"Es war wie der Weltuntergang"

Die Nacht zum Samstag, 26. Mai, werden die Bewohner des Ralinger Ortsteils Wintersdorf nicht mehr vergessen: Bei einem 20 Minuten dauernden Gewittersturm mit Orkanböen prasselten Hagelkörner in der Größe von Hühnereiern auf den kleinen Ort am deutsch-luxemburgischen Grenzfluss Sauer herab. Der Sachschaden ist gewaltig - doch wie durch ein Wunder wurde kein Mensch verletzt.

Ralingen-Wintersdorf. Am frühen Freitagabend nähert sich von Westen eine gewaltige Gewitterfront. Das langsam näher rückende schwarze Wolkengebirge, in dem unablässig Blitze zucken, lässt Schlimmes befürchten. Die meisten Orte, über die es hinweg zieht, kommen jedoch mit leichten Schäden und einigen vollgelaufenen Kellern davon. Wintersdorf aber wird ab 23.25 Uhr von der vollen Wucht der Naturgewalten in Form von hühnerei-großen Hagelkörnern getroffen. Die Bewohner berichten später von einem "Krachen und Knallen, als würde mit Steinen gegen Fensterläden und Dächer geworfen". Eisklumpen wie Geschosse

Zwar heult in das Inferno hinein die Feuersirene, doch auch die örtliche Wehr muss zunächst abwarten. Würde jemand während des rund 20 Minuten dauernden Hagelsturms in Wintersdorf ins Freie gehen, drohten ihm erhebliche Verletzungen durch die mit Wucht einschlagenden Eisklumpen. Überhaupt ist es ein Wunder, dass sämtliche Wintersdorfer den Abend unverletzt überstanden haben. Nach dem Unwetter wird im Ort erste Bilanz gezogen. Etwa 80 Prozent aller Gebäude sind beschädigt, wobei der Grad der Zerstörung von gering bis schwer reicht. Hinzu kommen rund 20 demolierte Autos und völlig verwüstete Zier- und Gemüsegärten. Angesichts der Zerstörung kann die Feuerwehr die Bevölkerung nur zur Selbsthilfe auffordern. Die Bewohner werden außerdem gebeten, alle verfügbaren Abdeck- und Siloplanen zum Feuerwehrhaus zu bringen, um Dachfenster und Dächer notdürftig abdichten zu können. "Wie waren bis 2 Uhr draußen, dann sind wir um 8 Uhr wieder raus", sagt Michael Kiefer, Mitglied der Freiwilligen Feuerwehr. Auch das Haus seiner Eltern am Kirchweg wurde schwer getroffen. Das ganze Ausmaß wird am nächsten Tag deutlich: Kaum ein Gebäude ist völlig unversehrt. Überall Bewohner, die Trümmer und angeschwemmte Pflanzenreste zusammenkehren. Das Blech einiger Autos wirkt wie mit dem Hammer bearbeitet. Die Scheiben sind geborsten. "Zum Glück ist mein Auto schon alt, der Schaden am Haus ist weitaus schlimmer", sagt Helmut Schneider in der Straße "Im Sauertal". Bei nicht wenigen Häusern wurde das gesamte Dach beschädigt, zahlreiche Dachfenster sind gesplittert, Dachrinnen durchlöchert wie ein Schweizer Käse, Löcher auch in Roll-Läden und in Kunststoffvordächern. Solche Schäden an ihren Anwesen präsentieren auch Matthias Liesch an der Ringstraße oder Elisabeth Barthelmi ein paar Häuser weiter. "Ich bin in Wintersdorf geboren und aufgewachsen, so etwas hat es hier noch nie gegeben", sagt die 81-Jährige fassungslos. Hart hat es auch die Kirche oberhalb des Dorfes getroffen. Wie überall im Ort versuchen hier Dachdecker, zunächst die gröbsten Schäden zu beheben. Kaum ein Dachschiefer ist unbeschädigt, die Bleiverglasung der Fester ist durchlöchert, der Kirchenraum von Splittern übersät. Der 14-jährige Thomas Weiß wohnt im Haus nebenan. Das Dach ist dort komplett zerstört. Thomas fürchtet wie viele im Ort schon die kommende Nacht, denn es sind neue Unwetter gemeldet. Doch als am Samstagabend eine neue Gewitterfront anrückt, werden Wintersdorf und seine Nachbarorte weitgehend verschont.

Meistgelesen
Neueste Artikel
Zum Thema
Aus dem Ressort