Irritation um Doppel-Unterricht

In der Orientierungsstufe (fünfte Klasse) in Schweich lernen Kinder gemeinsam, bevor sich in zwei Jahren ihre Wege in Richtung Realschule plus oder Gymnasium trennen. Um die individuelle Förderung zu verbessern, sollten zwei Lehrer pro Klasse unterrichten. Wie oft das passieren soll, darüber gibt es unterschiedliche Meinungen zwischen Eltern, Schule und Schulbehörde.

 Die Stefan-Andres-Realschule in Schweich hat eine gemeinsame Orientierungsstufe mit dem Gymnasium. Foto: TV-Archiv

Die Stefan-Andres-Realschule in Schweich hat eine gemeinsame Orientierungsstufe mit dem Gymnasium. Foto: TV-Archiv

Schweich. Meist trennen sich die Wege von Schülern nach der vierten Klasse in Hauptschule, Realschule, Realschule plus oder Gymnasium. Anders in Schweich: Das "Stefan-Andres-Schulzentrum Schweich - Realschule plus und Gymnasium" ist eine Schule mit Modellcharakter. Denn seit vier Monaten lernen 189 Fünftklässler gemeinsam in der Orientierungsstufe (GOS).

Erst ab der siebten Klasse fällt die Entscheidung: Realschule plus oder Gymnasium?

Die rheinland-pfälzische Besonderheit bedarf auch besonderer Lernsituationen: In den Hauptfächern und der ersten Fremdsprache sollen zwei Lehrer unterrichten - wegen der individuellen Förderung der Schüler. Das soll geschehen, indem sie etwa unterschiedlich schwere Aufgaben erhalten (der TV berichtete). "120 zusätzliche Lehrerwochenstunden sind dafür notwendig", meint Raimund Mirz, Schulleiter des Gymnasiums. Tatsächlich hat die GOS derzeit 24 zusätzliche Lehrerwochenstunden. Und: "Wegen Krankheitsfällen werden zurzeit nur 17 Wochenstunden als Förderstunden erteilt", sagt Mirz. Schließlich habe die Vermeidung von Unterrichtsausfall Priorität.

Eine optimale Lernsituation sei erreicht, wenn in den Hauptfächern Deutsch, Mathematik und in der ersten Fremdsprache permanent zwei Lehrkräfte eingesetzt würden. "So wurde es uns Eltern angekündigt", sagt Schulelternsprecherin Claudia Wirtz. Die Lehrer würden derzeit alles tun, um die Schüler individuell zu fördern. Ihnen und der Schule könne man die fehlende "Doppelbesetzung" nicht ankreiden.

Wütend ist sie dagegen auf die Bildungspolitiker. "Mainz hat etwas vorgegeben, was nicht umgesetzt werden kann, weil Lehrer fehlen." Auch der Träger, der Kreis Trier-Saarburg, ist laut Pressesprecher Thomas Müller an einer guten Lehrerausstattung mit wenig Unterrichtsausfall interessiert. Zuständig für den "Inhalt" sei jedoch die Aufsichts- und Dienstleistungsdirektion (ADD).

Eine permanente Doppelbesetzung wäre sicherlich wünschenswert, sei aber nie zugesagt worden, sagt ADD-Pressesprecherin Miriam Lange. In den Haupt- und Fremdsprachenfächern sei vorgesehen, dass eine Stunde pro Woche eine Doppelbesetzung stattfinde. Lange: "Derzeit stehen hierfür 24 zusätzliche Lehrerwochenstunden zur Verfügung." Eine Erhöhung werde für das nächste Schuljahr angestrebt. Auf die Frage, wie die Lehrer auf den binnendifferenzierten Unterricht vorbereitet wurden, bemerkt Lange, dass deren Ausbildung es ermögliche, die Aufgabenstellungen den jeweiligen Leistungsmöglichkeiten der Kinder anzupassen.

Meinung

Ernüchternde Bilanz

Von Albert Follmann

Zum Schuljahresbeginn wurde das Schweicher Modell euphorisch aus der Taufe gehoben. Es gab viele Vorschusslorbeeren und das Konzept einer Planungsgruppe, in dem das Bemühen erkennbar war, den Eltern die Angst zu nehmen, ihr Kind könnte in der Orientierungsstufe unter- oder überfordert werden. Nach drei Monaten sieht die Bilanz ernüchternd aus - Eltern vermissen den zugesagten Doppelunterricht und Lehrer reiben sich an der Aufgabe auf, 25 Kindern pro Klasse mit großer Leistungs-Bandbreite eine individuelle Förderung angedeihen zu lassen. a.follmann@volksfreund.de

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