"Hemmschwelle vor Jugendamt"

Wie niedrigschwellig muss der Zugang zu Beratungsangeboten für sexuelle Misshandler sein? Um diese und andere Fragen drehte sich die Diskussion auf einer Fachtagung im Jugendhilfezentrum (JHZ) Don Bosco Helenenberg.

 Wie können sich die Fachkräfte besser vernetzen, um Opfern und Tätern sexueller Gewalt zu helfen? Das diskutierten die Teilnehmer einer Fachtagung auf dem Helenenberg. TV-Foto: Gabriela Böhm

Wie können sich die Fachkräfte besser vernetzen, um Opfern und Tätern sexueller Gewalt zu helfen? Das diskutierten die Teilnehmer einer Fachtagung auf dem Helenenberg. TV-Foto: Gabriela Böhm

Helenenberg. Anlass der Fachtagung war das zehnjährige Bestehen des Pinardi-Hauses im Jugendhilfezentrum. Dabei handelt es sich um eine pädagogisch und therapeutisch betreute Wohnform für jugendliche sexuelle Misshandler auf dem Helenenberg. Nachdem das Pinardi-Haus 1998 eingerichtet wurde, habe man sich vor Nachfragen kaum retten können, berichtete der Bereichsleiter Wolfgang Friesen. Kernpunkt der Diskussion war die Frage der möglichen Vernetzung mit verschiedenen Einrichtungen, die mit Opfern sexueller Gewalt arbeiten. Einig waren sich die Teilnehmer, dass bei Missbrauchsfällen schnelle Hilfe geboten sei - besonders, wenn sie in der Familie stattgefunden haben. Die Hemmschwelle, das, was nicht hätte geschehen sollen, auszusprechen und Hilfe in Anspruch zu nehmen, sei hoch. Daher müsse ein Beratungsangebot möglichst niedrigschwellig sein. Tätern und ihren Familien sollte der Gang zum Jugendamt erspart und ihnen unmittelbar die Möglichkeit eröffnet werden, sich in einer Beratungsstelle helfen zu lassen - ohne den Umweg über das Jugendamt zu nehmen. Das allerdings ist nur über eine Pauschal-Finanzierung möglich. Durch den direkten Gang zur Beratungsstelle versprachen sich die Vertreter eine größere Offenheit von Eltern und Betroffenen. Zudem soll dadurch eine bessere Vernetzung der Hilfsangebote erreicht werden. Dass dieses Modell bereits klappt, demonstrierte Harald Conrad, Beratungsstelle Neue Wege Saar. Die saarländischen Jugendämter würden schneller auf Beratungsangebote zurückgreifen. Der kurze Weg trage zudem Früchte, da "in der aktuellen Situation die jugendlichen Täter viel zugänglicher sind, weil sie die Konsequenzen sehen." Auch Thomas Herrmann, Pinardi-Haus, bescheinigte eine "Riesenhemmschwelle" vor dem Jugendamt. Hans Schmitt, Leiter des Kreisjugendamts, wehrte sich gegen die "Kritik an der öffentlichen Jugendhilfe" und sprach von einer "angeborenen Angst vor dem Jugendamt". Gleichwohl signalisierte er Gesprächsbereitschaft und outete sich als Verfechter der Pauschal-Honorierung. Die Teilnehmer verständigten sich am Schluss der von Dieter Lintz, Leitender Redakteur beim TV, moderierten Diskussion darauf, im Dialog zu bleiben.

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