Dorfläden in Pfalzel und Föhren vor dem Aus

Föhren/Trier · Hiobsbotschaft für die Beschäftigten der Dorfläden in Föhren und Pfalzel. Sie werden bald arbeitslos. Die Umsätze seien zu gering, man müsse schließen, sagt die Suchthilfe Neuwied der Arbeiterwohlfahrt (Awo). Sie betreibt die Lebensmittelgeschäfte.

 Ende Februar ist Schluss: Verkäuferin Edeltraud Kemmer beim Einräumen der Regale im Föhrener Dorfladen. TV-Foto: Albert Follmann

Ende Februar ist Schluss: Verkäuferin Edeltraud Kemmer beim Einräumen der Regale im Föhrener Dorfladen. TV-Foto: Albert Follmann

Föhren/Trier. Die gemeinnützige Gesellschaft Awo-Suchthilfe Neuwied möchte Menschen mit Beeinträchtigungen in den Arbeitsmarkt eingliedern. Deshalb betreibt sie seit mehreren Jahren sogenannte Dorf- oder Stadtteilläden. Dort arbeiten Suchtkranke und körperlich Beeinträchtigte gemeinsam mit anderen Angestellten. Im Wettbewerb mit anderen Märkten sollen die Menschen einer sinnvollen Beschäftigung nachgehen. Die Awo betont auf ihrer Internetseite ausdrücklich, dass Integrationsbetriebe eine Langzeitaufgabe seien. Die Tätigkeit beschränke sich nicht auf die Dauer eines Förderprogramms.
Soweit die reine Lehre. Fakt ist aber, dass bereits im Dezember 2013 das Lebensmittelgeschäft am Moselstadion in Trier geschlossen wurde. Demnächst folgen auch die Läden in Trier-Pfalzel und Föhren. Für Freitagnachmittag hatten Awo-Verantwortliche zu einer Betriebsversammlung ins Geschäft nach Föhren geladen und der versammelten Mannschaft die Hiobsbotschaft verkündet.
Danach schließt der Stadtteilladen in Pfalzel am 1. Dezember dieses Jahres; bereits ab 1. November soll nur noch von 8.30 bis 13 Uhr geöffnet sein. Das Lädchen Am Reischelbach in Föhren mit dem angeschlossenen Second-Hand-Laden soll Ende Februar 2015 dichtmachen.
Die Schließungen betreffen etwa zehn Angestellte, darunter Aushilfskräfte, die im Soziotherapeutischen Wohnheim Alte Gerberei der Awo in Bitburg leben. Spekulationen über das drohende Aus gebe es schon länger, sagt eine behinderte Angestellte, die namentlich nicht genannt werden möchte. Definitiv erfahren hat sie es nicht vom Arbeitgeber, sondern durch Post aus dem Integrationsamt. "In der Mitteilung stand, dass mein Kündigungstermin im November sei, und dass ich den beigefügten Fragebogen ausfüllen soll."
Die Schließungen bedeuteten nicht nur für die Beschäftigten einen herben Verlust, sagt Edeltraud Kemmer, sondern auch für Kunden. Vor allem nicht mobile ältere und gehbehinderte Personen seien auf die wohnortnahen Einkaufsmöglichkeiten angewiesen. "Wir sind wie eine große Familie", sagt Kemmer, die von Anfang an, seit August 2010, im Föhrener Markt mitarbeitet. Die Aushilfskräfte seien sehr engagiert und bekämen durch Tätigkeiten wie Waren ausliefern, putzen und Werbeblättchen im Ort verteilen Struktur in ihr Leben. Insbesondere der Lieferservice, der bis nach Trier reiche, werde von den Kunden geschätzt. Aber auch die Möglichkeit, im Lädchen andere zu treffen und einen Plausch zu halten.
Laut Michael Bungarten, seit Februar 2014 Geschäftsführer der Awo Suchthilfe Neuwied, werden die Läden in Pfalzel und Föhren aus wirtschaftlichen Gründen geschlossen. Die Nachfrage sei zu gering. Auslaufende Förderprogramme hätten keine Rolle gespielt, auch nicht, dass in Pfalzel im November ein Netto-Markt öffnet. Vielmehr sei man seit Bestehen mit den Läden nicht aus den roten Zahlen herausgekommen. Bungarten: "Wir bedauern es außerordentlich, diesen Schritt gehen zu müssen. Wir sind ambitioniert gestartet, haben aber die angestrebte schwarze Null leider nie erreicht."Meinung

Trendsetter mit Verfallsdatum
Es ist immer wieder das Gleiche: Gestartet wird mit viel Euphorie und Schulterklopfen, und dann kommt nach einigen Jahren die harte Bauchlandung. Ob es die vom Bürgerservice betriebenen Geschäfte in Trier, Igel und Sirzenich waren, oder jetzt die Märkte der Awo-Suchthilfe in Föhren und Pfalzel: Es heißt immer, die Umsätze seien zu gering, die Läden hätten gegen die Discounter auf der grünen Wiese keine Chance. Ist dem wirklich so? Die Dorfläden müssten doch eigentlich voll im Trend liegen. Immer mehr Menschen sind auf eine wohnortnahe Versorgung angewiesen - und zahlen dafür auch gerne etwas mehr. Außerdem haben die Integrationsbetriebe durch staatliche Förderung keine so hohen Personalkosten wie die Konkurrenz. Die Idee ist und bleibt gut, vielleicht fehlt nur das richtige Konzept. a.follmann@volksfreund.de

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