Diagnose: Schätzschwäche

Ich bin, es sei gestattet, doch immer noch etwas ermattet. Denn die unmenschlichen Anstrengungen der letzten Tage sind auch an mir nicht spurlos vorbeigegangen. Ja, ich bekenne: Wenn's um den Karneval geht, da simmer dabei, dat findet die Paula prima.

Ob bei der Kappensitzung der Konzer Fastnachtsfrauen, beim Saarburger Nachtumzug oder zusammen mit meinen Kolleginnen vom Hela bei der Ruck-Zuck-Gaudi-Night in Hermeskeil - ich mache jede Narretei mit. Allerdings frage ich mich manchmal schon, ob die Jecken eine chronische Schätzschwäche oder besser gesagt einen notorischen Hang zum Übertreiben haben. Das beste Beispiel dafür habe ich am Rosenmontag erlebt. Ich verrate jetzt ausnahmsweise mal nicht, in welchem Ort ich mich mit Martin und den drei Kleinen an den Straßenrand gestellt habe. Sie wissen ja: Beim Lachen hört oft der Spaß auf, und ich will mir keine unnötigen Feinde machen. Also, es war zwar schon eine ganze Menge los, als es hieß: "D'r Zoch kütt". Dass "Milliunen Leut" da sind, war aber nun doch viel zu dick aufgetragen. Nun sei zur Ehrenrettung meines Bekannten, der Mitglied im veranstaltenden Karnevalsverein ist, gesagt: Er hat mich augenzwinkernd angeschaut und mir einen herzlichen Klaps auf die Schulter gegeben, als er mir das begeistert ins Ohr brüllte. Gelinde überrascht war ich dann aber am nächsten Tag, als selbst im seriösen TV davon berichtet wurde, dass beim Umzug Zehntausende den Narren zugejubelt hätten. Was mich dabei besonders beunruhigt hat: Bei der Zuschauerzahl wurde sich auf die Angaben der Sicherheitskräfte berufen. Als Augenzeugin beschleicht mich nun ein fast ungeheuerlicher Verdacht: Kann es sein, dass am Rosenmontag selbst Feuerwehr und Polizei alles doppelt sehen?

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