Zwei Schulen, eine Philosophie

Schweich/Trier · Im Schweicher Norden werden die Grundschule Schweich und die Treverer-Förderschule (noch in Trier) neu gebaut. Bezug soll 2018 sein, doch die räumlichen und pädagogischen Planungen laufen bereits auf Hochtouren. 170 Bürger bringen sich in Schweich auf den aktuellen Informationsstand.

Schweich/Trier. Es sei ein langer Prozess. Grundschule (GS) und Förderschule müssten zusammenwachsen. Die Chance, etwas Neues und Einmaliges zu machen, sollte man nutzen. Solche Wortbeiträge zogen sich wie ein roter Faden durch die Informationsveranstaltung am Mittwochabend im Schweicher Bürgersaal. Rund 170 Interessierte kamen, meist Eltern von Grundschülern und Kindergartenkindern aus Schweich, aber auch Eltern von Kindern, die die Treverer-Schule in Trier mit den Förderschwerpunkten Lernen und ganzheitliche Entwicklung besuchen. Beide Schulen sollen auf der grünen Wiese in Schweich neu gebaut werden und eng miteinander kooperieren. "Es passiert etwas Neues, das muss erst begriffen werden", sagte Albrecht Gerland vom Elternbeirat der Grundschule Bodenländchen. Deshalb sei es wichtig, auf dem laufenden zu bleiben und sich auszutauschen.
Ein flammendes Bekenntnis zur neuen Schule legte Christiane Horsch ab. Sie ist Bürgermeisterin der VG Schweich, in deren Trägerschaft die Grundschule ist. 2018 sollen die Partnerschulen bezugsfertig sein - wenn\' optimal laufe, so Horsch (siehe Extra). Probleme gebe es beim Grunderwerb. Es könne zum Enteignungsverfahren kommen, meinte der Schweicher Bürgermeister Otmar Rößler. Einige Eigentümer wollten nicht verkaufen.
"Wir bauen keine Doppelhaushälfte, wir gründen eine WG", bemerkte Grundschulleiterin Christina Steinmetz. Bei rund 300 Kindern werden an ihrer Schule fünf Kinder mit besonderem Förderbedarf betreut. Ab nächstem Schuljahr haben die Eltern ein Wahlrecht, ob ihr Kind eine Förderschule besuchen soll oder eine Schwerpunktschule, wie die Grundschule Schweich eine ist. "Wir werden nicht sofort 50 Prozent Kinder mit Förderbedarf in den Klassen haben und erst mal gucken, was geht", sagte Steinmetz. Ihr Kollege Franz Josef Schwaller von der Treverer-Schule spricht von "Kooperationen auf niedrigem Niveau im ersten Schritt". Dies betreffe Kinder im Grundschulalter; später sollen dann auch ältere Kinder in die Inklusion einbezogen werden.
Was im gemeinsamen Unterricht von Regel- und Förderkindern möglich ist, zeigte Wilfried W. Steinert. Gebannt verfolgten die Besucher die Präsentation des Experten (siehe Extra). Die Frage, ob die GS Schweich eine "Muss-Schule" sei (ja), oder Eltern eine andere Schule wählen könnten (nur in besonderen Ausnahmefällen), bezeichnete Steinert als "typisch Deutsch". In anderen Ländern sei man stolz auf die Schule als Teil der Bürgerschaft und der eigenen Identität.
Regierungsschuldirektor Klaus Isenbruck (ADD) ermunterte Schulen und Lehrer, die Verwaltungsvorschriften großzügig auszulegen. "Am wichtigsten ist das pädagogisch Sinnvolle, setzen Sie das frech um."Meinung

Sie müssen ihren Weg finden
Inklusion beginnt in den Köpfen - da hat Wilfried Steinert recht. Man wird den Schalter nicht von heute auf morgen umlegen können, das braucht Zeit. Das gilt für Schulträger, Schulleiter, Lehrer und Eltern. Die Schüler werden wahrscheinlich noch die wenigsten Probleme damit haben. Die Diskussion in Schweich hat gezeigt, wie wichtig eine transparente Begleitung beim Thema Inklusion ist, um bestehende Vorbehalte abzubauen. Die beiden Schulen sind auf einem guten Weg. Skandinavische Länder mögen Vorbilder sein, aber letztlich müssen die Schulen in Schweich im Rahmen ihrer Möglichkeiten kooperieren. a.follmann@volksfreund.deExtra

Wilfried W. Steinert (63) war Schulleiter der mehrfach ausgezeichneten integrativen Waldhof-Grundschule in Templin (Brandenburg). Er berät Schulen und gilt als Vorreiter inklusiver Unterrichtsmodelle. Eine Zitatensammlung aus seinem Vortrag in Schweich: "Jedes Kind muss gefördert werden. Der Anspruch auf inklusive Bildung beinhaltet eine frühzeitige und individuelle Förderung." "Schule wird für Kinder gestaltet und nicht Kinder für die Schule." "Ziel muss eine optimale Förderung zu einer selbstbewussten und neugierigen Persönlichkeit sein." "Die Stärken zu stärken ist ungleich sinnvoller als die Schwächen ausgleichen zu wollen." "Raum ist der dritte Pädagoge." "Inklusion verändert Schule und Unterricht. Nicht nur Schüler, auch Eltern und Lehrer müssen neu lernen." alfExtra

Grundschule: Voraussichtliche Fertigstellung: 2018, Raumkapazität: 2221 Quadratmeter, Kosten: rund zehn Millionen Euro plus vier Millionen Euro für eine Dreifeld-Sporthalle. (Zahlen für Treverer-Schule stehen noch nicht fest.) Weiteres Vorgehen: Planung für GS und Treverer-Schule wird als Wettbewerb ausgeschrieben. Es gibt eine Fachpreisjury mit Architekten und eine Sachpreisjury, der unter anderem Lehrer und Eltern angehören. alf

Meistgelesen
Neueste Artikel
Zum Thema
Aus dem Ressort