Humor und Musik statt Mord und Totschlag

Einen in mehrfacher Hinsicht besonderen Abend erlebten rund 250 Zuschauer bei einer Lesung mit Jacques Berndorf in der ICV-Halle Schweich-Issel. Denn Deutschlands auflagenstärkster Krimiautor ließ Mord und Totschlag beiseite, setzte stattdessen auf Humor und einen famosen Begleiter: Bluespianist Christian Willisohn sorgte mit seiner Musik für stimmungsvolles Flair.

 Nach der Lesung in Schweich-Issel lassen sich zahlreiche Zuschauer Jacques Berndorfs neues Buch signieren. TV-Foto: Anke Emmerling

Nach der Lesung in Schweich-Issel lassen sich zahlreiche Zuschauer Jacques Berndorfs neues Buch signieren. TV-Foto: Anke Emmerling

Schweich-Issel. (ae) Schweichs berühmtem Sohn Stefan Andres und seinem Metier, der Literatur, ist eine Veranstaltungsreihe der Stefan-Andres-Gesellschaft mit regelmäßigen Lesungen gewidmet. In Kooperation mit der VHS Schweich und Förderer Manfred Diederich wurde Jacques Berndorf eingeladen, der Begründer des Eifelkrimi-Genres. Das Publikumsinteresse war so groß, dass die Lesung vom ursprünglichen Veranstaltungsort Synagoge in die ICV-Halle Issel verlegt werden musste. Über 250 Zuschauer kamen zu "Blood and Blues", überwiegend mit der Erwartung, Auszüge aus Berndorfs neuem Krimi "Mond über der Eifel" zu hören.

Doch Berndorf hatte anderes vorbereitet, eine abgeschlossene Geschichte, die die eingangs von Wolfgang Keil, Vorsitzender der Andres-Gesellschaft, zitierte Andres-Äußerung widerlegte: "Beim Verbrecher fängt der Mensch für den Krimiautor erst an interessant zu werden." Im Schein zweier Kerzen, die Pfeife als sein Markenzeichen stets zur Hand, erzählte Berndorf von Otto Krause, einem vom Leben nicht gerade verwöhnten Maurer aus Köln, der Arbeitslosigkeit und Armut mit aberwitzigen, meist illegalen Aktionen trotzt, als tragischer Held Schiffbruch erleidet, sich seiner großen Liebe Christine und Sohn Kevin zuliebe wieder aufrappelt, schließlich durch Intelligenz den großen Coup landet und zurück in die Legalität findet. Das hatte dank der Skurrilität (Otto rettet sich aus Existenznot, indem er Parkteiche leer fischt) und jeder Menge trockenem bis schwarzem Humor hohen Unterhaltungswert. Blut floss nur einmal (bei Kevins Geburt), und an die Eifelkrimis erinnerte hauptsächlich die schnoddrige Fäkalsprache der Protagonisten.

Die Gesamtinszenierung jedoch schlug einen Bogen zur Krimireihe, deren erster Band "Eifel-Blues" heißt und deren Hauptfigur Siggi Baumeister Jazz- und Bluesfan ist. Berndorf wurde vom Bluespianisten Christian Willisohn begleitet, der eigens Stücke komponiert hatte, die textlich ("Come on little fish" zu Ottos Fischerkarriere) und musikalisch mit viel Gespür Themen und Atmosphäre der Geschichte aufgriffen. Willisohn, auf einem Klavierhocker in Form eines schwarzen Schafs sitzend, stahl Berndorf fast die Schau. Er begeisterte mit mitreißend und meisterhaft interpretiertem Blues, Boogie und Ragtime sowie mit einer Gänsehaut-Reibeisenstimme, die an die Louis Armstrongs erinnerte.

Entsprechend genial die Idee Berndorfs und Willisohns, als Zugabe eine Text- und Musik-Hommage an diesen Künstler zu präsentieren. Berndorf stellte, wieder gewürzt mit einer großen Prise Ironie und mit Parallelen zu seiner Otto-Krause-Figur, das Milieu der "Niedrigsten" als Lebensmittelpunkt und -schule Armstrongs heraus. Willisohn zauberte musikalisch das Flair New Orleans in den Saal und schloss als i-Tüpfelchen mit "What a wonderful world".

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