Rivalen in Riveris: Zwei politisch motivierte Gruppen liegen seit dem Ortsbürgermeister-Wechsel im Dauerclinch

Riveris · Im vergangenen Jahr ist der "Lampenstreit" hochgekocht, nun bringt der Ortsbürgermeister-Wechsel das Blut der Riveriser in Wallung. Das kleine Dorf ist gespalten - in die Gefolgsleute des früheren Gemeindechefs Markus Kaldunski und die seiner Nachfolgerin Monika Thömmes.

 Hinter der beschaulichen Kulisse brodelt es: Seit der Kommunalwahl ist Riveris ist in zwei Lager gespalten. TV-Foto: Albert Follmann

Hinter der beschaulichen Kulisse brodelt es: Seit der Kommunalwahl ist Riveris ist in zwei Lager gespalten. TV-Foto: Albert Follmann

Als die Stimmen bei der Ortsbürgermeisterwahl im Mai ausgezählt waren, war die Überraschung perfekt: Monika Thömmes, vierfache Mutter, parteilos und politische Neueinsteigerin, bekommt 123 Stimmen. Und Markus Kaldunski, CDU, seit zehn Jahren im Amt und haushoher Favorit, bringt es nur auf 102 Stimmen. Die Erschütterungen, die dieses politische Erdbeben im kleinen, beschaulichen 420-Einwohner-Ort Riveris ausgelöst hat, sind bis heute spürbar.

Bereits im Protokoll der Juli-Sitzung, der zweiten Zusammenkunft des Gemeinderats nach der Wahl, sind die Konflikte offen zutage getreten. Es ging um das Verhältnis zwischen der Gemeinde und zwei großen Vereinen im Ort, der Feuerwehr und dem Heimat- und Kulturverein. Es werde im Ort die Lüge verbreitet, er sei nicht neutral gegenüber der neuen Ortsbürgermeisterin, beschwerte sich Wehrführer Daniel Luy. Er werde deshalb von einigen Bewohnern schon nicht mehr gegrüßt. Blicke, Deutungen, Spekulationen. Das erlebte der Riveriser Feuerwehrchef Luy schon am Wahlabend. "Dass ich den Raum nach der Stimmenauszählung verließ, wurde so ausgelegt, als ob die Feuerwehr mit dem Ergebnis nicht zufrieden war", sagt Luy. Er sei aber als Privatperson dort gewesen. Luy sagt, er wolle keinen Streit. Monika Thömmes auch nicht. Beide bestätigen, dass Differenzen um zwei Parkplätze und einen Straßenspiegel an der Feuerwehrausfahrt in der Ortsmitte mittlerweile ausgeräumt sind.

Auch Bernhard Busch (FWG), Bürgermeister der Verbandsgemeinde Ruwer, hatte interveniert. Der Chef der Verwaltung und der Wehren zitierte Luy und Thömmes ins Rathaus nach Waldrach und redete ihnen ins Gewissen. Schon in den ersten Tagen nach der Wahl, so sagt Busch dem TV, sei es zu "unterirdischen Streitigkeiten" in Riveris gekommen. Die Ortsbürgermeisterin hält er für "sehr engagiert und nicht eigenbrötlerisch".

Streit um Blumen

Nicht gut aufeinander zu sprechen sind die Vorsitzende des Heimat- und Kulturvereins, Heike Schünemann, und die neue Ortsbürgermeisterin. Es fing damit an, dass der Heimatverein öffentliche Flächen an der Kirche bepflanzte. Monika Thömmes und ihr Mann hätten die Blumen, Bodendecker und Sträucher einfach ausgerissen, empört sich Schünemann. Als sie die Gemeindechefin im Rat zur Rede stellte, begründete diese die Aktion damit, dass es sich ihrer Meinung nach um "Unkräuter" gehandelt habe. Auch beschwerte sich der Heimatverein darüber, dass Thömmes die kleine Kammer im Gemeindehaus, wo seit 2008 die Kostüme der 800-Jahr-Feier lagerten, für Unterlagen der Gemeinde beanspruchte. Sie ließ den Schließzylinder austauschen mit der Begründung, die Akten dürften nicht für jedermann zugänglich sein. Dem Heimatverein empfahl Thömmes, die Kostüme aufs Amt nach Waldrach zu bringen. Mittlerweile darf der Heimatverein seine Sachen im Raum des Männergesangvereins unterstellen.

Dennoch ist das Tischtuch zwischen Heimatverein und Ortsbürgermeisterin weiter zerschnitten. Aktueller Streitpunkt: Die Finanzierung eines neuen Ofens für den Senioren-Mittagstisch im Riveriser Bürgerhaus. Der Heimatverein hat eine Spende zugesagt, doch die Ortsbürgermeisterin will erst einmal den Sachverhalt prüfen. "Gegenschießen", nennt Schünemann das, ihr Verein erfahre keinerlei Unterstützung. Früher sei der Zusammenhalt und die ehrenamtliche Mitarbeit im Ort viel größer gewesen.

