Gandalf, Moseltweed und alte Rebsorten: Wie der ländliche Raum mit EU-Mitteln gefördert wird

Schweich/Mehring/Waldrach · Die Entwicklung des ländlichen Raums ist der Europäischen Union (EU) viele Milliarden Euro wert. Nicht nur nach Südeuropa, auch in unsere Breiten fließt Geld aus dem Brüsseler Fördertopf. Geeignete Projekte werden von Lokalen Aktionsgruppen (LAG) ausgesucht, unter anderem von der LAG Mosel. Die Ansätze sind dabei ganz unterschiedlich.

 Hans-Josef Adams, Pauline Adams und Christa Kühner-Adams (von links) wollen dieses alte Haus im Mehringer Ortsteil Lörsch zu einem Gästehaus mit Weinlounge umbauen. Dafür gibt es finanzielle Unterstützung von der Europäischen Union.TV-Foto: Albert Follmann

Hans-Josef Adams, Pauline Adams und Christa Kühner-Adams (von links) wollen dieses alte Haus im Mehringer Ortsteil Lörsch zu einem Gästehaus mit Weinlounge umbauen. Dafür gibt es finanzielle Unterstützung von der Europäischen Union.TV-Foto: Albert Follmann

Foto: (h_tl )

Da sage noch einer, die europäische Subventionspolitik sei spröde und langweilig. Schaut man sich die Projekte der Lokalen Aktionsgruppen genauer an, die für die neue Förderperiode bis zum Jahr 2020 angemeldet sind, gibt es teilweise sehr unkonventionelle Ansätze.

Da ist beispielsweise ein Verein in Mannebach (Verbandsgemeinde Saarburg), der Touren mit den Packeseln "Gandalf" und "Bilbo" anbietet. Aufgenommen in ihre Förderliste hat dieses Projekt die LAG Moselfranken. Im Hochwald bei Hermeskeil soll eine Waldlehrwerkstatt entstehen, in der Schüler Wissenswertes über Natur und Umwelt lernen können. Federführend ist hier die LAG Erbeskopf.

Von der LAG Mosel (siehe Extra) als förderwürdig eingestuft wurde die Aktion "Moseltweed". Als Moseltweed sollen Wolltextilien bezeichnet werden, die von der Mosel kommen - genauer gesagt von Schafen, die dort weiden. Die Idee stammt von einer Frau aus Moselkern (Kreis Cochem-Zell). Die ganze Produktionskette der Schafswolle, von der Gewinnung über die Weiterverarbeitung in Spinnereien und Webereien, soll an der Mosel erfolgen.Sanierungstipps am Wegrand

Hatzenport an der Untermosel (Kreis Mayen-Koblenz) geht einen neuen Weg bei der Vermeidung von leerstehenden Wohnhäusern im Ortskern, der Vorbildcharakter für die ganze Moselregion bekommen könnte: Entlang der Leerstände soll eine Art Wanderweg ausgeschildert werden, berichtet Helmut Ulmen, Geschäftsführer der LAG Mosel. Auf Schildern soll der "Wanderer" die Geschichte des jeweiligen Hauses erfahren, aber auch über Möglichkeiten informiert werden, wie das Objekt saniert werden könnte. Ulmen: "Die Leute sollen darauf gestoßen werden, was man aus den alten Häusern alles machen kann und welche Fördermöglichkeiten es gibt. Vielleicht findet sich ja dadurch ein Käufer."
In Lörsch, einem Ortsteil von Mehring, soll ein privates Projekt mit EU-Mitteln unterstützt werden. Es geht um den Umbau eines alten Gebäudes zu einem Gästehaus mit Weinlounge und das Anlegen eines Weinbergs mit der alten Rebsorte "Gelber Kleinberger". Diese galt bis 2007 als ausgestorben.

Investor ist das Ehepaar Kühner-Adams aus Mehring. Winzer Hans-Josef Adams möchte das Trierer Quereinhaus seiner Urgroßeltern (Baujahr um 1900) möglichst originalgetreu wieder herstellen. Es steht am Ortseingang von Lörsch aus Richtung Schweich, ist mit rotem Schiefer aus einem Steinbruch des Nachbarorts Longen erbaut und war einst Bürgermeistersitz, Poststelle und Raiffeisenwarenlager.

