Tödliche Fahrlässigkeit am Steuer

Schlusspunkt im Prozess um den tödlichen Unfall einer 17-jährigen Schülerin aus Farschweiler: Am zweiten Verhandlungstag vor dem Amtsgericht Trier wurde der Angeklagte wegen fahrlässiger Tötung zu einer Geldstrafe in Höhe von 10 800 Euro verurteilt.

Trier/Farschweiler. Der 39-Jährige hatte am 21. November 2008 auf der B 52 bei Farschweiler die 17-jährige Nadine Bigge mit seinem Auto erfasst. Die Schülerin starb noch an der Unfallstelle. Sie war dort an der Haltestelle "Sternfeld" aus einem Bus ausgestiegen und wollte bei Dunkelheit die Fahrbahn überqueren.

Zur Klärung des Unfallhergangs, für den es keine direkten Augenzeugen gab, hatte die Staatsanwaltschaft Trier ein umfassendes technisches Gutachten in Auftrag gegeben. Der Sachverständige kam darin zu dem Schluss, dass der Fahrer das in Höhe der Haltestelle zulässige Höchsttempo von 70 km/h um rund 40 km/h überschritten habe.

Darauf stützt nun Oberstaatsanwalt Thomas Albrecht seine Anklage: "Hätte der Fahrer die vorgeschriebenen 70 km/h eingehalten, wäre der Unfall vermeidbar gewesen."

Vier Beweisanträge der Verteidigung



Vergebens versucht Verteidiger Friedemann Ulbrich, dieses für seinen Mandanten fatale Ergebnis zu unterhöhlen: Ein von ihm am beantragtes gerichtsmedizinisches Gutachten bestätigt nur die Ergebnisse des technischen Gutachtens. Gestern, am zweiten Verhandlungstag, beantragt Ulbrich in kurzer Folge drei weitere Gutachten. Mit dem Hinweis auf das äußerst umfassende Hauptgutachten weist Richter Kai Flesch die Anträge ebenso in Folge zurück.

So vergehen rund zwei Verhandlungsstunden. Dann bittet Richter Flesch um die Plädoyers. Oberstaatsanwalt Albrecht unterstreicht nochmals, dass der Unfall bei angemessenem Tempo vermeidbar gewesen wäre. Zugunsten des Angeklagten spreche seine Vita - nicht vorbestraft, auch nie als Verkehrsrowdy aufgefallen und seine Betroffenheit über das Geschehen. Auch ein gewisses Mitverschulden des Opfers beim Überqueren der dunklen Fahrbahn sei nicht auszuschließen. Albrecht: "Das Verhalten des Fahrers am jenem Novemberabend 2008 war erheblich fahrlässig - grobe Fahr lässigkeit, die zur Freiheitsstrafe führt, ist dies noch nicht." Sein Antrag: 12 600 Euro Geldstrafe.

Dem schließt sich Rechtsanwalt Anton Jakobs als Vertreter der Nebenkläger an. Er verweist auch auf die Leiden der Angehörigen in einem Verfahren wie diesem, bei dem der Tod eines geliebten Menschen auf der Ebene von technischen, physikalischen und medizinischen Fakten diskutiert werde.

Einen Freispruch beantragt Verteidiger Ulbrich. Er spricht von Selbstverschulden, von einem riskanten Versuch des Opfers, noch vor dem herannahenden Auto über die dunkle Fahrbahn zu laufen. "Wie aus dem Nichts heraus" sei die Jugendliche plötzlich vor dem Auto des Mandanten aufgetaucht.

Am Ende verkündet Richter Flesch das Urteil: 10 800 Euro Geldstrafe. "Bei diesen denkbar schlechten Sichtverhältnissen wären womöglich schon die dort erlaubten 70 km/h zu schnell gewesen", sagt Flesch.

Die Frage, ob er das Urteil annehme, will der Angeklagte unmittelbar nach der Verkündung noch nicht beantworten. Extra Von einem "sehr aufwühlenden Verfahren" für die Eltern spricht Christian Bigge, der Vater des Unfallopfers. Er dankt seinem Nebenklagevertreter Anton Jakobs, der "uns darauf vorbereitet hat, dass in einem solchen Verfahren der Tod eines Menschen als physikalisch-technisches Ereignis diskutiert wird". Ob Freiheits- oder Geldstrafe, sei nicht wichtig. Bigge: "Wichtig ist, dass ich ein Jahr nach Nadines Tod die Frage ihrer Geschwister beantworten kann, ob der Fahrer dafür bestraft wird." Und der Angeklagte: "Diese Sache werde ich für immer mit mir herumtragen. Und irgendwann werde ich sie meinen Kindern erklären müssen."

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