Zoff um Wohnhausbau in Waldrach eskaliert

Waldrach · Seit 2014 streiten ein Investor und die Gemeinde Waldrach um ein Bauvorhaben. Nun sind die Auseinandersetzungen eskaliert.

 Das Gelände zwischen Absperrbaken und Holzhaus gehört der Ortsgemeinde Waldrach und wird am Donnerstag mit Steinquadern abgegrenzt. Am Donnerstag kommender Woche wird sich das Amtsgericht Trier mit diesem Thema beschäftigen. TV-Foto: Harald Jansen

Das Gelände zwischen Absperrbaken und Holzhaus gehört der Ortsgemeinde Waldrach und wird am Donnerstag mit Steinquadern abgegrenzt. Am Donnerstag kommender Woche wird sich das Amtsgericht Trier mit diesem Thema beschäftigen. TV-Foto: Harald Jansen

Foto: (h_tl )

Die Schriftsätze füllen inzwischen wohl mehrere Aktenordner. Rechtsanwälte, ein Schiedsmann sowie mehrere Gerichte haben sich mit dem Bauprojekt befasst, bei dem sich seit 2014 die Ortsgemeinde Waldrach und ein Investor offensichtlich nicht einig werden: Dem Bau eines Wohnhauses in der Hermeskeiler Straße (der TV berichtete). Nun will die Ortsgemeinde ihr Recht mit Steinen durchsetzen.

Die Ausgangslage Alexandra und Markus Neisius haben in Waldrach ein Grundstück gekauft, um eine dort stehende alte Schreinerei umzubauen und diese für Wohnzwecke zu nutzen. Die Bausubstanz stellt sich während der Arbeiten als so marode heraus, dass unter anderem eine neue Dachkonstruktion errichtet wird. Es folgen Baustopps, Gespräche, Gerichtsverhandlungen und Urteile. Unter anderem geht es um die Frage, ob das Gebäude möglicherweise zu nah an der Ruwer steht.

Der aktuelle Streitpunkt Die Ortsgemeinde Waldrach hat kurz vor Jahresende erneut versucht, die Arbeiten zu stoppen, weil sie sich in ihren Rechten verletzt sieht. Deshalb hat sich Reinhard Lichtenthal, erster Beigeordneter der Gemeinde, bei der zuständigen Kreisverwaltung gemeldet. Dazu sagt Thomas Müller, Pressesprecher der Kreisverwaltung, dass der nach der Landesbauordnung zwingend vorgesehene Grenzabstand von drei Metern durch das Neubauvorhaben Neisius nicht eingehalten wird.

Das neue Gebäude liegt nur zwischen 1,54 und 1,91 Meter von der Grenze entfernt. Sowohl Reinhard Lichtenthal als auch Ortsbürgermeister Heinfried Carduck wollen sich persönlich zum Stand des Verfahrens nicht äußern.
Das übernimmt Rechtsanwalt Alfred Bores, der die Ortsgemeinde juristisch vertritt. Er weist darauf hin, dass der Mindestabstand von drei Metern vom Gebäude zu einem Grundstück im Besitz der Gemeinde nicht gewahrt sei. Dies sei bekannt gewesen, habe aber bei der Genehmigung des Bauvorhabens keine Rolle gespielt. Dies ist auch der Standpunkt der Kreisverwaltung Trier-Saarburg.

Deren Sprecher Thomas Müller sagt, dass innerhalb des so genannten vereinfachten Verfahrens nicht geprüft werde, ob erforderliche Abstände zu Nachbargrenzen eingehalten würden. Es sei festzustellen, "dass das Bauvorhaben der Familie Neisius unter Nichtbeachtung der vom Gesetzgeber vorgegebenen Abstandsflächen zum Nachbargrundstück, das sich im Besitz der Ortsgemeinde Waldrach befindet, errichtet wurde."

Das Grundstück Seit einigen Jahren gehört der Ortsgemeinde das Stück Land mit der offiziellen Bezeichnung Flur 45, Grundstück 265. Das Areal grenzt an die Hausbaustelle und ist unbebaut. Dem Ehepaar Neisius hat die Ortsgemeinde ein Wegerecht eingeräumt. Die bebaubare Fläche beträgt unterm Strich rund 160 Quadratmeter.
Nach Auskunft von Rechtsanwalt Bores will die Ortsgemeinde keine Stellung dazu nehmen, was mit dem Grundstück geschehen soll. Deshalb bleibt die Frage offen, ob es überhaupt ein Bauvorhaben gibt, das durch ein zu nahe an der Grenze gebautes Gebäude negativ beeinflusst werde. In einem Schreiben an das Verwaltungsgericht Trier schreibt Anwalt Bores, dass es den Plan gegeben habe, dort Flüchtlingsunterkünfte zu errichten. Derzeit würden andere Verwendungsmöglichkeiten geprüft. Es bestehe Raumbedarf für die Volkshochschule und andere Vereine, da auf absehbare Zeit der Saal des Familienzentrums nicht mehr genutzt werden könne. Grund: Es gibt angeblich Platzprobleme im 2014 eröffneten Kindergarten.

