Täuschend echt und für Obama

Vor ihrem eigentlichen Termin hat die amerikanische Präsidentschaftswahl bereits in Schweich stattgefunden — als Schulprojekt des Dietrich-Bonhoeffer-Gymnasiums. Nach flammenden Wahlkampfreden, die die Englisch-Leistungskurse der Jahrgangsstufe 12 hielten, gingen alle Schüler ab der achten Klasse zur Urne und stimmten ab — mehrheitlich für Barack Obama.

Schweich. Die Simulation ist täuschend echt. In der Mensa des Dietrich-Bonhoeffer-Gymnasiums herrscht mit blau-weiß-roten Luftballons, US-Flaggen und Transparenten mit der Aufschrift "Vote for Change" die Atmosphäre einer amerikanischen Wahlkampf-Veranstaltung. Verantwortlich dafür waren die von Julie Lennig und Barbara Klein geleiteten Englisch-Leistungskurse der Jahrgangsstufe 12. Sie haben sich in den zurückliegenden Wochen eingehend mit der US-Wahl und ihren Kandidaten beschäftigt und ihre Mitschüler ab der achten Klasse, die im Unterricht ebenfalls das Thema USA bearbeitet haben, zu einer Testwahl eingeladen. Das Projekt war ein Rollenspiel, das zeigen sollte, wie es sich anfühlt, jemanden in das mächtigste Amt der Welt zu wählen. Dafür waren sie selbst in die Rollen von McCain, Obama und deren Befürwortern geschlüpft.

Zuerst sollte das "Obama-Lager" die "Wähler" überzeugen. Das gelang, wie im realen US-Wahlkampf, mit einer Mischung aus Sympathie und Sachbezogenheit, allerdings auch ohne große Mühen, denn die Stimmung im Saal war recht eindeutig pro Obama. Erst wurden kurz Obamas Jugend und Dynamik, seine Biografie als Sozialarbeiter und Bürgerrechtsanwalt herausgestellt. Dann skizzierten Obama-Darsteller in authentisch klingenden Reden die Antworten des Hoffnungsträgers auf Probleme im Zusammenhang mit Wirtschaftskrise, Klimawandel, Bildung, Gesundheit, Einwanderung und Sicherheit.

Auch das "McCain-Lager" brachte seinen Kandidaten sehr authentisch auf die Bühne. Unter Nutzung von Original-Werbespots und Zitaten wurde er als Patriot mit ausgeprägtem Schwarz-Weiß-Denken gezeichnet, der sich weniger mit Antworten auf Sachfragen als mit Abgrenzung gegenüber Feindbildern profiliert. Sehr stark betonten die Schüler den biografischen Hintergrund des ehemaligen Soldaten. In ihren rhetorisch ausgezeichneten, in fast fehlerfreiem Englisch vorgetragenen Präsentationen zeigen beide Leistungskurse treffende Analysen der Persönlichkeiten, Strategien und Wirkungen der US-Präsidentschaftsanwärter. Fragen dazu gab es kaum aus dem Publikum, dort wurde vielmehr den Wahlzetteln entgegengefiebert. Alia Junk sagte: "Ich wähle Obama, weil er gegen Krieg ist und weil McCain zu sehr an Bush erinnert." Und auch das Bekenntnis von Dominik Melchiors: "Meine Wahl ist Obama, weil er mehr für die Menschen im Land tut", nahmen ein Ergebnis vorweg, das mit 205 zu 22 Stimmen für Barack Obama sehr klar ausfiel und überdies aktuelle Umfragen in Deutschland bestätigte. Der eigentliche Nutzen des Projekts aber liege woanders, meinte Englischlehrer Christian Treinen: "Die Schüler waren wie elektrisiert, haben Zeitungen gelesen, sich informiert, sich ein Urteil gebildet, mitgespielt. Ich glaube, das hat nachhaltige Wirkung."

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