Synagoge zeigt jüdisches Leben in Leiwen

Mit einem Festakt in der Schweicher Synagoge ist die seit einem Jahr bestehende Ausstellung "Jüdisches Leben in und um Schweich" erweitert worden. Eine Tafel mit der Geschichte der Juden aus der Moselgemeinde Leiwen und weiteren Interviews mit Zeitzeugen ergänzt die Schau.

 Um die neue Ausstellungstafel versammelt haben sich (von links): René Richtscheid, Hermann Erschens, VG-Bürgermeister Berthold Biwer, Gerd Voremberg und Benz Botmann von der jüdischen Gemeinde Trier. TV-Foto: Sandra Blass-Naisar

Um die neue Ausstellungstafel versammelt haben sich (von links): René Richtscheid, Hermann Erschens, VG-Bürgermeister Berthold Biwer, Gerd Voremberg und Benz Botmann von der jüdischen Gemeinde Trier. TV-Foto: Sandra Blass-Naisar

Schweich. (sbn) Der jüdische Friedhof sei heute die einzige noch sichtbare Erinnerung an die ehemalige jüdische Gemeinde im Ort. Daran erinnerte der Leiwener Ortsbürgermeister Claus Feller beim Festakt zur Erweiterung der Ausstellung um jüdisches Leben in Leiwen in der vollbesetzten Schweicher Synagoge. Dabei handele es sich nicht um ein fertiges Endprodukt, betonte Rene Richtscheid vom Wittlicher Emil-Frank-Institut. Die Ausstellung soll sukzessive durch Recherche in den umliegenden Moselgemeinden erweitert werden. Leider seien 95 Prozent aller Dokumente verlorengegangen.

Der Leiwener Historiker Hermann Erschens blickte in seinem Vortrag zurück auf eine Verordnung des Trierer Kurfürsten Johann von Schöneberg von 1592. Darin beklagt der, "dass sich trotz seiner vor Jahren verordneten Ausweisung der Juden aus dem Kurfürstentum, immer noch Juden in Fell, Longuich und Leiwen ohne Geleit (das bedeutet ohne Aufenthaltserlaubnis) aufhalten".

Die meisten Leiwener Juden seien Viehhändler gewesen, sagte Erschens. Eine Familie habe Brennereiprodukte und Kellereiartikel verkauft. Die Frauen führten Lebensmittel-, Kolonialwaren, Schuh- und Textilgeschäfte, während die Männer ihren Handelsgeschäften nachgingen. Es habe auch einen Bäcker und einen Metzger gegeben. Das erste Bethaus, 1825, sei ein kleines Haus an der Ecke Eucharius/Laurentiusstraße gewesen. Die Synagoge in der Römerstraße wurde 1913 eingeweiht.

Das Verhältnis von Juden und Nichtjuden im Dorf sei "so gut oder weniger gut gewesen wie das zwischen den Christen im Ort", berichtete Erschends. Anlass zum Konflikt habe vor allem der Handel geboten. Hauptvorwurf der Bauern gegenüber den jüdischen Händlern war, sie würden Wucher treiben und beim Handeln betrügen. Kleidung, Kopfbedeckung, Bart und Schäfchenlocken, das Tragen des Gebetsmantels - das alles habe vor allem die Jüngeren zu Spott verleitet. "Der Jude war im Allgemeinen auch der Sündenbock für alle Fehl- und Schicksalsschläge."

Nach der Machtergreifung Hitlers habe der bis dahin verdeckte Antisemitismus bei einigen Leiwenern sein hässliches Gesicht gezeigt. Geschäfte seien boykottiert, Fensterscheiben eingeworfen worden und der Kustos der Synagoge, Moses Schloss, sei in der Reichspogromnacht mit vorgehaltener Pistole gezwungen worden, mit anderen die Tora-Rollen, Gewänder, Bücher, Kerzen und Leuchter zur Mosel zu bringen und dort zu verbrennen. Etwa die Hälfte der Leiwener Juden, informierte Erschens, konnte sich ins Ausland retten, die anderen wurden in Konzentrationslagern ermordet oder starben auf der Flucht.

Musikalisch umrahmt wurde der Festakt in der Synagoge vom Vokalensemble und Projektchor St. Martin unter der Leitung von Dekanatskantor Johannes Klar mit Werken von Felix Mendelssohn Bartholdy, am Klavier begleitete Klaus-Peter Bungert.

ExtraIn Zusammenarbeit mit dem Emil-Frank-Institut Wittlich möchte das Dekanat Schweich-Welschbillig die Kooperation mit Schulen und Jugendarbeit aufbauen. Es werden Seminare angeboten, in denen die Geschichte des Judentums in der Region behandelt wird, pädagogische Hilfsmittel werden zur Verfügung gestellt. Information unter Telefon 06502/937-450 oder E-Mail dekanat.schweich-welschbillig@bistum-trier.de (sbn)

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