So kommen Fußgänger und Radfahrer aneinander vorbei

Schweich/Waldrach · Radwege in freier Natur dienen dem Freizeitspaß - sie bergen aber auch erhebliches Streitpotenzial. Radler, Walker, Inlineskater und Hundebesitzer teilen sich die schmalen Asphaltbänder, was leicht zu Konflikten führt. Wer hat welches Recht auf einem gemeinsamen Geh- und Radweg? Der Trierische Volksfreund hat nachgefragt.

 Unterschiedliche Interessen: Die Benutzung der gemeinsamen Wege erfordert Rücksichtnahme und Einfühlungsvermögen. TV-Foto: Katja Bernardy

Unterschiedliche Interessen: Die Benutzung der gemeinsamen Wege erfordert Rücksichtnahme und Einfühlungsvermögen. TV-Foto: Katja Bernardy

Gereizte Stimmung beim Sonntagsausflug: Sportlich motivierte Radfahrer erwarten, dass Fußgänger zur Seite springen, wenn sie heranrauschen, Hundebesitzer gönnen ihrem Tier Freilauf, ohne Rücksicht auf die Ängste anderer, und Familien fahren gemütlich plauschend nebeneinander her, als gehöre der Weg ihnen allein, dazwischen Inlineskater mit "artistischen Einlagen". Das Leben könnte so schön sein auf diesen autofreien Asphaltbändern, wenn nur die anderen nicht wären. Platz genug scheint jedenfalls vorhanden zu sein.
"Im Kreis Trier-Saarburg gibt es schätzungsweise rund 460 Kilometer Radwege", teilt Kreis-Sprecherin Barbara Weiter-Matysiak mit. Viele sind als gemeinsame Geh- und Radwege ausgeschildert. Etwa die beliebte Ruwer-Hochwald-Strecke, der Moselradweg oder die Sauertalstrecke. Nicht immer kommen Radfahrer, Fußgänger, Inlineskater und Hundebesitzer gut aneinander vorbei. Wer darf was auf den gemeinsam genutzten Wegen? Das blaue Schild mit der horizontalen Unterteilung besagt, dass es keine speziellen Markierungen für Radfahrer und Fußgänger gibt. "Generell gelten für alle Verkehrsteilnehmer einige wichtige Grundregeln, die in der Straßenverkehrsordnung definiert sind", sagt Reinhard Rothgerber, Pressesprecher des Trierer Polizeipräsidiums auf Anfrage (siehe Extra). Allein das Beachten dieser Regeln könne schon dazu beitragen, die geschilderten Situationen erst gar nicht eintreten zu lassen. Fabian Bauer, Kreis-Chef des Allgemeinen Deutschen Fahrradclubs (ADFC), rät vor allem zu mehr Einfühlungsvermögen: "Sich in den anderen hineinzuversetzen und Rücksicht aufeinander nehmen, ist das A und O."
In manchen Gebieten nutzten auch Landwirte und Winzer den Geh- und Radweg, um ihre Flächen zu bewirtschaften. Da sei es ein paar Mal zu Streitereien mit Radfahrern gekommen, weiß Bauer. "In einigen Gegenden seien deshalb Schilder mit der Aufschrift "Nehmt Rücksicht aufeinander" aufgestellt worden.

In den Polizeidienststellen des Kreises und der Stadt ist der Konflikt der gemeinsamen Rad- und Gehwege zwar bekannt, gerufen werden die Beamten aber fast nur nach größeren Kollisionen zwischen Radfahrern. Dies sei die häufigste Unfallart, sagt Friedhelm Fleischmann von der Polizeiinspektion Schweich. Einen schwer verletzten Radfahrer hat Fleischmann in seiner Statistik 2010, ein Solounfall auf dem Ruwer-Hochwald-Radweg. "Die meisten Vorfälle auf den Wegen regeln die Leute wohl unter sich, und auch zu den Streitereien werden wir nicht hinzugezogen", sagt der Beamte. Dies bestätigen Armin Wacht von der Polizeiinspektion Saarburg und Reinhard Rothgerber vom Trierer Polizeipräsidium. In den meisten Fällen bleibe es bei Wortgefechten, sagt Rothgerber. Er kenne keine Fälle, die bei der Polizei Trier gelandet wären. Michael Wahlen von der Polizeiinspektion Hermeskeil kennt nur zwei Unfälle mit leicht verletzten Radlern, geschehen 2009 und 2010 auf dem Ruwer-Hochwald-Radweg bei Kell. Nicht alle Vorfälle würden gemeldet, sagt Wahlen, "aber uns ist zu Ohren gekommen, dass sich Radfahrer rüpelhaft verhalten". Merkbar zugenommen habe die unerlaubte Benutzung dieser Wege durch Mofa- und Quadfahrer sowie durch Reiter. f.k.

Die Straßenverkehrsordnung gilt auch auf den gemeinsamen Rad- und Gehwegen. Danach müssen Radfahrer rechts und grundsätzlich einzeln hintereinander fahren. Nebeneinander Radeln ist nur erlaubt, wenn dadurch andere nicht behindert werden. Auf welcher Seite sich Fußgänger auf gemeinsamen Geh- und Radwegen bewegen dürfen, ist nicht geregelt. Für Inlineskater gelten dieselben Vorschriften der Straßenverkehrsordnung wie für Fußgänger. Ob Hundebesitzer ihre Tiere anleinen müssen oder nicht, regelt die jeweils zuständige Kommune, durch die der Geh- und Radweg verläuft. In den sieben Verbandsgemeinden im Kreis Trier-Saarburg sei dies seit 2010 über eine einheitliche Verordnung geregelt, sagt Experte Guido Jörg vom Fachbereich Bürgerdienste der Verbandsgemeindeverwaltung Hermeskeil. Auf gemeinsamen Geh- und Radwegen müssten Hunde bei sogenanntem Begegnungsverkehr angeleint werden. Heißt: Wenn jemand kommt, muss der Hund an die Leine. Auf Geh- und Radwegen in der Stadt Trier müssen Hunde immer angeleint bleiben. kat
Meinung

Regeln gelten für alle!
Konflikte auf Rad- und Gehwegen entstehen immer dann, wenn einzelne Vertreter bestimmter Interessengruppen meinen, alle Rechte für sich gepachtet zu haben: Rennsportler scheuchen langsame Genussradler und Spaziergänger, junge Inline-Akrobaten tauchen als Seniorenschreck auf, oder der Hundefreund gönnt seinem Tier ein ungehindertes Freilaufstündchen, denn Hasso "mag ja Fremde und will so gerne spielen". Nur wollen nicht alle Fremden mit Hasso spielen. Und die Mutter mit Kinderwagen oder der 80-jährige Spaziergänger am Stock können nicht einfach seitwärts in die Büsche hechten, weil ein verhinderter Tour-de-France-Champ meint, seine Grenzen und die seines Rennrads ausloten zu müssen. Es sind nicht die Radfahrer, nicht die Hundebesitzer oder die Fußgänger, die für Unmut sorgen. Es sind diejenigen, die glauben, dass die (Verkehrs-)Regeln nur für andere gelten, aber nicht für sie selbst. f.knopp@volksfreund.de

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