Moselhöhen werden zum Windkraft-Eldorado

Schweich · Windräder kontra Landschaftsschutz - der Verbandsgemeinderat Schweich hat kontrovers über Windkraftnutzung diskutiert. Einige Gemeinden sind entschieden gegen geplante Anlagen auf den Moselbergen (der TV berichtete).

 Auf diesem Höhenrücken sind Windräder geplant. Was Mehring und Riol Pachteinnahmen bringt, stößt in Fell auf Widerstand. Foto: Portaflug/TV-Grafik

Auf diesem Höhenrücken sind Windräder geplant. Was Mehring und Riol Pachteinnahmen bringt, stößt in Fell auf Widerstand. Foto: Portaflug/TV-Grafik

Schweich. Gut ein Dutzend neue Windräder werden voraussichtlich in der Verbandsgemeinde Schweich gebaut. Und zwar in den Gemarkungen Riol (5), Mehring (4), Leiwen (4) und Detzem (2). Davon ist nach der teilweise sehr hitzig geführten Diskussion über eine Änderung des Flächennutzungsplans Windkraft am Dienstagabend im Verbandsgemeinderat Schweich auszugehen. In der mehr als fünfstündigen Sitzung legte der Rat unter anderem fest, dass die Anlagen einen Mindestabstand von gut 1000 Metern zu bewohnten Gebieten aufweisen müssen.
Schützenswerte Landschaft


Proteste gab es insbesondere von Sprechern aus Fell, Longen und Longuich. Sie befürchten eine Verschandelung der Mosellandschaft, wenn die Rotorriesen auf den Höhen genehmigt werden sollten (siehe Extra). Dem Schutz und dem Erhalt der Landschaft als hochwertiges Allgemeingut müsse Vorrang vor der Gewinnoptimierung einiger Investoren eingeräumt werden, fordert Longuichs Ortsbürgermeisterin Kathrin Schlöder. Die Longuicher Haltung werde vor Gericht nicht standhalten, meint Arnold Schmitt (CDU). Mit dem 1000-Meter-Abstand sei die VG schon strenger gegenüber Investoren als das Land vorgebe.
Unter Mithilfe von Jurist Paul Henseler hatte die Verwaltung Ausschlusskriterien für Windkraft festgelegt, über die der Rat nun abstimmte. Darunter sind harte Tabuzonen, in denen schon aus rechtlichen Gründen keine Windräder zugelassen werden. Dazu zählen beispielsweise Siedlungsräume, geplante Baugebiete, Naturschutzgebiete, windschwache Gebiete (weniger als vier Meter pro Sekunde) und ein Schutzradius von 400 Meter um bewohnte Gebiete. Bei weichen Tabuzonen wie Biotopen, Vorranggebieten für Grundwasserschutz oder Forst- und Landwirtschaftsflächen hat die Verbandsgemeinde größere Spielräume. "Hier muss begründet und abgewogen werden", sagt Henseler. Nachdem alle Tabuzonen mittels Beamer nacheinander über das Gebiet der Verbandsgemeinde Schweich gelegt worden waren, blieben einige wenige zusammenhängende Flecken übrig, auf denen Windkraft prinzipiell möglich ist: auf der Mehringer Höhe (als Ergänzung zum bestehenden Windpark), im Longuicher Wald sowie bei Klüsserath und Trittenheim. Der Meulenwald und das Fellerbachtal bleiben aus Natur- und Tierschutzgründen vermutlich frei von Windrädern.
"Gutachten gekauft"


Die gemeinsame Projektgesellschaft von Investor Juwi und den Stadtwerken Trier (SWT) hatte für 27 Standorte auf der Mehringer Höhe ein Vogelgutachten in Auftrag gegeben. Es wurden schützenswerte Bestände gefunden, darunter Brutpaare von Rot- und Schwarzmilan, Schwarzstorch und Uhu. Daraufhin wurden neun Standorte nicht mehr weiter verfolgt, bei weiteren neun könnte es Auflagen geben, wie eine Abschaltung zu Zeiten, in denen die Vögel auf Nahrungssuche gehen. "Unverschämtheit", echauffierte sich Helmut Schneiders (SPD, Fell), "die Gutachten sind doch gekauft." Er und sein Parteigenosse Uwe Spanier (ebenfalls aus Fell) wiesen auf die starke Belastung hin, der Fell bereits durch die Waldracher Windräder ausgesetzt sei. Nun kämen auch noch die in Riol hinzu.Meinung

Die Tür bleibt auf
Mainz hat im Landesentwicklungskonzept IV die Tür für die Windkraft weit aufgemacht. Auch wenn manche Räte anderer Meinung sind: Diese Tür können die Verbandsgemeinden nicht zumachen, indem sie willkürlich die Ausschlusskriterien in ihren Flächennutzungsplänen so hoch setzen, dass Investoren zwangsläufig scheitern müssten. Diese Finte würde vor keinem Gericht standhalten. Leider sind meist jene Kommunen in Sachen Windkraft benachteiligt, die ohnehin schon die Dinger vor der Nase haben (wie in Fell). Denn die Ausweitung bestehender Windparks (Mehringer Höhe) ist am unproblematischsten. Also werden die Feller von weiteren Mühlen umzingelt. Der Klimaschutz und zu Ende gehende fossile Ressourcen zwingen zwar zu einer anderen Energiepolitik. Doch die Umsetzung entbehrt manchmal jeglicher Logik. Wie kann es sein, dass einige Fledermäuse eher einen Windpark verhindern können als Tausende Menschen, die um den Erhalt ihrer Kulturlandschaft bangen? a.follmann@volksfreund.deExtra

Die Ortsbürgermeister von Longuich, Longen und Pölich haben Stellung gegen die geplanten Windräder in Riol und Mehring bezogen, die Fürsprecher kommen aus Mehring, Riol, Köwerich und Leiwen. Kathrin Schlöder (Longuich): "Die optischen Beeinträchtigungen und die sich daraus ergebenden negativen Folgen im touristischen und volkswirtschaftlichen Sektor sind für Longuich nicht hinnehmbar." Hermann Rosch (Longen): "Das ist ein gravierender Eingriff in das Landschaftsbild, der nicht akzeptabel ist." Walter Clüsserath (Pölich): "Wenn das so kommt, können wir das Weltkulturerbe Mosel vergessen." Christel Egner-Duppich (Riol): "Natürlich profitieren wir von den Rädern, aber irgendwo müssen sie ja stehen." alf

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