Nach Anwohnerprotest: Gemeinde Mertesdorf lässt Mobilfunkprojekt der Telekom untersuchen

Mertesdorf · Bewohner von Mertesdorf fürchten den Bau eines Mobilfunksenders über ihren Hausdächern. Nach Protesten will der Gemeinderat daher ein Fachinstitut mit einem Gutachten beauftragen. Es soll Aufschluss über die möglichen Auswirkungen der von der Telekom geplanten Anlage geben.

 Von der Johannishütte oberhalb von Mertesdorf soll ein Sendemast das Ruwertal versorgen. Dagegen regt sich weiter Protest. TV-Foto: Friedhelm Knopp

Von der Johannishütte oberhalb von Mertesdorf soll ein Sendemast das Ruwertal versorgen. Dagegen regt sich weiter Protest. TV-Foto: Friedhelm Knopp

Foto: Friedhelm Knopp (f.k.) ("TV-Upload Knopp"

Mertesdorf. Für Kunden des Mobilfunkanbieters T-Mobil gleicht Mertesdorf einem schwarzen Loch. Der Handy-Empfang tendiert in der Mertesdorfer Ortslage gegen null. Die Deutsche Telekom AG plant deshalb für ihre Tochter T-Mobil den Bau eines 56 Meter hohen Sendemasts. Als Standort der Stahlgitterkonstruktion ist ein gemeindeeigenes Grundstück oberhalb der Johannishütte vorgesehen (der TV berichtete). Im Jahr 2015 fasste der Ortsgemeinderat den entsprechenden Grundsatzbeschluss zur Verpachtung der Fläche. Pächterin wäre die Telekom-Tochter Deutsche Funkturm GmbH, die den Sender auch bauen und betreiben würde.

Da der Mast mit seinen Hochfrequenzanlagen in nur 290 Metern Entfernung zum bewohnten Ortsgebiet und 800 Metern Distanz zum Ortskern stehen würde, regte sich nach dem Beschluss der Widerspruch im Ort. Eine Unterschriftensammlung erbrachte die erforderliche Stimmenzahl für einen Einwohnerantrag.
Nach dem Motto "nicht der Telekom freien Raum lassen, sondern erst mal Fakten sammeln", beschloss der Rat daraufhin, ein unabhängiges Institut mit einer Analyse zu beauftragen. Dabei geht es um die Frage, ob die von der Telekom angestrebte Sendetechnik in Stärke und Konzeption für die Versorgung Mertesdorfs (und Kasels) erforderlich ist oder auch weniger ausreichen könnte.

In der jüngsten Ratssitzung stellte Ortsbürgermeisterin Ruth Wilhelm zwei Angebote zur Entscheidung: Eines vom Tüv Süd und eines vom Kölner EMF-Institut. Der für diese Sitzung erwartete große Publikumsandrang blieb aus - erschienen waren im Wesentlichen nur die Vertreter des Einwohnerantrags, darunter Mitinitiator Professor Winfried Blasweiler. Nach ausgiebiger Debatte entschied sich der Rat mit zehn Ja- gegen zwei Neinstimmen für das mit 2700 Euro Grundpreis veranschlagte Kölner EMF-Angebot. Mögliche Zusatzleistungen wie die Begleitung in Verhandlungen werden extra berechnet.

Das Institut bietet eine Analyse für den Senderstandort Johannishütte an. Anhand des Ergebnisses soll für die Anwohner eine optimale Verminderung der Immissionen erreicht werden. Und in einem Punkt war sich die Ratsmehrheit einig: Es gehe nicht um Für oder Wider des schon beschlossenen Standorts oberhalb der Johannishütte, sondern um eine möglichst immissionsarme Technik an dieser Stelle. Der Rat erwarte von der Fachanalyse belastungsfähige Daten, über die er mit der Telekom verhandeln könne - gegebenenfalls auch mit direkter Unterstützung des EMF-Instituts.In der Stadt mehr Masten


Einige Ratsmitglieder hielten dies alles für verzichtbar. Benötigt werde stattdessen eine sichere Mobilfunkversorgung Mertesdorfs. Ratsmitglied Friedrich Körperich verwies dazu auf die weitaus höhere Senderdichte in Stadtgebieten - etwa in Trier mit Stationsabständen von zum Teil unter 100 Metern.
Ratsmitglied Carl von Schubert sah eine ausreichende Sendestärke erst dann gewährleistet, wenn der störungsfreie Mobilfunkverkehr auch an baulich problematischen Stellen und in Kellern gewährleistet sei. Spitze Antwort der zweiten Beigeordneten Elisabeth Hammes an Kellereibetreiber von Schubert: "Man muss nicht überall optimalen Empfang haben. Sie können zum Senden von Telefonaten auch mal aus Ihren Katakomben hochsteigen."

Keinen Bedarf für die Analyse sah auch der erste Beigeordnete Andreas Stüttgen. Er verwies auf eine umfassende Info-Veranstaltung des BUND, die ausreichend Fakten und Material zur Verhandlung mit der Telekom ergeben habe. Tenor dagegen im Rat: "Damit können wir bei der Telekom nicht in Verhandlungen treten. Da sitzen Leute, denen man ohne grundlegende technische Fakten nicht beikommen kann." Mit elf Ja- gegen vier Neinstimmen wurde der Auftrag an das Institut EMF beschlossen.

Ortsbürgermeisterin Wilhelm: "Die Umweltgefahr soll so weit wie möglich minimiert werden. Das rechtfertigt die Kosten." Ziel bleibe aber eine hohe Versorgungssicherheit Mertesdorfs durch eine entsprechende Funkausstattung an einem dafür optimalen Standort." Bei den anwesenden Mitgliedern der Bürgerinitiative löste das Sitzungsergebnis keine Begeisterungsstürme aus. Tenor: "Wir müssen mal abwarten, wie es weitergeht."
Meinung

Warum ein zweiter Mast?
Ob die Abstrahlung eines Mobilfunksenders gesundheitsschädlich ist oder nicht, darüber streiten sich noch immer die Experten. Fakt ist aber, dass sich viele, die in den Wirkungskreis einer solchen Anlage geraten, bedroht und unbehaglich fühlen. So geht es derzeit nicht wenigen Bewohnern Mertesdorfs, wenn sie an die Pläne der Telekom denken. Die Frage ist aber, warum jeder Mobilfunkbetreiber seine eigenen Masten aufstellen muss. Warum kann die Telekom nicht den bereits bestehenden Sendemast eines anderen Netzanbieters mitnutzen. Diese Anlage steht auf dem Grüneberg und ist wesentlich weiter von der Ortslage Mertesdorf entfernt. Warum noch ein zweiter Sendemast? Als Antwort würde die Telekom mit Sicherheit technische Probleme anführen. Aber tatsächlich dürften es wirtschaftliche Gründe sein: Die Telekom-Tochter Funkturm GmbH soll auch ein Stück vom Kuchen erhalten. trier@volksfreund.de

Meistgelesen
Neueste Artikel
Zum Thema
Aus dem Ressort