auf seiner Internetseite veröffentlichen.
Meinung

Dass der LBM Prügel bezieht, war zu erwarten. Der Rat und viele Bürger glauben, dass sie vor vollendete Tatsachen gestellt werden und keine Wahl haben. Nur: Hätte der LBM vorher die Öffentlichkeit gefragt und dann das Für und Wider abgewogen, wäre das Ergebnis vermutlich das gleiche, jedoch der Aufschrei noch größer. Die Schweicher haben schlichtweg Angst, "ihre" Brücke und damit ein Stück Identität zu verlieren. Fakt ist: Die jetzige Brücke ist für Schifffahrt und Straßenverkehr nicht länger tragbar. Und ein Neubau an gleicher Stelle würde die Stadt Schweich über Jahre abkoppeln. Das würden viele Geschäfte nicht überleben.
Variante 3 ist besser als ihr Ruf. Sie nutzt dem Verkehr und dem Tourismus - und auf Dauer auch der Stadt Schweich.
a.follmann@volksfreund.de

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