"Ich hoffe, dass ich nie ein Bürokrat werde"

TRIER-LAND. 2003 wurde er gewählt, 2011 endet seine Amtszeit. Damit ist in diesem Jahr Halbzeit für Wolfgang Reiland als Bürgermeister der Verbandsgemeinde Trier-Land. Im Interview mit dem TV zieht der Verwaltungschef Bilanz und nennt wichtige Ziele für die Zukunft.

 Wolfgang Reiland, hier mit einer Nordic-Walking-Gruppe in der Fidei, ist bei der Hälfte seiner achtjährigen Bürgermeister-Amtszeit in der Verbandsgemeinde Trier-Land angekommen. TV-Foto: Archiv/Anke Emmerling

Wolfgang Reiland, hier mit einer Nordic-Walking-Gruppe in der Fidei, ist bei der Hälfte seiner achtjährigen Bürgermeister-Amtszeit in der Verbandsgemeinde Trier-Land angekommen. TV-Foto: Archiv/Anke Emmerling

Herr Reiland, vier Jahre sind seit ihrer Wahl zum Bürgermeister vergangen. Damals sagten sie, Bürgermeister sei man 24 Stunden am Tag, und sie erwarteten, dass die Anforderungen an sie und das Amt sehr hoch seien. Hat sich diese Annahme bestätigt?Reiland: Ja, voll und ganz. Aber auch wenn mein Terminkalender randvoll ist und meine Tätigkeit als Verwaltungschef, die vielen Sitzungstermine, aber auch die Termine in den Ortsgemeinden, oftmals nur schwer alle unter einen Hut zu bekommen sind, so macht mir doch mein Amt sehr viel Spaß. Ich habe den Entschluss, mich hierfür zur Wahl zu stellen, nie bereut. Besonders eine ständige Präsenz in unseren Dörfern und das persönliche Gespräch mit den Menschen sind mir wichtig, da ich dabei erfahre, was ihnen wirklich am Herzen liegt. Sie waren vorher Werkleiter. Wie ist es, wenn ein Techniker zum "Bürokraten" wird?Reiland: Wie Sie sicher wissen, habe ich ja neben meinem Ingenieurstudium auch noch ein betriebswirtschaftliches Studium abgeschlossen. Diese Kombination in Verbindung mit meiner langjährigen Berufserfahrung in der Verwaltung und in der freien Wirtschaft kommt mir unzweifelhaft bei meiner Arbeit zugute. Da bei mir der Dienstleistungsgedanke eindeutig im Vordergrund steht, hoffe ich, dass ich nie ein "Bürokrat" werde. Die Beschlüsse im Verbandsgemeinderat Trier-Land werden fast ausschließlich einstimmig gefasst, und zwar so, wie die Verwaltung des vorschlägt. Harmonie ist Trumpf, obwohl es fünf Fraktionen gibt. Sind sie so stark, oder ist die Opposition so schwach?Reiland: Hinter dem, was für den Außenstehenden wie eine große harmonische Familie wirkt, steht in Wirklichkeit harte Arbeit. In dem Zusammenwirken zwischen Verwaltung und Rat sehe ich mich als Moderator. Dass mir dies in den vergangenen vier Jahren recht häufig erfolgreich gelungen ist, mag man vielleicht als eine Stärke meinerseits, keinesfalls jedoch als eine Schwäche der Fraktionen interpretieren. Was war das bislang schönste und was das schlimmste Erlebnis Ihrer Amtszeit?Reiland: Ich denke da insbesondere an die schweren Unwetter und Überschwemmungen, aber auch an mehrere tragische Unfälle. Es tut einem schon weh, wenn man hautnah erlebt, welch großes Leid diese Ereignisse bei den betroffenen Mitbürgern und ihren Familien verursachen. Beeindruckend war es aber auch immer wieder, gerade in solchen Situationen zu erleben, welch große Hilfsbereitschaft und Unterstützung von Nachbarn, Freunden, aber auch von "wildfremden Menschen" organisiert und geleistet wurde. Da hat man menschliche Wärme und ein großes Zusammengehörigkeitsgefühl verspürt. In Kordel an der Kyll stehen die Hochwasserschutzmaßnahmen vor dem Abschluss. Wann wird es an der