Streit um Bauvorhaben: Statt Einigung ein neuer Prozess

Waldrach · Bis Ende März sollten sich ein Ehepaar aus Waldrach und die Ortsgemeinde geeinigt haben, wie sie nach Jahren ihre Streitigkeiten beilegen. Doch das scheint nicht so richtig zu funktionieren.

Der Vorschlag von Richterin Nancy Poser bei einer Verhandlung vor dem Amtsgericht Trier Mitte Februar war einfach und ist damals auch von den beiden Parteien so angenommen worden: Vertreter der Ortsgemeinde Waldrach und das Ehepaar Neisius setzen sich an einen Tisch und regeln im Idealfall zwei Dinge: Wie geht es weiter mit dem Bau eines Hauses der Familie in Waldrach, durch den sich die Ortsgemeinde in ihren Rechten verletzt sieht? Und was geschieht mit einem Regenrückhaltebecken, das die Gemeinde zum Teil auf einem Grundstück der Familie Neises gebaut hat (der TV berichtete)? Damit wäre ein Streit zwischen der Familie und der Ortsgemeinde beendet worden, der seit Jahren die Gerichte beschäftigt (siehe Info).

Bis Ende März sollte eine Einigung gefunden sein. Anfang April sind beide Parteien offensichtlich weit davon entfernt, die Dinge zu klären. Im Gegenteil. Der Trierische Volksfreund hat beide Seiten nach dem Stand der Dinge befragt. Ortsbürgermeister Heinfried Carduck hat sich nicht geäußert. Markus Neisius sagt, dass es einen Gesprächstermin gegeben hat. Ein weiterer Termin sei mit dem Hinweis auf die Erkrankung von Bürgermeister Bernhard Busch verschoben worden. Dies hat auch Reinhard Lichtenthal, erster Beigeordneter der Ortsgemeinde Waldrach, bestätigt. Warum nicht Karl-Heinrich Ewald als erster Beigeordneter und somit Vertreter Buschs hinzugezogen wurde, ist offen. Auf TV-Anfrage teilt Ewald mit, dass er in dieser Woche hausintern klären will, wie es in dieser Sache weitergehen soll.

Fest steht derweil, dass die Ortsgemeinde wenige Tage nach dem ersten Gespräch das Ehepaar Neisius vor dem Landgericht Trier verklagt hat. Laut Schreiben des Rechtsanwalts der Gemeinde klagt die Kommune, weil der letzte Versuch zur außergerichtlichen Klärung gescheitert sei. Künftig soll das Ehepaar nicht mehr behaupten dürfen, dass es sich bei der Vereinbarung zwischen Gemeinde und Ehepaar über die Pacht eines gemeindlichen Grundstücks um einen Knebelvertrag handelt. Dieses Pachtland dient als Zufahrt zum Haus. 250000 Euro Ordnungsgeld oder zwei Jahre Ordnungshaft sollen drohen, falls das Ehepaar erneut von einem Knebelvertrag spricht. Zudem will die Kommune gerichtlich erreichen, dass das Ehepaar ein Grundstück der Gemeinde nicht nutzen darf. Weder, um dort ungefragt Baumaterialien zu lagern, noch um über das Gemeindegrundstück eine Garage anzufahren. Ein Gütetermin sowie ein möglicher Prozesstermin vor dem Landgericht sind für den 15. August festgelegt worden.

Bereits in dieser Woche sehen sich beide Parteien vor Gericht wieder. Am 4. April geht es laut Neisius in Koblenz vor dem Oberverwaltungsgericht um das Regenrückhaltebecken. Das hatte die Gemeinde gebaut. Dabei war auch Gelände genutzt worden, das zwischenzeitlich in den Besitz der Familie Neisius gelangt ist.

Info
Worum geht es eigentlich beim Hausstreit?
Seit 2014 gibt es Streit um ein Hausprojekt in der Hermeskeiler Straße in Waldrach. Ursprünglich sollte nur eine alte Schreinerei zu Wohnzwecken umgebaut werden. Aufgrund von Schäden an der Bausubstanz musste dann mehr als ursprünglich geplant verändert werden. In zahlreichen Gerichtsverfahren ging es bisher unter anderem um die Frage, ob das Gebäude nicht zu nahe an der Ruwer steht. Streit gab es auch um die Nutzung eines Grundstücks zwischen der Baustelle und der Hermeskeiler Straße, das der Ortsgemeinde gehört und das die Bauherren genutzt haben. Die Gemeinde platzierte daraufhin Steine auf ihren Flächen, die sie inzwischen jedoch teilweise zur Seite gerückt hat.

Kommentar

Der Streit treibt seltsame Blüten

Beim Prozess um die Steine auf dem Waldracher Gemeindegrundstück hatte die Amtsrichterin die Vertreter der Ortsgemeinde auf den Rechtsgrundsatz des Schikaneverbots hingewiesen. Es wirkt so, als ob dieser Hinweis nicht angekommen ist, dass eine Gemeinde einem Bürger weder extra Steine in den Weg legen noch ihn in die Enge treiben soll. Es ist nichts anderes als Schikane, wenn man einem Bürger 250000 Euro Ordnungsgeld oder zwei Jahre Ordnungshaft androht, wenn dieser eine Vereinbarung mit der Ortsgemeinde als Knebelvertrag bezeichnet.
Der Streit um das Hausprojekt treibt immer seltsamere Blüten und wird zusehends zur Farce. Da passt es ins Bild, dass der erste Beigeordnete der Ortsgemeinde von einer Verschiebung eines zweiten Gesprächs mit den Bauherren spricht, während der Rechtsanwalt der Kommune das erste Gespräch bereits Tage zuvor als gescheitert bezeichnet hat, weshalb nun geklagt werden müsse. Irgendetwas scheint schiefzulaufen in Waldrach. Und es ist niemand in der Lage, die Sache endgültig zu klären. Das ist ein Armutszeugnis.
h.jansen@volksfreund.de

Meistgelesen
Neueste Artikel
Zum Thema
Aus dem Ressort