"Es herrscht Funkstille"

Da hält Monika Thömmes dagegen. Erst vor einigen Tagen haben ein Dutzend Freiwillige bei der Sanierung des Friedhofswegs mitgeholfen. Eine kleine Klientel mache Stimmung und schaffe es, ein ganzes Dorf auf den Kopf zu stellen, sagt die Ortsbürgermeisterin. Schon gleich nach ihrem Amtsantritt sei geschimpft worden, dabei müsse doch jeder eine Bewährungschance bekommen. Schließlich sei es eine demokratische Wahl gewesen."Es herrscht Funkstille" - so beschreibt Thömmes das Verhältnis zu ihrem Vorgänger Markus Kaldunski. Der sagt, Gräben im Ort habe es auch schon unter seiner Bürgermeisterschaft gegeben. Der Lampenstreit (siehe Extra) habe dabei keine so große Rolle gespielt, wie man außerhalb von Riveris annehme. Und Kaldunski übt Selbstkritik: "Einige Projekte sind nicht fertig geworden, vielleicht habe ich die Leute auch nicht erreicht oder habe zu viel gewollt." Auf Leute zuzugehen, sei nicht seine Stärke. Zu seiner Nachfolgerin möchte er sich nicht äußern. Die Wahlniederlage habe anfangs wehgetan, mittlerweile könne er "ganz gut damit leben".

Aus politischen Gremien hat sich Kaldunski mittlerweile zurückgezogen - aus Enttäuschung über die CDU, wie er sagt. Den vom CDU-Gemeindeverband Ruwer vorgeschlagenen Posten im Bauausschuss hat der Architekt abgelehnt. Auch um sich einem Zwiespalt zu entziehen: "Für Aufträge ist es manchmal kontraproduktiv, in solchen Gremien zu sein."

Hans Jakobs war 15 Jahre Ortsbürgermeister in Riveris. Er war Kaldunskis Vorgänger und dessen Förderer. Nun wird er dem Dunstkreis von Monika Thömmes zugerechnet. Weil diese ihn um Rat bat. "Sie kam zu mir und hat gefragt, wie sie das am besten mit der Kandidatur machen soll", sagt Jakobs. Er schickte sie zur Verwaltung nach Waldrach. "Sie kniet sich rein", so Jakobs' Fazit über die Neue. Andere Bewohner wie Heinz Eder fühlen sich dagegen nicht ernst genommen. In einer Mail an Rat und Verwaltung von Riveris beklagt er, dass seine Fragen unbeantwortet blieben und es an Transparenz und Offenheit mangele. Es werde nur noch hinter verschlossenen Türen regiert und bezüglich der Vereine und des Ehrenamts viel im Ort kaputt gemacht, schreibt der Medienwissenschaftler.Meinung


Riveris und die politische Streitkultur

Von Albert Follmann

Auch in größeren Orten werden politische Fehden ausgetragen, doch treten sie meist nicht mit solcher Wucht zum Vorschein wie in kleinen Dörfern. In Riveris kommt hinzu, dass die öffentliche Streitkultur durch den Lampenstreit schon so eine Art Trainingslager durchlaufen hatte. Die Wahl trieb das Adrenalin weiter in die Höhe: Mann gegen Frau, Amtsinhaber gegen Herausforderin, Polit-Profi gegen Grünschnabel. Und dann war es auch noch hauchdünn. Die persönlichen Anfeindungen und Hinterhältigkeiten sind das Werk einzelner. Eigentlich müsste man vor der den meisten Riverisern den Hut ziehen. Die pflegen wenigsten noch eine politische Streitkultur, da wird kein Blatt vor den Mund genommen. Da juckt auch niemanden die Gemeindeordnung. Zuhörer, die was zu sagen haben, dürfen im Rat sprechen - auch ohne Sitzungsunterbrechung. Zu einer demokratischen Wahl gehört der Luxus, dass man jemanden abwählen kann. Dem oder der Neuen sollte dann aber auch die Möglichkeit zugestanden werden, es besser zu machen. Das ist kein Luxus, das gebietet die Fairness.
a.follmann@volksfreund.de
Extra: Lampenstreit

Im Sommer 2013 hatten Riveriser Bürger mit Unterschriften eingefordert, dass die Straßenbeleuchtung nachts wieder eingeschaltet wird. Der Gemeinderat hatte aus Kostengründen (es ging um rund 1500 Euro) beschlossen, die Lampen nachts auszuschalten. Die Einsparung sollte der geforderte Eigenbeitrag des Ortes zum Entschuldungsfonds sein. Im September revidierte der Rat seinen Beschluss vom Juni, wobei der Gemeinde auch Mehreinnahmen bei der Gewerbesteuer in die Karten spielten. alf

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