"Ich gehe keinen Zentimeter weiter" - Betrieb will Stadt nicht mehr Straßen- und Parkraum für neues Bahnhofumfeld abgeben

Schweich · Die Mehrheit des Schweicher Stadtrats möchte neu über die Umfeldgestaltung am Bahnhof verhandeln. Der Betrieb Gesellchen soll der Stadt mehr Straßen- und Parkraum abgeben. Doch Firmenchef Peter Gesellchen will nicht über die zugesagten 1400 Quadratmeter hinausgehen.

Schweich. Seit mehreren Jahren verhandelt die Stadt Schweich mit dem Tiefbau- und Abbruchbetrieb Gesellchen. Es geht um ein Grundstücksgeschäft am Bahnhof. Im vergangenen Jahr wurde ein Ergebnis erzielt. Dieses sah vor, dass das Firmengelände von Gesellchen durch eine Umwidmung vom Gewerbe- zum Mischgebiet aufgewertet wird; unter anderem soll dadurch eine Wohnnutzung erlaubt sein. Im Gegenzug bekommt die Stadt von der Firma einen zehn Meter breiten Streifen (etwa 1400 Quadratmeter) übertragen, der es ermöglicht, dass der Bahnhof aus Richtung Ortsentlastungsstraße angefahren werden kann. Der Ringverkehr soll als Einbahnstraße zum Endpunkt Bahnhofstraße geführt werden.
In der April-Sitzung sollte der Schweicher Stadtrat der Vereinbarung zustimmen und den Bebauungsplan Gewerbegebiet am Bahnhof auf den Weg bringen. Davon ging zumindest der damalige Stadtbürgermeister Otmar Rößler fest aus, auch unter dem Aspekt, dass die Bahn demnächst den Bahnhof ausbauen möchte (siehe Extra). Doch es kam anders: Die Ratsmehrheit von CDU und SPD sorgte dafür, dass der Punkt abgesetzt wurde (der TV berichtete). Man wolle den Vertrag mit Gesellchen sehen, bevor man zustimme, lautete die Begründung. Für Rößler, der mit der Bahnhofsgestaltung schnell vorankommen wollte, war dieses Ausbremsen ein Mitgrund für seinen Rücktritt gewesen.
Nun, in der jüngsten Stadtratssitzung, wollte Rößlers Parteifreund, der FWG-Fraktionsvorsitzende Johannes Lehnert, Klarheit: "Zählt jetzt, was wir schon mal beschlossen haben, oder wird das Fass wieder neu aufgemacht?" Lehnert möchte einen Grundsatzbeschluss: das Planverfahren soll auf der Basis bisheriger Beschlüsse weitergeführt werden. Die Durchfahrtsmöglichkeit am Bahnhof sei elementar für Schweich, sie werte den Bahnhof auf. Achim Schmitt (SPD) spricht sich für Nachverhandlungen mit Gesellchen aus. Ziel müsse es sein, mehr Fläche für Parkplätze zu bekommen. Auch soll die Zufahrt für Bahnnutzer nicht nur im Einbahnstraßenbetrieb möglich sein, sondern in beide Richtungen. Schmitt: "Es ist ein Geben und Nehmen, wir müssen in den Verhandlungen das Optimum für unsere Bürger rausholen." Auch Hans-Georg Becker (CDU) will einen "attraktiven Bahnhof" mit Begegnungsverkehr im Zufahrtsbereich. Eine Einbahnspur sei für Gelenkbusse zu eng. Das Gewerbegebiet an dieser Stelle hält Becker für "nicht zukunftsfähig" in der Nähe eines Personenbahnhofs.
Den Antrag von Johannes Lehnert, das Bebauungsplanverfahren auf der jetzigen Grundlage fortzuführen, lehnte der Rat mehrheitlich ab. Es gab neun Jastimmen, elf Neinstimmen und eine Enthaltung. Nun sollen neue Verhandlungen mit Peter Gesellchen geführt werden. Anita Kruppert (CDU), die als frühere Beigeordnete an mehreren Gesprächen mit dem Unternehmer teilgenommen hatte, glaubt nicht an weitere Zugeständnisse: "Wenn wir mehr fordern, wird die Mühle zugemacht." Der TV fragte den Unternehmer, der noch in der vergangenen Periode dem Stadtrat angehörte (für die FWG), ob er sich nochmal an den Verhandlungstisch setzt. "Ich gehe keinen Zentimeter weiter", sagt Peter Gesellchen. "Die Busse sollen rundfahren können, dafür gebe ich der Stadt 1400 Quadratmeter ab. Kommt es zum Begegnungsverkehr, wird es vor meiner Haustür ja noch lauter." Er habe auch für den Bau der Ortsentlastungsstraße Land abgegeben, sagt Gesellchen. Auf den versprochenen Ausgleich der Stadt warte er heute noch.Meinung

Der Zug ist abgefahren
Mit der Brechstange wollen CDU und SPD jetzt mehr Fläche am Schweicher Bahnhof. Aber dieser Zug ist längst abgefahren. Und daran sind die Stadtväter nicht ganz unschuldig. Hätten sie so viel Weitsicht bewiesen und ihr Vorkaufsrecht in Anspruch genommen, als die Bahn das Grundstück verkaufte, könnten sie heute den Bahnhof so entwickeln, wie sie das wollen. Jetzt soll wieder mit dem damaligen Käufer Peter Gesellchen gesprochen werden. Dieser mag ja ein hartnäckiger Verhandlungspartner sein, aber ihm liegt auch die Entwicklung der Stadt am Herzen. Sonst gäbe er nicht 1400 Quadratmeter für den Bau einer Erschließungsstraße zum Bahnhof ab. Ihm jetzt quasi vorzurechnen, er müsse doch mehr geben, weil er ja als Folge der Umwidmung zum Mischgebiet Millionen Euro durch den Bau von Wohnungen verdienen könnte, ist hypothetisch und unredlich. Eine Buszufahrt wäre bereits ein Riesenfortschritt. Aufgabe der Stadt muss es sein, in zumutbarer Entfernung weitere Parkplätze zu schaffen. a.follmann@volksfreund.deExtra

Bahnhofsausbau: Seit Mitte Mai läuft der Ausbau des Schweicher Bahnhofs. Die beiden Bahnsteige werden erneuert, zunächst ist der Mittelbahnsteig an der Reihe (bis Frühjahr 2016), danach der vordere Bahnsteig am Bahnhofsgebäude. Neu gemacht werden nach Auskunft einer Bahnsprecherin auch die Treppen zu den Bahnsteigen mitsamt der Unterführung und die Beleuchtung. Ein barrierefreier Ausbau mit Fahrstuhl, wie ihn sich die Stadt Schweich gewünscht hatte, erfolgt nicht. alf

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