Heimkehr einer "großen Klappe"

DETZEM. Als "Sanierungsfall" galt nach über 40 Betriebsjahren ein Wehrtor am Schleusen- und Staustufensystem Detzem. Im April war der Stahlkoloss herausgehoben und per Schiff zu einer Aschaffenburger Spezialfirma transportiert worden. Nach rund fünf Monaten "Kuraufenthalt" in Bayern befindet sich die Sperre wieder an ihrem alten Platz in der Mosel.

Der auf einem niederländischen Frachtmotorschiff heimgekehrte "Kurgast" fällt durch seine sperrigen Maße auf: Er wiegt etwa 140 Tonnen, ist 40 Meter breit und neun Meter hoch. Wegen ihres Profils, das von der Seite einem geometrischen Kreisausschnitt gleicht, werden diese Wehrelemente in der Fachsprache als "Sektoren" bezeichnet. Sie sorgen für den gleichmäßigen Wasserstand und den geregelten Durchlauf zwischen den einzelnen Schleusen. So reguliert Detzem den Wasserstand im Abschnitt bis zur Schleuse Trier. Bei Hochwasser "tauchen" sie ab

Bei normalem Pegel sind die beweglichen Tore voll aufgerichtet, um die optimale Fahrwassertiefe zu gewährleisten. Bei Hochwasser werden sie abgesenkt, um den Durchfluss zu erhöhen. Das geschieht variabel je nach Pegelstand - bis hin zur vollen Öffnung des Wehrs. Bewegt werden die "Sektoren" übrigens nicht durch Motorkraft, sondern durch ein ausgetüfteltes Flutungssystem. Diese Anpassungsfähigkeit ist auch der Grund, weshalb die Arbeiten nur in der garantiert hochwasserfreien Sommerzeit möglich sind. Die starre Spundwand, die in "Vertretung" für das Tor die Mosel staute, wäre einem Hochwasser nicht gewachsen. Aber warum war bei dem Exemplar von Detzem eine Rundumsanierung fällig? Dazu Diplomingenieur Ralph Nettekoven, örtlicher WSA-Abteilungsleiter Bau und Unterhaltung: "Das Wehrteil ist bei der Grundüberholung von den alten Farbschichten befreit und zunächst auf Rostbefall untersucht worden. Betroffene Stellen und Komponenten wurden erneuert. Schließlich folgte eine vierlagige Neubeschichtung und Konservierung, wobei mit neuesten, umweltverträglichen Materialien gearbeitet wurde." Die Gesamtkosten für die Sanierungsaktion beziffert Nettekoven auf 1,2 Millionen Euro. Der Wieder-Einbau des Riesen auf der Mosel bei Detzem zog sich über mehrere Stunden hin. Als er am Vorabend mit dem Schiff eintraf, hatte er schon eine 50-stündige Reise von Aschaffenburg hinter sich. In der alten Heimat wurde er von einem Großaufgebot des Wasser- und Schifffahrtsamtes (WSA) und beauftragten Unternehmen empfangen. Den Hauptpart übernahm der Schwerlast-Schwimmkran "Grizzly" einer Duisburger Firma. Außerdem im Einsatz waren das WSA-Arbeitsschiff und die WSA-Arbeits- und Kranplattform "Bisam". Über 140 Tonnen an "Grizzlys" Haken

Zunächst hob "Grizzly" das Tor in Millimeterarbeit aus dem Frachtschiff, das anschließend seiner nächsten Ladung in Richtung Saarbrücken entgegentuckerte. Wie ein Segel schwebte der Stahlriese am Haken, während sich das Kranschiff an Trossen langsam selbst auf die Wehranlage zog. Dort war für die WSA-Mitarbeiter oberhalb und unterhalb der insgesamt rund 15 Meter tiefen Wehranlage aus Stahlbeton Millimeterarbeit mit "schwebender" 140-Tonnen-Last angesagt. WSA-Ingenieur Norbert Bier erläuterte: "Beim Absenken müssen wir viel vorsichtiger vorgehen als im April beim Ausbau. Schließlich sollen die neuen Farb- und Konservierungsschichten nicht zerkratzt werden." Seit Anfang dieser Woche ist das Detzemer Wehr wieder voll funktionstüchtig - auch für den Fall eines massiven Hochwassers. Allerdings werden in den nächsten Jahren auch die anderen beiden Tore - alias Sektoren - "in Kur" müssen.

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