"Wir möchten Altes mit Neuem verbinden", sagt Christa Kühner-Adams. Die denkmalgerechte Gebäudesanierung mit Wiederanlegung eines Hausweinbergs korrespondiert mit moderner Heizungstechnik und einem rechteckigen, mit viel Glas versehenen Weinverkostungsraum mit schönem Moselweitblick. Die Symbiose von Alt und Neu hat auch die Mitglieder der LAG Mosel überzeugt. Sie beriefen das Projekt auf der Grundlage eines vorgegebenen Bewertungsschemas neben zehn anderen in die erste Fördermarge. Den nächsten Aufruf zur Meldung von Vorhaben gibt es laut der LAG-Vorsitzenden, Bürgermeisterin Christiane Horsch (VG Schweich), im Oktober 2016. "Es geht nicht darum, die hundertste Vinothek zu fördern", sagt Horsch, "wir wollen auch verrückte und innovative Ideen zum Zuge kommen lassen."

Etwa 2,5 Millionen Euro kann die LAG Mosel bis zum Jahr 2020 für Projekte zur "nachhaltigen Regionalentwicklung" freigeben. Zählt man öffentliche Mittel von Land und Kommunen hinzu, die als Co-Finanzierung eingebracht werden, sind es rund drei Millionen Euro. Voraussetzung ist aber stets, dass die Aufsichts- und Dienstleistungsdirektion (ADD) den Förderantrag genehmigt.Zum dritten Mal Förderregion

Die LAG Mosel erstreckt sich entlang des Moseltals von der Verbandsgemeinde Schweich bis vor Koblenz. Sie ist zum dritten Mal als Förderregion im Rahmen des Leader-Programms (siehe Hintergrund) anerkannt worden. In der neuen Förderperiode zählt sie 27 Mitglieder. Vertreten sind beispielsweise Kommunen, Weinbau- und Tourismusverbände, Jugendorganisationen und Privatpersonen. Die Förderquote liegt zwischen 30 und 90 Prozent.
Das Leitbild der neuen Förderperiode heißt "WeinKulturLand Mosel - Genuss-Vielfalt-Qualität". Ein großes Projekt der zurückliegenden Periode von 2007 bis 2013 (siehe Hintergrund) war die Einrichtung des Informationszentrums am Besucherbergwerk Fell.
Extra

 Das Anlegen von Wanderwegen an der Mosel, sogenannten Seitensprüngen, wird mit EU-Fördermitteln unterstützt. Foto: Touristinformation Römische Weinstraße

Das Anlegen von Wanderwegen an der Mosel, sogenannten Seitensprüngen, wird mit EU-Fördermitteln unterstützt. Foto: Touristinformation Römische Weinstraße

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Hinter der Abkürzung Leader verbirgt sich die Bezeichnung "Liaison entre actions de dé veloppement de l'économie rurale" (Verbindung von Aktionen zur Entwicklung der Ländlichen Wirtschaft). Leader ist ein EU-Förderprogramm, das die Entwicklung und Stärkung des ländlichen Raumes verfolgt. Europaweit waren in der vergangenen Förderperiode über 2300 Leader-Regionen tätig, in Deutschland waren es 244 und in Rheinland-Pfalz zwölf. Das Budget betrug zwischen 2007 und 2013 rund 14 Milliarden Euro. Frühere Leader-Förderprojekte im Trierer Land: Verbandsgemeinde Schweich: Alter Bahnhof Trittenheim (Vinothek für Radtouristen), Extratour Zitronenkrämerkreuz Bekond/Ensch, Infozentrum Besucherbergwerk Fell, Seitensprünge Longuicher Sauerbrunnen und Klüsserather Sagenweg, Alt trifft Jung (generationsübergreifende Gemeindearbeit Bekond), Begegnungsstätte mit Aussichtspunkt Thörnicher Ritsch. Verbandsgemeinde Ruwer: Vinothek im Ruwertal, Rastplatz mit Wassertretbecken. LAG-übergreifend (Auswahl): Mosel-Erlebnis-Route, Wasser-Wander-Route, Straße der Römer, Dachmarke Mosel, Terroir-Moselle, Marketing Moselsteig, Imageaktion Ausbildung Handwerk. Gesteuert wird die Auswahl der Projekte über mehrere Lokale Aktionsgruppen (LAG). LAG Mosel: Dazu gehören im Kreis Trier-Saarburg die Moselorte der Verbandsgemeinde Schweich (alle außer Föhren und Naurath) sowie die Orte des unteren Ruwertals (Kasel, Mertesdorf, Morscheid, Riveris und Waldrach). Ferner moselnahe Gemeinden der Kreise Bernkastel-Wittlich, Cochem-Zell und Mayen-Koblenz. LAG Moselfranken: Umfasst die Verbandsgemeinden Trier-Land, Saarburg und Konz. LAG Erbeskopf: Dazu gehören die Verbandsgemeinden Hermeskeil, Kell am See, Thalfang, die Gemeinde Morbach und die Höhengemeinden der VG Ruwer. Ferner die Stadt Idar-Oberstein, die VG Baumholder, Birkenfeld und Herrstein und Gornhausen in der VG Bernkastel-Kues. alf

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