Der Zaun Vor einigen Tagen ist auf dem ungenutzten gemeindeeigenen Gelände eine Absperrung mit Flatterband errichtet worden. Grund: Nach Auskunft von Rechtsanwalt Bores habe das Ehepaar Neisius mehrfach Aufforderungen ignoriert, die Benutzung des Grundstücks "auf das ihnen eingeräumte Geh- und Fahrrecht zu beschränken." Deshalb sei nun "der den Eheleuten Neisuis nicht zugängliche Bereich abgegrenzt worden."

Für Markus Neisius ist das Vorgehen der Gemeinde "schon lange nicht mehr nachvollziehbar." Die Steine bezeichnet er als ein Rückzugsgefecht, nachdem Beigeordneter Lichtenthal mit dem Versuch gescheitert sei, das Hausprojekt zu verhindern. Gegen die Abgrenzung hat Neisius eine einstweilige Verfügung beim Amtsgericht Trier erwirkt. Darin wird die Gemeinde aufgefordert, die Abgrenzungen unverzüglich zu entfernen. Statt des Flatterbands markieren nun Steinquader das Gelände, das der Gemeinde gehört und für das kein Wegerecht für das Grundstück Neisius eingetragen wird. Vor dem Amtsgericht Trier wird es am kommenden Donnerstag ein Verfahren in dieser Angelegenheit geben. Zudem ist die Baugenehmigung auch noch einmal Thema beim Oberverwaltungsgericht Koblenz.
KommentarMeinung

Um die Sache geht es wohl schon lange nicht mehr
Es geht im Streit um das Bauprojekt in Waldrach offensichtlich schon lange nicht mehr darum, eine sinnvolle Lösung zu finden. Sondern wohl darum, am Ende Recht zu bekommen und die gegnerische Partei zu besiegen. Es scheint, dass immer neue Kriegsschauplätze eröffnet werden, um am Ende doch noch zum Ziel zu gelangen. Die beteiligten Rechtsanwälte wird das freuen. Sie verdienen seit 2014 gut an den Gerichtsverfahren. Die Dauerfehde macht noch etwas deutlich: Einer der Anträge für die Gemeinderatssitzung am Montag zeigt, dass zumindest ein Teil der Ratsmitglieder nicht weiß, ob die Prozessiererei auch die Gemeinde Geld gekostet hat. Und offensichtlich gibt es auch Unklarheiten darüber, welche Prozesse seit 2014 von der Gemeinde geführt wurden und werden. Wenn es wirklich Informationsdefizite gibt, wirft das kein gutes Licht auf das Miteinander im Gemeinderat. Ratsmitglieder hätten deutlicher nachhaken müssen, was Ortsbürgermeister und erster Beigeordneter da im Namen der Gemeinde machen. Und die beiden hätten von sich aus offensiver die Karten auf den Tisch legen können. h.jansen@volksfreund.deRECHTSSTREIT THEMA AM MONTAG

Extra

Bei der öffentlichen Sitzung des Gemeinderats Waldrach am Montag, 13. Februar, 19 Uhr, im Rathaussaal geht es unter anderem um einen Antrag der SPD-Fraktion. Sie möchte wissen, welche Kosten der Gemeinde wegen der Auseinandersetzung um das Bauprojekt Neisius entstanden sind. Zudem sollen der Ortsbürgermeister und/oder der erste Beigeordnete informieren, welche Prozesse in der Vergangenheit im Namen der Gemeinde mit oder gegen die Familie Neisius, mit welcher Legitimierung geführt worden sind. Außerdem geht es um die erste Änderung des Bebauungsplans Sondergebiet Seniorenzentrum - In der Kaulwies. Gesprochen wird über die Stellungnahmen von Bürgern, Behörden und Institutionen. Zudem gibt es einen Antrag der CDU-Fraktion zur Raumsituation in der Kindertagesstätte Waldrach und im Familienzentrum.

Meistgelesen
Neueste Artikel
Zum Thema
Aus dem Ressort