Schillers Ode an die Freude für die Siegerin: Neue Bürgermeisterin der VG Ruwer heißt Stephanie Nickels

Waldrach · Bürgermeisterwahl in der VG Ruwer: Stephanie Nickels (CDU) feiert einen knappen Erfolg gegen Stefan Metzdorf (SPD).

 Stephanie Nickels, CDU.

Stephanie Nickels, CDU.

Foto: Helmut Thewalt,Trier (h_tl )
 Der Kirchenchor Waldrach bringt der neuen Bürgermeisterin ein Ständchen dar. Bild rechts: Der unterlegene Kandidat Stefan Metzdorf gratuliert Stephanie Nickels zum Sieg. TV-Fotos (2): Klaus Kimmli

Der Kirchenchor Waldrach bringt der neuen Bürgermeisterin ein Ständchen dar. Bild rechts: Der unterlegene Kandidat Stefan Metzdorf gratuliert Stephanie Nickels zum Sieg. TV-Fotos (2): Klaus Kimmli

Foto: Klaus Kimmling

Ob sie denn auch mal dirigieren dürfe. Das fragt Stephanie Nickels den Leiter des Kirchenchors Waldrach, Laurentius Lauterbach. Doch da hat das Ensemble im Rathaussaal in Waldrach schon die Stimme erhoben, und es erklingt zu Ehren der neuen Bürgermeisterin eine Strophe aus Schillers Ode an die Freude. Der Liedtext ist umgedichtet auf Nickels, die selbst Mitglied im Kirchenchor ist. Und nun, kurz nach ihrem Triumph bei der Bürgermeisterwahl in der Verbandsgemeinde Ruwer, wird sie von ihren Sangesbrüdern- und schwestern überrascht. "Unser Wunsch fürs neue Amt, singen wir, so schön wie nie: Immer eine gute Hand, alles Gute, Stephanie."

Dirigieren - das wird von der 49-Jährigen die kommenden acht Jahre in der VG Ruwer erwartet. So lange dauert ihre Amtszeit. Die Christdemokratin holte wie schon bei der ersten Wahl vor zwei Wochen, als fünf Kandidaten antraten, auch in der Stichwahl gegen Stefan Metzdorf (SPD) die meisten Stimmen. Allerdings war der Ausgang diesmal knapper: Für Nickels votieren 3379 Wähler, für Metzdorf 3029. Beide trennen nur 350 Stimmen, vor 14 Tagen waren es noch mehr als 600 gewesen.

Etwa 100 Menschen sind ins Rathaus der VG gekommen, wo die Ergebnisse per Beamer an die Wand geworfen werden, sobald die Stimmen in den 20 Orten ausgezählt sind. Und es wird spannend, denn Metzdorf holt nach hinten heraus Prozentpunkt um Prozentpunkt auf. Doch der Reihe nach: Sommerau liefert um 18.10 Uhr als erste Gemeinde: 17 zu zehn für Nickels. Dann kommt Ollmuth, wo der SPD-Kandidat vorne liegt, dann Hinzenburg, wo wiederum Nickels klar gewinnt. Um 18.17 Uhr geht ein Raunen durch den Saal, doch dies hat technische Gründe. Einer ist auf die Idee gekommen, das Licht zu dimmen, wodurch die Zahlen auf der Leinwand besser zu erkennen sind. Morscheid und Thomm gewinnt Nickels.

Nach zehn von 20 Gemeinden scheint eine Vorentscheidung gefallen zu sein: 59,3 Prozent Nickels, 40,7 Metzdorf. Doch dann holt Metzdorf auf. Er gewinnt Pluwig deutlich, auch Farschweiler, in Mertesdorf gibt es ein Patt (jeweils 245 Stimmen). Nickels gewinnt Osburg, dann fehlen noch Gusterath, der Wohnort von Metzdorf, und Waldrach, der Wohnort von Nickels, ebenso Kasel. Am Ende reicht es nicht für Stefan Metzdorf, obwohl er in Gusterath mit 72,3 Prozent ein überragendes Ergebnis holt. Stephanie Nickels macht mit 66 Prozent der Stimmen in Waldrach und 63,4 Prozent in Kasel den Deckel drauf. Gesamtergebnis der Wahl: 52,7 zu 47,3 Prozent.

Punkt 18.43 Uhr erscheint Nickels im Rathaus, Applaus braust auf. Parteifreund Michael Hülpes, Bürgermeister der VG Hermeskeil, ist einer der ersten Gratulanten. Im Namen der Landes-CDU gratuliert Vorsitzende Julia Klöckner per Pressemitteilung.

Die neue Bürgermeisterin verspricht: "Ich will gute Arbeit leisten, mit allen im Rat, in der Verwaltung und mit den Ortsgemeinden." Sie werde voraussichtlich Anfang Januar ihren Dienst antreten. Das bestätigt Beigeordneter Josef Kruft. Er sagt: "Es war äußerst knapp. Beide Kandidaten waren gut und beiden hätte man den Sieg gegönnt." Der unterlegene Stefan Metzdorf sagt: "Es war ein Kopf-an-Kopf-Rennen, leider hat das Happy End gefehlt. Es war eine sehr intensive Zeit, ich bin dankbar für das Vertrauen und die Unterstützung."

Kommentar

Harmonie alleine reicht nicht

Wer nach dem ersten Wahltermin vor zwei Wochen eins und eins zusammengezählt hat, der konnte davon ausgehen, dass Stephanie Nickels auch bei der Stichwahl die Nase vorne behalten würde. In Waldrach war zu erwarten, dass Nickels viele der rund 200 Stimmen ergattern würde, die auf Lokalmatador Hermann-Josef Franzen entfallen waren. Schließlich wohnt auch die künftige Bürgermeisterin in Waldrach.

Abgesehen davon, dass die Christdemokratin die überwiegende Zahl der Wähler im unteren Ruwertal auf ihre Seite bringen konnte, hat sie auch viele kleinere Orte im Hochwald dominiert. Das läppert sich, obgleich es sehr eng wurde. Kontrahent Stefan Metzdorf konnte den Rückstand mit seinen guten Ergebnissen in seinem Wohnort Gusterath, in Pluwig und in Farschweiler nicht ganz kompensieren. Ihm hätte vermutlich eine höhere Wahlbeteiligung geholfen.

Nun wird also die Verbandsgemeinde Ruwer erstmals von einer Frau regiert. Stephanie Nickels wird dabei sicherlich von ihrer kommunalpolitischen Erfahrung im Kreistag und im Verbandsgemeinderat Ruwer profitieren. Auch von den guten Kontakten ins Kreishaus.

Allerdings: Einfach wird der Job nicht. Es wird Widerstände geben, womöglich auch von der eigenen Partei.

Ihre nette, nach Harmonie strebende Art in allen Ehren - als Verwaltungschefin wird Stephanie Nickels auch mal mit der Faust auf den Tisch hauen müssen, wenn sie die Richtung vorgeben will.

a.follmann@volksfreund.de

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