Luxemburger und der Rest

Momente des Glücks, pure Lust und innerer Frieden - das versprechen die verheißungsvollen Namen neuer Teesorten, die ich hübsch drapiert beim Urlauben in einer Hotellobby entdeckte. Meine Wahl: "wahre Liebe" (ein Erdbeer-Rhabarber-Mix).

Doch aus der samowarähnlichen Kanne wollte beim besten Willen kein Wasser kommen. Ich drehte und wendete das schwere Teil, drückte hier, hebelte dort und erregte prompt die Aufmerksamkeit eines Paars am Nachbartisch, das sich mit "Sweet Kiss" (Kirsch-Vanille) schon reichlich eingedeckt hatte. "Waht mäht hatt dahn weilen?", fragte der Mann seine Frau, die ihn zunächst leise beschwichtigte. Er aber ließ nicht locker: "Merkt et dahn net, dat et keen Waaßer mieh gett?" Sicher, dachte ich, nachdem er ja alles verbraucht hatte... "Hat wert sich schon zu helefen wessen", konterte die Frau - inzwischen genauso laut wie ihr Mann. Auf meine Frage, wie denn das Wetter in "Letzebursch" sei, wechselte der Mann die Farbe: ein Traum in "Sweet Kiss"-rot. Das Eis war gebrochen, die Kanne wurde neu mit Wasser befüllt und während ich endlich "wahre Liebe" aufbrühte, tröstete ich den Mann mit der Geschichte von zwei meiner Tanten: Die waren in bestem Platt fröhlich über alles und jeden lästernd durch Hamburg gezogen, bis sie von einem Luxemburger gestoppt wurden, der ihnen zu ihrem großen Entsetzen beteuerte: "Et woar wirklich interessant, eich es zugehärt zu hon." Dagmar Schommer In der neuen Kolumne "Guten Morgen" beschreiben wechselnde Autoren ihre Gedanken zum Tag.

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