Harmonie im chinesischen Verkehrschaos

Elisa Limbacher und Andreas Lehrfeld leben und studieren ein Jahr in Triers neuer Partnerstadt Xiamen. Im dritten Teil der TV-Serie "Mail aus China" berichten die beiden Trierer Studenten über das Verkehrschaos - und den beneidenswert günstigen öffentlichen Personennahverkehr.

 Manchmal liefern sich die Busse regelrechte Wettrennen mit den Autos: Straßenverkehr in Triers chinesischer Partnerstadt Xiamen. Foto: Elisa Limbacher, Andreas Lehrfeld

Manchmal liefern sich die Busse regelrechte Wettrennen mit den Autos: Straßenverkehr in Triers chinesischer Partnerstadt Xiamen. Foto: Elisa Limbacher, Andreas Lehrfeld

Xiamen. Über den Straßenverkehr in Trier heißt es, er sei chaotisch, unübersichtlich, die Straßen seien zu eng und überhaupt sei alles schlecht geplant, schlecht gemacht und überall ist Baustelle. Ob das wirklich so ist, sei dahingestellt. Sind aber andererseits die Klischees über den chinesischen Verkehr wahr, über das Chaos auf Chinas Straßen?

Zunächst einmal die harten Fakten: Xiamen verfügt über eine enorme Zahl an Taxen, Buslinien und Fährmöglichkeiten zum Festland und auf die Insel Gulangyu. Zudem gibt es einen internationalen Flughafen, einen Hauptbahnhof, an dem man direkten Anschluss an die meisten der großen Städte Chinas bekommt, und das Expressbus-System BRT (Bus Rapid Transit).

Jetzt zur Realität: Als Trierer Fußgänger in Xiamen lebt man gefährlich. Was ein Zebrastreifen beispielsweise bedeutet, scheint sich hier noch nicht überall herumgesprochen zu haben, denn in Xiamen richten sich die Fußgängermassen nach dem Autoverkehr und nicht umgekehrt. Unser Tipp: immer an die geübten Xiamener halten, die wahre Meister in der etappenweisen Straßenüberquerung mit Hindernissen sind. Ampeln existieren zwar, werden aber seltener beachtet als in Deutschland. Hier gilt oft die Regel: Wenn kein Auto zu sehen ist, darf ich die Straße überqueren. Für den Autofahrer ist das aber auch nicht so schlimm, im Notfall wird kurz gehupt und der nervige Fußgänger geschickt umkurvt.

Ob es in Xiamen überhaupt Verkehrsregeln gibt? Natürlich - und sie werden auch von vielen eingehalten. Aber der Großteil der Xiamener Autofahrer verlässt sich halt doch lieber auf die eigenen Fahrkünste als auf das Gesetz. Überraschend dabei ist, dass der Verkehr trotz des morgendlichen und vorabendlichen Chaos auf Xiamens Straßen schadenfrei vonstatten geht. Vielleicht wirkt sich ja die große Harmonie von Gut und Böse, Ruhe und Chaos, Schnelligkeit und Langsamkeit, die in der traditionellen chinesischen Ying-Yang-Lehre gepredigt wird, praktisch auf das moderne China aus. Und was ist mit der Sicherheit? Damit wird - zumindest für unsere Maßstäbe - in Xiamen eher lässig umgegangen. Busse sind ein gutes Beispiel. In Stoßzeiten hoffnungslos überfüllt, liefern sich Busfahrer zuweilen auf gerader Strecke mit manchen Autos regelrechte Wettrennen. Durch die gewagten Bremsmanöver mancher Fahrer gewinnt auch der Begriff "Stop and go" eine völlig neue Bedeutung. Einige der älteren Busse quietschen beim Bremsen recht verdächtig und würden in Deutschland die Sicherheitsauflagen wohl nicht erfüllen.

Doch bei aller Kritik gibt es auch Positives zu berichten: Nach knapp sechs Monaten und vielen Fahrten in Xiamen waren wir selbst noch in keinen Unfall verwickelt. Und unschlagbar günstig sind die Preise im öffentlichen Nahverkehr. Eine Busfahrt kostet - unabhängig vom Fahrziel - umgerechnet 12 Cent, eine Taxifahrt nur wenige Euro.

Seitens des Staates sind Bemühungen zur Modernisierung, der Verkehrsregelung durch Geschwindigkeitskontrollen und um mehr Umweltfreundlichkeit zu erkennen: In der Sonderwirtschaftszone ist die benachbarte Insel Gulangyu beispielsweise autofrei und im Stadtgebiet sind fast ausschließlich Elektroroller unterwegs. Dass in China immer mehr Leute immer mehr Autos besitzen, führt allerdings auch in Xiamen zunehmend zu Problemen. ExtraXiamen ist eine Küstenstadt im Südosten der Volksrepublik China. Das Zentrum der Zwei-Millionen-Einwohner-Stadt liegt auf einer dem Festland vorgelagerten Insel. Die Stadt gehört zu den Wirtschaftszentren des chinesischen Küstengebiets und wurde vor kurzem zur saubersten Stadt Chinas gewählt. Xiamen wurde seit 1541 von Europäern als Handelshafen genutzt und war im 19. Jahrhundert der Hauptexporthafen für Tee. Es gibt mehrere führende Universitäten, so betreibt die Xiamen University das Konfuzius-Institut an der Uni Trier (Quelle: Wikipedia). Der Vertrag zur Städtepartnerschaft zwischen Trier und Xiamen wurde am 11. November in Trier formell besiegelt. Die 2008 gegründete Deutsch-Chinesische Gesellschaft pflegt die Partnerschaft ( www.dcg-trier.de). Es gibt aber auch kritische Stimmen, denn in Xiamen gibt es eins der vielen chinesischen Arbeitslager für Strafgefangene, unter dem Motto "Umerziehung durch Arbeit". (woc)

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