Mit dem Bürgerbus zum Einkaufen oder zum Arzt

Schöndorf/Holzerath · Mobil sein auch ohne eigenes Auto: Fünf Orte aus der Verbandsgemeinde Ruwer wollen einen Bürgerbus installieren. Ergänzend zum öffentlichen Personennahverkehr richtet sich das Angebot besonders an ältere Menschen.

Schöndorf/Holzerath. Mal eben zum Amt nach Waldrach, in Pluwig einkaufen oder Verwandte in Osburg besuchen. Was für Personen, die über ein Auto verfügen, eine Selbstverständlichkeit ist, stellt vor allem ältere Menschen im vorderen Hochwald vor große Probleme. Sie haben oft keine private Mitfahrgelegenheit, und öffentliche Verkehrsmittel sind entweder Mangelware oder nicht zu Zeiten verfügbar, an denen man sie bräuchte.Institut Nexus berät


Fünf Höhengemeinden der Verbandsgemeinde Ruwer - Schöndorf, Holzerath, Ollmuth, Bonerath und Hinzenburg - wollen ihren Bürgern nun ein mobiles Alternativangebot anbieten: den Bürgerbus.
In der "Poar", wie das Dörferquintett aus der Pfarrei Schöndorf im Volksmund heißt, will man das Projekt wagen. Den Anstoß gegeben hat der frühere Holzerather Ortsbürgermeister Albert Backes. Bei einem Aufenthalt am Bodensee sei er zum ersten Mal mit solch einem Angebot konfrontiert worden, berichtet der 64-Jährige. "Ich habe mir gedacht, in Kooperation mit dem Malteser Hilfsdienst könnte so etwas auch bei uns funktionieren." Bei seinen Recherchen stieß Backes auf Nexus, ein Institut, das im Auftrag des Landes und in Zusammenarbeit mit der Uni Trier lokale Gruppen berät - unter anderem bei der Erstellung von Bürgerbus-Konzepten.
Die fünf Orte haben bereits ihre Bereitschaft zur Mitarbeit signalisiert. Worauf es jetzt noch ankomme, sei eine Anschubfinanzierung durch die Verbandsgemeinde, sagt Backes. Am kommenden Mittwoch ist der Bürgerbus Thema im Verbandsgemeinderat. Wird diese Hürde genommen, wäre der nächste Schritt eine Bürgerversammlung mit einem Experten von Nexus. "Unser Ziel ist es, alle wichtigen Fragen zusammen mit den Bürgern zu klären", sagt Albert Backes. Es sollen Projektgruppen gebildet werden, in denen über Dinge wie Fahrpläne, Bustyp und Preise gesprochen wird. Auch die Frage, ob es feste Fahrzeiten in der Woche geben soll oder Fahrten auf Abruf angeboten werden, soll erörtert werden. Weil viele potenzielle Nutzer nicht in der Lage sind, zu einer festen Haltestelle im Dorf zu kommen, geht die Tendenz dazu, die Kunden an der Hautür abzuholen, so Backes.Zwei Fahrten pro Woche?


Schöndorfs Ortsbürgermeister Uwe Kirchartz könnte sich vorstellen, dass der Bürgerbus zweimal pro Woche auf Abruf fährt. Man versuche, ehrenamtliche Fahrer zu gewinnen. Die Person, die die Anrufe entgegennimmt und die Fahrten koordiniert, könnte eventuell auf 450-Euro-Basis eingestellt werden. Der Bus - ein Neunsitzer, oder reicht doch ein Fünfsitzer? - könnte auf Leasing-Basis angeschafft werden. Ob möglicherweise die Schöndorfer Malteser mit ins Boot genommen werden, müsse noch geklärt werden, sagt Albert Backes. Da gebe es auch Versicherungsfragen zu klären.
Bürgermeister Bernhard Busch kann sich vorstellen, dass die Fahrer aus den Reihen des Malteser Hilfsdienstes kommen. Er ist zuversichtlich, dass das Bürgerbus-Projekt im ersten Halbjahr 2017 starten kann. Im Haushalt der VG Ruwer seien 10 000 Euro dafür eingestellt. Laut Busch sollen weitere Fördermittel beantragt werden, etwa über das europäische Leader-Programm.Meinung

Ein Stück Lebensqualität
Ein Bürgerbus-Angebot bedeutet mehr Lebensqualität. Vor allem in ländlichen Regionen. Wir erleben ja, wie die Dörfer ausdünnen. Es gibt kaum noch Ärzte, die aufs Land wollen, viele Geschäfte haben dichtgemacht, und auch die Banken ziehen sich immer mehr zurück. Vor allem ältere Menschen, die nicht mobil sind, sind die Leidtragenden. Ein Bürgerbus kann nicht nur Versorgungsprobleme lösen, er erfüllt auch eine Sozialfunktion im Ort: Leute treffen, reden, einfach mal rauskommen und Abwechslung vom Alltag haben. Die Erfahrung zeigt, dass der Vorsatz alleine nicht reicht. Man braucht engagierte ehrenamtliche Helfer, die den Bus fahren und sich um alles Nötige drumherum kümmern. Und man braucht Nutzer. Das beste Angebot taugt nichts, wenn es nicht wahrgenommen wird. Die fünf Orte haben den ersten Schritt gemacht. Dass es funktionieren kann, beweisen erfolgreiche Bürgerbusprojekte in der Eifel und im Saargau. a.follmann@volksfreund.de

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