Zwölf Äpfel in der Porz

Mahlen, drücken, fließen: Klaus Feiten aus Longuich ist einer der Viez-Produzenten der Region. Der TV hat ihm bei der urigen Herstellung des Kultgetränks über die Schultern geschaut.

 Viez-Herstellung: Klaus Feiten füllt die Kelter mit Apfelstücken. TV-Foto: Katja Bernardy

Viez-Herstellung: Klaus Feiten füllt die Kelter mit Apfelstücken. TV-Foto: Katja Bernardy

Longuich/Trier. (kat) "Sobald sie fallen, sind sie reif", sagt Iris Brandt vom "Duftenden Dorfgarten" in Longuich. Hunderte der erntereifen Äpfel hat sie in einem Korb gesammelt. "Die Erbachhofer Weinäpfel werden an der Mosel auch Schoafnoasen genannt", sagt Brandt. Tiefrot und sonnengelb leuchten die heimischen Früchte, die nach und nach in die Obstmühle purzeln und dort zerkleinert werden.

Währenddessen legt der Dorfgarten-Chef Klaus Feiten die Kelter mit einem Fliegennetz aus. "Sonst geht's durch die Fugen", erklärt der Obstbauer. Denn je später im Jahr, desto reifer seien die Früchte. Sieben Zentner Apfelmasse werden in dem urigen Kelter verteilt, bevor sie von schweren hölzernen Kelterdielen bedeckt werden. Und mit dem aufgesetzten Druckwerk geben die Äpfel ihren erdig rot-orangenen Saft frei.

"Das ist derselbe Effekt, wie wenn man zuhause mit der Hand Druck auf die Zitrone in der Presse ausüben muss", sagt Brandt und hält die Porz - einen Trinkkrug aus Porzellan - unter den fruchtigen Saftstrahl. Der naturreine ausgepresste und unvergorene Saft heißt "Süßer Most".

"Der erste Saft ist der beste. Eine schöne Belohnung für die Mühe", schwärmt die Gärtnerin, während sie den Krug in einem Zug leert. "Circa zwölf Äpfel sind in einer Porz", sagt Klaus Feiten. Aus den sieben Zentnern gewinnt er an diesem sonnigen Oktobermorgen rund 100 Liter süßen Most. Ein Teil geht über die Ladentheke unter freiem Himmel als "Süßer Viez", der andere Teil wird in Fässern im Keller gelagert. "In etwa 14 Tagen wird aus dem Direktsaft alkoholhaltiger Viez", sagt Feiten.

In diesem Jahr können die Liebhaber des Kultgetränks sich freuen. "Die Produktion wird gesteigert sein, weil wir zurzeit eine Mostobstschwemme haben", sagt Jürgen Schmidt vom Dienstleistungszentrum Ländlicher Raum Rheinpfalz in Trier. In der Region Trier gebe es fünf große Viez- Produzenten. "Sie produzieren etwa 20 bis 40 Fuder Viez", sagt Schmidt. Ein Fuder entspricht 1000 Litern. "Und es gibt jede Menge kleinere Viez- Produzenten."

Auch woher das Wort "Viez" stammt, kann Schmidt erklären: Es habe seinen Ursprung in der Zeit Napoleons. Der "vieze Wein" bedeute nach einer Überlieferung an zweiter Stelle oder Ersatz. Früher sei der Apfelwein, ein sogenanntes Armeleutegetränk gewesen. Wer sich keinen Wein leisten konnte, griff zum Viez. "Bei jungen Leuten wird Viez immer beliebter. Vor allem als Mischgetränk, wie Viez-Limo oder Viez-Sprudel", sagt Schmidt. Der Trend gehe zu einem herben trockenen Ton.

Und an heißen Sommertagen sei Viez das ideale Erfrischungsgetränk. Aber auch jetzt schmeckt der kultige Apfelwein - mit jedem Schluck scheint man die Herbstfülle zu kosten.

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