Prima Klima oder doch nur heiße Luft?

TRIERWEILER. Novum in der Verbandsgemeinde Trier-Land: Erstmals werden bei der Entwicklung eines Baugebiets umfangreiche Klima- und Schadstoffmessungen vorgenommen. Die Planung "In der Acht" in Trierweiler soll damit so hieb- und stichfest werden, dass sie notfalls einer Klage vor Gericht standhalten kann.

Auf sechs Hektar Fläche im Bereich Schulstraße und Wingertsberg ("In der Acht") weist die Gemeinde Trierweiler 59 Baustellen aus. Sie befinden sich in Zentrumsnähe und runden das Ortsbild ab. Diese beiden optischen Merkmale sind es auch, die Laien zunächst einmal bei diesem Großprojekt auffallen. Doch die Auswirkungen des Baugebiets sind wesentlich vielschichtiger: Unter anderem beeinflusst die Bebauung die Temperatur und die Luftzirkulation; auch werden Belange des Umweltschutzes tangiert. Schließlich ist davon auszugehen, dass durch den zunehmenden Verkehr und den zusätzlichen Hausbrand auch die Schadstoffbelastung zunehmen wird. Um die Auswirkungen des neuen Baugebiets besser beurteilen zu können, hat die Gemeinde Trierweiler ein klimatologisches Gutachten in Auftrag gegeben. Dies ist ein Novum in der Verbandsgemeinde Trier-Land; üblicherweise werden solche Gutachten, die immerhin um die 20 000 Euro kosten, nicht gebraucht. Die Gemeinde Trierweiler hat sich nach Auskunft von Ortsbürgermeister Matthias Daleiden aber zu diesem Schritt entschlossen, um den Bebauungsplan "wasserdicht" zu machen. Schließlich habe es im Rahmen der Stellungnahme der Träger öffentlicher Belange mehrere Eingaben von Bürgern gegeben, die negative Auswirkungen aufs Klima oder die Umwelt befürchten. "Wir müssen uns nach allen Seiten absichern, sonst könnte uns eine Normenkontrollklage vor Gericht in arge Schwierigkeiten bringen", sagt Daleiden. Er macht keinen Hehl daraus, dass er dieses Gutachten für verzichtbar hält - aus Kosten- und Zeitgründen. "Das wirft uns sechs Monate zurück", bedauert der Ortsbürgermeister die Einwände "kurz vor Toresschluss". Bei der vorgezogenen Bürgerbeteiligung im Jahr 2004 seien keine Einwände vorgebracht worden. Daleiden kann nur darüber spekulieren, ob aus dem Gutachten Konsequenzen gezogen werden müssen. Mehr Lücken lassen? Andere Häuser-Anordnung? Oder gar ganz neu überplanen? Noch kann nur gemutmaßt werden, was die Untersuchungen von Professor Günther Heinemann bringen. Er ist Klimatologe an der Uni Trier und hat den Auftrag für das klimatologische Gutachten erhalten. Seit vier Wochen wertet Heinemann nun schon Messungen an den Klima-Stationen in der Nähe der Kirche und im künftigen Wohngebiet aus. Ende Oktober soll das Gutachten fertig sein. "Wir müssen zunächst den Ist-Zustand erfahren und in einem zweiten Schritt die voraussichtlichen Änderungen berücksichtigen", meint Heinemann. Es sei dann Sache der Gemeinde, ob städtebauliche Schlüsse aus den Klima- und Schadstoffmessungen (Feinstaub, Stickoxide) gezogen werden. Bei der Untersuchung des Kaltluft-Abflusses von den Hängen hinunter ins Tal mit so genannten Rauchversuchen traten laut Heinemann bereits große Temperaturunterschiede zutage. Unten sei es drei bis vier Grad kälter gewesen als auf dem bebauten Höhenrücken. "Wenn es durch die Bebauung eine Temperaturzunahme gibt, muss das ja kein Nachteil sein", meint der Klimatologe. Zumindest für diejenigen nicht, die abends noch gerne länger auf der Terrasse sitzen wollen.

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