Sauer so weit sein?Reiland: Ich freue mich sehr, dass die Hochwasserschutzmaßnahmen in Kordel sehr weit fortgeschritten sind. Dies gilt sowohl für den Bereich der Kyll, als auch für den Welschbilliger und Kimmlinger Bach. Da es unser Ziel ist, die Wassermassen möglichst frühzeitig zurückzuhalten, führen wir zur Zeit Gespräche mit der Verbandsgemeinde Bitburg-Land, um weitere Rückhaltemaßnahmen im oberen Teil des Welschbilliger Baches umzusetzen. Auch am Nussbach in Welschbillig sind zusätzliche Retentionsmaßnahmen vorgesehen. Zum Hochwasserschutz an der Sauer: Unsere Forderungen für die Ortslage Ralingen wurden in einem gemeinsamen Projekt mit unseren Luxemburger Nachbargemeinden berücksichtigt. Durch Abgrabungen im Uferbereich soll 2008 der Hochwasserstand um 60 Zentimeter reduziert werden. Weitere Schutzmaßnahmen an der Sauer hat das Land erst nach 2009 angekündigt. Wir drängen darauf, dass bereits jetzt Planungen und Genehmigungsverfahren eingeleitet werden, damit die Arbeiten auch wirklich zu diesem Zeitpunkt realisiert werden können. Erste Priorität hat der Ort Langsur. Am 1.1.2008 führt die VG Trier-Land die Doppik ein. Viel Arbeit, wenig Brot? Was bringt das neue kommunale Haushalts- und Rechnungswesen wirklich? Reiland: Meine Begeisterung für die Einführung der Doppik hält sich in Grenzen. Sicherlich werden die Aussagekraft der Haushaltspläne sowie die Steuerungsmöglichkeiten in Verbindung mit dem Controlling verbessert. Aber die Einführung verursacht einen enormen Aufwand, erhebliche Kosten und sie bindet Personal. Insbesondere bedaure ich, dass das Land in seinem eigenen Zuständigkeitsbereich die Doppik noch nicht einführt. Damit ist das System nicht durchgängig, was ich als inkonsequent betrachte. Wenig Geld, kaum Gestaltungsspielraum: Sind unsere Kommunen noch zu retten? Viele sagen, an einer großen Verwaltungs- und Gebietsreform führe kein Weg vorbei. Wie lange wird es die Verbandsgemeinde Trier-Land in der jetzigen Form noch geben?Reiland: Auch ich sehe die Notwendigkeit einer Verwaltungsreform in Rheinland-Pfalz. Ziel muss es dabei sein, Doppel- und Mehrfachzuständigkeiten abzubauen, effektive Strukturen zu stärken und alle Aufgaben und Dienste möglichst bürgernah anzusiedeln. Unsere Landesverfassung ist von unten nach oben aufgebaut. Nur solche Aufgaben, die die kommunale Ebene mit ihrem unmittelbaren Kontakt zum Bürger nicht bewältigen kann, sollten einer höheren Verwaltungsebene übertragen werden. Im Laufe der Zeit hat sich dieser Grundsatz jedoch umgekehrt. Immer mehr werden die Kommunen zu bloßen Erfüllungsgehilfen des Landes. Diese Entwicklung muss gestoppt und umgekehrt werden. Des Weiteren ist es unumgänglich, die Gesetzes- und Vorschriftenflut drastisch zu beschränken. Wenn sie nur einen Wunsch für die VG Trier-Land im Jahr 2011 hätten, wie würde der lauten?Reiland: Mein Wunsch ist es, dass es der VG Trier-Land und ihren Ortsgemeinden gelingt, ihre Wohn- und Lebensqualität weiter auszubauen, damit sich die Menschen auch zukünftig bei uns wohl fühlen. Schwerpunkt soll dabei insbesondere eine Stärkung der Familien bilden: zeitgemäße Betreuungsangebote für Kinder aller Altersklassen, ortsnahe Schulen, aber auch Einrichtungen im Seniorenbereich. Um dies zu erreichen bedarf es vieler kleiner Schritte und eine frühzeitige Einbindung der Bürger. S Das Interview führte TV-Redakteur Albert Follmann.

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