Tante Emmas zweiter Tod

Nach dem Stadtladen in Trier hat auch der Dorfladen in Igel dicht gemacht. Von den drei Einzelhandelsgeschäften der Bürgerservice GmbH in der Region Trier hat letztlich nur der Laden in Sirzenich überlebt.

Igel. Am 1. März 2007 sollte mit dem Dorfladen in der Trierer Straße eine neue Nahversorgungs-Ära in Igel beginnen; sie währte noch nicht mal ein Jahr. "Wir haben unsere Umsatzzahlen nicht annähernd erreicht", nennt Geschäftsführer Horst Schneider vom Betreiber Bürgerservice GmbH den Hauptgrund für die Schließung. Die Kunden seien ausgeblieben. So lautete auch das Argument für die Schließung des "Stadtladen Wedico" am Georg-Schmitt-Platz in Trier, den knapp zwei Jahren nach seiner Eröffnung das Aus ereilte.Sirzenicher Laden soll 2008 schwarze Zahlen schreiben

Dabei sollten mit dem Bürgerservice-Projekt die Tugenden der alten Tante-Emma-Läden wieder aufleben: der Laden im Zentrum als Versorgungs- und Kommunikationsstelle im Dorf. Neben dem Aufbau dörflicher Strukturen wurde auch das Ziel verfolgt, Arbeitsplätze im ländlichen Raum zu schaffen; insbesondere sollten benachteiligte Menschen eine Chance erhalten. Der Laden in Igel habe sich mit seinen rund 100 Kunden am Tag nur zu etwa 80 Prozent getragen, sagt Horst Schneider. Den Verlust habe man angesichts der angespannten wirtschaftlichen Situation des Bürgerservice nicht weiter mitschleppen können. Dennoch ist Schneider weiter von der Idee der Dorfläden überzeugt und will sie an weiteren Orten etablieren. Sirzenich beweise, dass es funktioniere. Schneider: "Ich hoffe, dass wir dort 2008 schwarze Zahlen schreiben." Der Geschäftsführer setzt bei künftigen Laden-Projekten darauf, dass voraussichtlich ab dem 1. April auch gewerbliche Betriebe gefördert werden, wenn sie Langzeitarbeitslose einstellen. Bisher gilt diese Job-Initiative nur für gemeinnützige Tätigkeiten. Damit, so Schneider, könnten Lücken wie in Igel kompensiert werden.Ortsbürgermeister Franz-Josef Scharfbillig bedauert die Schließung. Eine mögliche Ursache sei die Parksituation an der Hauptstraße. Kunden seien ja da gewesen, meint er, aber die Einkaufsmenge habe gefehlt. "Mir tut's leid, und so denken viele im Ort", sagt Ex-Kundin Therese Robling. Jetzt fährt sie mit dem Bus nach Trier einkaufen. Für die Fahrkarte zahlt sie 3,70 Euro. "Dafür hätte ich mir im Dorfladen schon einiges kaufen können." ahs/ma Meinung Schnäppchen-Mentalität Geiz ist geil. An dieser Haltung sind die Tante-Emma-Läden zugrunde gegangen. Nun droht auch das Konzept der Dorfläden an der Schnäppchen-Mentalität der Gesellschaft zu scheitern. Für eine Grundversorgung mit Lebensmitteln im eigenen Wohnort heben viele die Hand, aber nur wenige sind bereit, mit Einkäufen dazu beizutragen, dass der Laden nachhaltig betrieben werden kann. Nun gucken insbesondere Ältere und Bewohner ohne Auto in die Röhre. Dass das Konzept des Bürgerservice funktionieren kann, zeigt das Beispiel Sirzenich. a.follmann@volksfreund.de

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