"Ganz unter uns wollen wir hier nicht sein"

Der geplante Ausbau der Seniorenresidenz "Niederweiler Hof" ist umstritten. Für die einen ist der Ortskern schon jetzt mit Lärm und Verkehr überfrachtet, andere sagen: Ein Seniorenheim soll kein Getto sein und gehört ins Zentrum.

Trierweiler. Marianne Reinert, Bewohnerin der Seniorenresidenz "Niederweiler Hof", gehört zu denjenigen, die unsere Berichterstattung und die Leserbriefe im TV über den geplanten Anbau eines Demenzzentrums im Park des Altenheims aufmerksam verfolgt haben. Dass es Anwohner gibt, die diese Einrichtung eher an anderer Stelle oder in der Peripherie von Trierweiler sehen würden, kann sie nicht nachvollziehen: "Es ist doch schön, dass es bei uns noch so lebendig zugeht. Warum wollen uns denn einige am liebsten in die Wüste schicken?"Apollonia Wollscheid, die Vorsitzende des Heimbeirats, pflichtet ihrer Stellvertreterin bei: "Ganz unter uns wollen wir hier nicht sein." Die Damen sind froh um jede Abwechslung, und die gibt es in der Seniorenresidenz reichlich (siehe "Extra I"). Bei der räumlichen und inhaltlichen Konzeption des Neubaus vor zwölf Jahren flossen moderne wissenschaftliche Erkenntnisse ein. "Der alte Mensch gehört in die Gemeinschaft. Das ist ein Ersatz für die alte Großfamilie", sagt Lothar Geigenmüller, Trierer Allgemeinmediziner und Mitinhaber der Seniorenresidenz. Man habe bewusst die Bank, den Friseur, den Bäcker und die Post in das Gebäude geholt, damit die Bewohner Kontakt nach außen bekommen. Es gibt kaum jemanden aus Trierweiler und Umgebung, der noch nicht im Altenheim an Feiern oder Sitzungen teilgenommen hat: Ob es Mitgliedertreffen der Vereine sind, Hochzeiten, Geburtstage oder Kommunionfeiern: im "Niederweiler Hof" pulsiert das Leben - und die Alten nehmen Anteil. Nicht wenige sitzen stundenlang im Eingangsbereich, grüßen die Besucher und lassen vorwitzig die Äuglein rund gehen. "Jeder soll nach seiner Façon leben, wir geben den Alten ein Wertgefühl", meint Dr. Geigenmüller. Auch den 30 bis 40 Demenzkranken, die später einmal in dem Neubau im Park untergebracht werden sollen, will man möglichst viele Freiheiten lassen: Einzelzimmer ja, aber nur zum Schlafen, ansonsten spielt sich alles in Gemeinschaftsräumen ab. Und um dem Bewegungsdrang der Demenzkranken Rechnung zu tragen, sollen sie in einem "Rundlauf" um das Gebäude geführt werden, mit Hecken als optischer Begrenzung, aber ohne Zäune und Tore. Zehn bis 15 Bewohner soll eine Gruppe idealerweise haben, aber ob das mit den Pflegesätzen realistisch umgesetzt werden könne, sei eine andere Frage, so Seniorenresidenz-Geschäftsführer Reinhard Schuh. Eine Entschärfung der Parksituation in der Schulstraße versprechen sich Geigenmüller und Schuh von der geplanten Parkplatzerweiterung und dem Einbahnstraßenverkehr (siehe Extra "Bebauungsplan").Viele Anwohner, insbesondere der Schulstraße, bezweifeln das. Sie sind in ein ruhiges Wohngebiet gezogen, inzwischen haben sie wesentlich mehr Verkehr und - demnächst - ein noch größeres Altenheim und ein neues Baugebiet ("In der Acht") mit 70 Baustellen vor der Nase. "Da wird massiv was auf uns zukommen", glaubt Ortsbürgermeister Matthias Daleiden an eine Flut von Bedenken und Anregungen beim Bebauungsplanverfahren. Dass das Demenzzentrum noch kippen könnte, hält er für unwahrscheinlich: "Im Gemeinderat gibt es nur zwei Gegner." EXTRA I Angebote: In der Seniorenresidenz "Niederweiler Hof" (zuzeit 177 Bewohnerinnen und Bewohner) gibt es täglich ein "Aktivierungsprogramm" in jedem Wohnbereich. Jeden dritten Sonntag im Monat findet ein musikalischer Nachmittag statt (mit Angehörigen); an jedem letzten Donnerstag im Monat ist "Geburtstagskaffee", an jedem ersten Dienstag im Monat ein Seniorennachmittag der Gemeinde. Weitere Angebote unter anderem: täglich Mittagstisch, dienstags Sprechstunde der Gemeindereferentin, alle 14 Tage katholischer Gottesdienst, monatlich evangelischer Gottesdienst; dienstags "Senior"-Krabbelgruppe, donnerstags "Junior"-Krabbelgruppe; Blutspendetermine des Roten Kreuzes. (alf)EXTRA II Bebauungsplan Demenzzentrum: Im Oktober letzten Jahres hat der Gemeinderat Trierweiler die Aufstellung des Bebauungsplans "Demenzzentrum" beschlossen. Danach soll auf dem Parkgelände der Seniorenresidenz "Niederweiler Hof" ein zweigeschossiger Winkelbau für 30 bis 40 Patienten entstehen. Es sollen rund zehn Millionen Euro investiert werden; man geht von 55 neuen Arbeitsplätzen aus. Der Parkplatz soll auf 60 Plätze erweitert werden; die Zufahrt soll in Einbahnstraßenform über eine Straße laufen, die jetzt noch ein Wirtschaftsweg ist und in die Schulstraße mündet. Laut Planer Hans-Peter Stolz werden die Anwohner in der Schulstraße von dem neuen Gebäude optisch nicht beeinträchtigt; sie sehen nur eine "grüne Wand" vom Parkplatz-Bewuchs. Der Anbau soll versorgungstechnisch dem Altenheim angegliedert werden, aber eine eigenständige Einrichtung sein. (alf)

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