Schweicher Stadtbürgermeister Rößler tritt zurück - Kritik an SPD-"Attacken"

Schweich · Paukenschlag am Freitagnachmittag: Schweichs Stadtbürgermeister Otmar Rößler (FWG) tritt zurück. Die Attacken von CDU- und SPD-Fraktion hätten die Schmerzgrenze erreicht, begründet er dies in einem Brief an die Bürgermeisterin der Verbandsgemeinde Schweich, Christiane Horsch.

Knapp ein Jahr nach seiner Wiederwahl als Stadtbürgermeister von Schweich ist Otmar Rößler (61) von seinem Ehrenamt zurückgetreten. In einem einseitigen Brief an Bürgermeisterin Christiane Horsch begründet er den "schmerzhaften Schritt". In der Hauptsache sind es zwei Gründe, die den 61-Jährigen bewogen haben, das Handtuch zu werfen: der gestiegene Arbeitsaufwand in der Führung einer stark wachsenden, fast 8000 Einwohner zählenden Stadt, und die zuletzt deutlich zu vernehmenden Misstöne im Verhältnis zu den Stadtratsfraktionen von CDU und SPD.

In der jüngsten Stadtratssitzung war es wegen der Umfeldgestaltung des Bahnhofs zu heftigen Wortgefechten zwischen Rat und Verwaltung gekommen (der TV berichtete). Für ihn sei die Schmerzgrenze überschritten gewesen, schreibt Rößler, als der Tagesordnungspunkt "Bebauungsplan Gewerbegebiet am Bahnhof" mehrheitlich abgesetzt wurde. Dieses zentrale und für die Zukunft der Stadt Schweich so wichtige Projekt dulde keinen Aufschub, hatte Rößler den Räten ins Gewissen geredet. Doch CDU und SPD bestanden darauf, dass erst ein städtebaulicher Vertrag mit einem Grundstücksbesitzer ausgehandelt werden müsse. Ein Geländetausch soll es der Stadt Schweich ermöglichen, dass Busse in einem Ringverkehr bis zum Bahnhof fahren können.

Kritik übt Rößler auch an dem zweiten Stadtbeigeordneten Achim Schmitt (SPD). Dieser lege als Vorsitzender der SPD-Fraktion "deutlich mehr Wert darauf, die Verwaltung zu attackieren, als sich selbst als Teil der Verwaltung zu verstehen". Den ersten Beigeordneten Lars Rieger (CDU) nimmt Rößler in Schutz: Aufgrund seiner beruflichen Situation in Luxemburg könne Rieger die Vertretungsfunktion für den Stadtbürgermeister nur sehr begrenzt ausfüllen. Beide Stellvertreter, Schmitt und Rieger, hatten Otmar Rößler zuletzt im Stadtrat kritisiert, weil sie sich im Sitzungsprotokoll vom Februar falsch wiedergegeben fühlten. Es ging um die Leitung eines Arbeitskreises.
Rößler, der auf Beschluss des Stadtrats zu 50 Prozent von seiner Tätigkeit als Dozent an der Verwaltungshochschule in Mayen freigestellt ist, lobt ausdrücklich die Zeit mit Anita Kruppert (CDU). Die Ruheständlerin war in den ersten fünf Jahren seiner Amtszeit erste Beigeordnete der Stadt Schweich gewesen.

"Die Beigeordneten haben Otmar Rößler das Leben schwer gemacht", sagt Kruppert. "Das Fass ist übergelaufen, ich bedaure den Rücktritt." Rößler sei bei der Wahl angetreten und habe wissen müssen, worauf er sich einlasse, sagt Beigeordneter Achim Schmitt. Die Kritik Rößlers weist er zurück: "Er kann nicht verlangen, dass die Beigeordneten seine Arbeit machen. Viele Dinge, die im Rat immer wieder angesprochen wurden, sind nicht umgesetzt worden." Den Rücktritt findet er konsequent: "Ich ziehe den Hut, Otmar klebt nicht an seinem Stuhl." Für Bürgermeisterin Horsch kam der Rücktritt überraschend: "Persönlich und menschlich tut es mir Leid." Bis ein neuer Stadtbürgermeister gewählt ist, führen die Beigeordneten die Geschäfte.Meinung

Reißleine gezogen
Otmar Rößler ist ein auf Harmonie bedachter Mensch. Sach- und zielorientierte Politik, das hat er immer wieder betont, stünden für ihn an erster Stelle. In der Tat war es so, dass Parteipolitik im Rat der Stadt Schweich bisher keine große Rolle gespielt hat. Noch in der vergangenen Legislaturperiode war das Verhältnis der Fraktionen untereinander und zur Verwaltung partnerschaftlich, ja sogar freundschaftlich. Das hat sich seit Rößlers Wiederwahl im Juni geändert. Der Ton ist schärfer geworden, die Verwaltung geriet unter Druck. Dafür gibt es mehrere Gründe. Dadurch, dass Anita Kruppert nicht mehr als Beigeordnete gewählt wurde, fehlte Rößler eine Vertretung, die Zeit hatte, sich auskannte und von den Bürgern akzeptiert war. Gleichzeitig forderte die boomende Stadt den Bürgermeister mehr denn je. Ein Teilzeit-Ehrenamtler kann dies kaum noch leisten. Die Unzufriedenheit über nicht oder nur zögerlich umgesetzte Projekte hat die Stadtverwaltung in Person von Otmar Rößler zuletzt immer stärker zu spüren bekommen. Nun zieht er die Reißleine - und tut sich und seiner Gesundheit damit sicherlich einen großen Gefallen. a.follmann@volksfreund.de

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