Hat Ulrich Holkenbrink ausgespielt?

In vier Wochen wollte Schuldezernent Ulrich Holkenbrink (CDU) das lang erwartete Schulentwicklungskonzept vorlegen. Doch jetzt will seine eigene Partei die Debatte auf der Zielgeraden abbrechen.

Trier. "Die Geschäftsgrundlage, unter der wir mit der Erarbeitung des Schulentwicklungskonzeptes begonnen haben, ist jedenfalls jetzt entfallen." Mit diesen Worten begründet Fraktions-Chef Berti Adams den völlig überraschenden Vorstoß der CDU, die Debatte um das Entwicklungskonzept abzubrechen und "die weitere Vorgehensweise grundlegend neu zu überdenken". Adams greift die Landesregierung an: "Es kann nicht sein, dass vom Land ständig neue, unausgereifte Überlegungen über die Gestaltung des Schulkonzeptes ins Gespräch gebracht werden und wir vor Ort unter diesen Umständen ein Schulentwicklungskonzept erstellen sollen."

Der "runde Tisch" startete im Januar 2006

Der Vorgang, den die CDU abbrechen will, begann mit einem Stadtratsbeschluss im Januar 2006. Seitdem arbeitet ein "runder Tisch" mit Repräsentanten der Verwaltung, der Ratsfraktionen, der Schulen, Kammern und Eltern intensiv an einem Schulentwicklungskonzept 2020+. Dessen Inhalt ist nichts weniger als die Zukunft der aus 42 Bildungsstätten bestehenden Trierer Schullandschaft. Am 31. März wollte Holkenbrink das Ergebnis präsentieren. Sollte sich die CDU mit ihrem Antrag, die Debatte völlig neu aufzurollen, im Stadtrat durchsetzen, dann steht nicht nur diese Präsentation auf der Kippe, sondern die gesamte Arbeit der letzten beiden Jahre.

Der "runde Tisch" hatte auch überaus unangenehme und unpopuläre Aufgaben. Das Gremium musste sich mit Zusammenlegungen und Schließungen befassen. Auch hier zieht die CDU die Notbremse und distanziert sich deutlich. "Die Grundschule vor Ort ist für unsere Fraktion ein unverzichtbarer Bestandteil des Schulentwicklungskonzeptes", betont Berti Adams. "Rückläufige Schülerzahlen müssen kleinere Klassen mit einem verbesserten pädagogischen Konzept zur Folge haben. Schulschließungen dürften nicht die Konsequenz sein."

Ulrich Holkenbrink fällt eine direkte Reaktion auf den radikalen Schritt seiner CDU sehr schwer. Wut? Empörung? Innerlich vielleicht. Im TV-Gespräch bleibt der Schuldezernent so ruhig wie immer. "Ich habe den Auftrag vom Stadtrat, ein Schulentwicklungskonzept zu entwickeln. Eine Mitteilung der CDU hebt diesen Auftrag nicht auf." Und wenn aus der Absicht ein Antrag wird? "Dann müssen wir gemeinsam sehen, wie wir mit der Situation umgehen." Eine typisch Holkenbrink'sche Antwort.

Die SPD tobt. "Der angekündigte Antrag auf Abbruch der seit 2006 geleisteten Arbeit kurz vor Toresschluss ist nicht nur ein Armutszeugnis für die CDU, sondern auch eine eklatante Missachtung der Arbeit der Beteiligten am runden Tisch", wettert Fraktions-Chef Friedel Jaeger. "Der Schuldezernent hat bisher konstant versäumt, die kommunale Schulentwicklung vor Ort voranzutreiben." Die Erarbeitung des Konzepts müsse wie geplant zu Ende geführt werden.

Das Schulentwicklungskonzept dürfe kein Schulschließungskonzept werden, betont Gerd Dahm (Bündnis 90/Die Grünen). Aber: "Wir können nicht jetzt die Arbeit von vielen Sitzungen leichtfertig zerstören, nur weil es Festlegungen von einzelnen Fraktionen in Teilfragen gibt. Das ist fahrlässig und zerstört die Motivation der Beteiligten."

Meinung

Demontage und Bauernopfer

Die Christdemokraten treten den strategischen Rückzug an. Es muss Fraktion und Partei klar sein, dass sie einen Eklat provozieren. Das nimmt die CDU offenbar in Kauf - ebenso wie die endgültige Demontage ihres ohnehin angeschlagenen Schul- und Kulturdezernenten. Seit zwei Jahren wird das Schulentwicklungskonzept als zentrales Instrument des zukünftigen Trierer Bildungsangebots verkauft. Wenn dieses Konzept jetzt von Ulrich Holkenbrinks eigener Partei gekippt wird und der Schuldezernent vor dem Nichts steht, bleibt ihm definitiv nur noch der Rücktritt. Es ist außerdem nicht schwer, das Verhalten der CDU zu durchschauen. Offenbar steht in der präsentationsreifen Fassung des Konzepts klar drin, ob und welche Schulen geschlossen werden können oder sollen. Damit will man im Hinblick auf die Kommunalwahl 2009 wohl nichts zu tun haben - und beantragt deshalb lieber, alles neu anzugehen. Der "runde Tisch" wird zum Bauernopfer im Kampf um die Gunst der Wähler. j.pistorius@volksfreund.de

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