Der Urlaub und das halb volle Glas

So ein Urlaub weit weg von zu Hause tut einfach gut. In diesem Jahr haben mich Spanien und Frankreich auf ganz andere Gedanken gebracht. Sonne, Meer, maurische Dörfer und Paläste, Croissants, Tapas und Fiestas — ach, wie schön!

Doch so ein frischer Wind um die Nase bringt nicht nur Entspannung, er kann auch zu neuen Erkenntnissen führen. Was war ich doch beeindruckt, als ich auf der Rückfahrt mit dem Auto im französischen Radiosender von der Medaillenzahl der Franzosen hörte: 32, später dann 35. Als Olympia-Greenhorn schien mir das verdammt viel. Der Eindruck verstärkte sich noch, als ich in Grenznähe von der Medaillen-Bilanz der Deutschen erfuhr. Gerade mal 16, aber eben Goldmedaillen — das wirkte vergleichsweise mickrig. Erst zu Hause, als ich wieder uneingeschränkten Zugang zu den Medien hatte, wurde mir klar: Mit 41 Medaillen insgesamt und Platz fünf im Medaillenspiegel stehen die Deutschen richtig gut da. Und vor allem: Sie haben Frankreich mit seinen insgesamt 40 Medaillen, aber nur sieben Goldmedaillen weit hinter sich gelassen (Platz zehn im Medaillenspiegel). Ich begann zu verstehen. Da war sie wieder, diese deutsche Unart, nur die ersten Plätze wirklich zu zählen. Dabei sind doch auch Silber und Bronze nicht zu verachten. Und überhaupt, wo bleibt das olympische Motto "Dabei sein ist alles"?

In anderen Ländern scheint man sich auch an kleineren Erfolgen mehr freuen zu können. Da sieht man lieber die halb vollen als die halb leeren Gläser — und das nicht nur, wenn es um Rotwein geht. Das will auch ich nun versuchen. Also wird nicht lange lamentiert, dass der Urlaub rum ist. Alltag und Job haben auch ihre schönen Seiten, vor allem: Ich verstehe wieder problemlos alles, weil es auf Deutsch ist. Und der nächste Urlaub kommt bestimmt! Reisen bildet eben. Und ich bin für mehr Weiterbildung. ca/neb

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