f.k._guten_morgen_1906

Vor etwa 20 Jahren endete die Nachära der Steinzeit - die ersten Handys tauchten damals auf. Zuvor gab es für Außer-Haus-Ferngespräche nur die öffentlichen Telefonzellen. "Zelle" klingt nach Strafvollzug.

Und so etwas Ähnliches waren die gelben und zuletzt magenta-farbenen Glaskäfige auch: Drinnen stanks nach kaltem Qualm oder Schlimmerem, und den klobigen Hörer mit klebrigem Griffteil hielt man lieber auf Abstand. Derweil sausten im Zähler die damals noch sauteuren Einheiten davon. Schon für Ferngespräche zum übernächsten Nachbarort war viel Kleingeld bereitzuhalten, denn die alte Bundespost wusste, wie der Bürger staatsbetrieblich abkassiert werden konnte. Dies gelingt inzwischen einigen Herrschaften in Berlin aber durchaus noch besser. Heute hat nun jeder sein eigenes Telefönchen in Jacken- oder Handtasche, jederzeit und überall sprech-, empfangs- und SMS-bereit. Doch die Dinger, oder besser ihre Nutzer, nerven: In Zügen, in Bussen, in Lokalen, auf offner Straße oder als zick-zack-fahrende Wagenlenker - auch wenn es streng verboten ist. Wenn sie wenigstens bei Anruf die (durchaus vorhandenen) Klingeltöne auf dem Handy einstellen würden. Aber müssen es Beethovens Neunte, "In München steht ein Hofbräuhaus" oder der Urschrei eines Tyrannosaurus rex sein? Und wenn sie beim Gespräch am Nachbartisch nur mal die Stimme etwas dämpfen würden. Aber je lauter der Anrufton, je lauter die Unterhaltung am Handy, desto wichtiger der Angerufene. Übrigens: Ich hab mein Handy meist abgeschaltet. Und wenn's dienstlich benötigt werden könnte, sag ich vorher Bescheid und schalte ein. Manchmal denke ich wehmütig zurück an die Zeit der stinkenden Telefonzellen. Gibt‘s eigentlich noch keine Zellen für Handy-Dauernutzer?

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