Das Land der stummen Piepser

Funkstörungen blockieren die Alarmwege der Feuerwehr Welschbillig. Ein leicht zu behebendes Sicherheitsrisiko, sagen Feuerwehrleute; ein Problem, das sich erst mit der Einführung des Digitalfunks lösen lässt, sagt die Kreisverwaltung.

 Über solche Piepser werden Feuerwehrleute per Funk alarmiert. TV-Foto: Albert Follmann

Über solche Piepser werden Feuerwehrleute per Funk alarmiert. TV-Foto: Albert Follmann

Welschbillig. Seit Jahren haben die Feuerwehren im Raum Welschbillig/Zemmer mit Funklöchern zu kämpfen. Die Funkempfänger der Wehrleute, auch Piepser genannt, sprechen bei Alarmierungen durch die Leitstelle nicht an. Im schlimmsten Fall könnte das Menschenleben kosten, befürchten Feuerwehrleute. Die haben zwar auf eigene Faust eine Alarmierung durch das Versenden von SMS über einen Internet-Anbieter aufgebaut, aber auch diese von der VG Trier-Land finanzierte Maßnahme bietet keine 100-prozentige Erfolgsgarantie: "Nachts geht der Alarm in fünf Sekunden raus, aber wenn tagsüber die Netze stark belastet sind, kann es schon mal zwei Stunden dauern, bis er ankommt", sagt Marc Conrad, Zugführer bei der Feuerwehr Welschbillig.

Technische Änderungen bringen keinen Erfolg

Der Kreis hat als Problem das "Gleichwellenfading" ausgemacht (Signale von verschiedenen Relais-Stationen überlagern sich und schwächen Alarmsequenzen) und ist ihm auch zu Leibe gerückt. Aber alle Versuche, das Manko dauerhaft zu beheben, etwa durch eine Erhöhung der Sendeleistung an allen Relais-Standorten und Änderungen an der Antennentechnik am Sender Fusenich, schlugen fehl. Auch eine Änderung der Alarmierungs-Reihenfolge - neuerdings werden zuerst die Sequenzen für die Einheiten abgeschickt, dann folgen erst der Wehrleiter und die Feuerwehr-Einsatzzentrale (FEZ) - brachte nicht den gewünschten Erfolg. Dem stumm gebliebenen Piepser des ranghöchsten Feuerwehrmanns im Kreis, so berichten Wehrleute, sei es zu verdanken, dass jetzt "bei jedem Kleinkram" die Sirene in Welschbillig heult. In einem Selbstversuch habe sich Kreisfeuerwehrinspekteur (KFI) Ortwin Neuschwander in Welschbillig vergeblich von der Leitstelle anpiepsen lassen und daraufhin den Sirenenalarm angeordnet. Normalerweise werden nur kleine Wehren per Sirene alarmiert, für eine Schwerpunktwehr wie Welschbillig mit vielen Einsätzen heißt das jedoch: Selbst bei einem umgefallenen Baum werden die Welschbilliger Bürger mit lautem Geheul aufgeschreckt - Tag und Nacht.

"Das ist eine schlechte Lösung. Da reißt die Sirene in der Nacht womöglich das ganze Dorf aus dem Bett und die eigene Gemeinde ist gar nicht betroffen, sondern der Nachbarort", klagt Trier-Lands Bürgermeister Wolfgang Reiland. Er macht Dampf beim Kreis, damit das Funkproblem endlich behoben wird, doch was er in einem Schreiben von Landrat Günther Schartz über den "derzeitigen Sachstand" zu hören bekommt, klingt nicht gerade ermutigend. Die Einführung des digitalen Sprech- und Datenfunks werde eine endgültige Lösung dieser Probleme mit sich bringen, meint Schartz und hofft, dass "in den entsprechenden Landesgremien die Entscheidung für eine Alarmierungstechnik getroffen wird " Das kann freilich dauern. Experten rechnen damit, dass der Bund nicht vor 2013 über den neuen Digitalfunk verfügt. Darüber hinaus ist dieser ein reiner Sprechfunk; für den Aufbau eines parallelen Alarmierungsnetzes für die Feuerwehr müssten zusätzliche Mittel bereitgestellt werden.

Vorschlag: Tausch der Relais-Stationen

Selbst nach Einführung des Digitalfunks könnten Funklöcher nicht ausgeschlossen werden, sagt KFI Neuschwander. Der Vorteil sei aber, dass neben einer neuzeitlichen Technologie europaweit ein einheitliches Funknetz für Polizei, Feuerwehr und Rettungsdienste eingeführt werde.

Für Zugführer Conrad und seine Kollegen in Welschbillig ist das ein schwacher Trost. Sie wollen nicht riskieren, zu spät auszurücken. Im Beisein des KFI und Mitarbeitern der Kreisverwaltung habe er vorgeschlagen, die Relaisstation-Standorte Fusenich und Windmühle zu tauschen, was aber auf taube Ohren gestoßen sei. Die über 500 Meter hoch gelegene Windmühlen-Antenne sei wesentlich besser geeignet als der Fusenicher Mast und habe beim Rettungsdienst seine Tauglichkeit unter Beweis gestellt, sagt Conrad. Das unterstreicht auch die Speicherer Fachfirma Müller, die im Auftrag des Kreises am Sender Fusenich Messungen vorgenommen hat. Der Mast in Windmühle würde Trier-Land viel bringen, meint Michael Müller, doch könnte er andernorts Probleme verursachen: "Störfeldverschiebungen im Sauertal oder anderswo wären wahrscheinlich die Folge." Für Müller ist das Funkproblem nur nachhaltig zu lösen, indem alle Sender neu austariert und abgeglichen werden.

Meinung

Unhaltbarer Zustand

Man stelle sich vor, die Feuerwehr rückt aufgrund technischer Probleme zu spät aus und es stirbt ein Mensch, der sonst hätte gerettet werden können - eine Horrorvorstellung. Deshalb müssen die Alarmierungs-Probleme im Raum Welschbillig behoben werden, sofort und ohne Rücksicht auf die Kosten. Auf der B 51 fahren tagtäglich mehr als 20 000 Fahrzeuge an diesem Ort vorbei - alleine das ist schon ein großes Gefahren- und Einsatzpotenzial. Bis zur Einführung des Digitalfunks zu warten, wäre unverantwortlich und für die Wehrleute, die sich ehrenamtlich engagieren, ein Schlag vor den Kopf. a.follmann@volksfreund.de

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