Aktion: Rettet den Diesel

Düsseldorf · Das Image des Treibstoffes ist mächtig angekratzt. Gerichtsurteile und drohende Fahrverbote lassen Autofahrer eher auf einen Benziner umschwenken. NRW sieht Nachrüstungen als ein Gebot der Stunde.

Düsseldorf (dpa) "Rettet den Diesel" hat NRW-Ministerpräsident Armin Laschet (CDU) mit Blick auf Klimaschutzziele, Hundertausende Arbeitsplätze und das Eigentum von Millionen PKW-Besitzern gefordert. Modernste Diesel-Technologie sei eine Brücke zur E-Mobilität, macht Laschet in mehreren Medien deutlich. Wichtig sei, dass die Stickoxid-Werte schnell sinken. Das müsse erreicht werden ohne Fahrverbote. Die Landesregierung sieht die Fahrzeughersteller in der Nachrüstpflicht.
"Ohne den Diesel werden wir die Weltklimaziele 2020 nicht einhalten können. Weil die Diesel-Zulassungszahlen zurückgehen und der Verkauf von Benzinern ansteigt, steigen auch die CO{-2}-Emissionen", schreibt der NRW-Regierungschef in einem Gastbeitrag für Bild am Sonntag. Vor dem Diesel-Gipfel am Mittwoch betont er: "Die neueste Diesel-Generation ist die umweltfreundlichste Verbrennungstechnologie."
Um beim Nationalen Forum Diesel der Bundesregierung die Forderungen des Landes NRW einbringen zu können, werde er seinen Urlaub unterbrechen, kündigte Laschet an im Interview der Aktuellen Stunde des WDR-Fernsehens. "Unser Ziel ist, dass die Industrie alle ihre Diesel mit der Norm 5 umrüstet auf die Norm 6. Damit könnten wir die Stickoxide drastisch senken." Das sei der erste Schritt.
"Und der zweite Schritt ist ein mittelfristiger. Wir müssen bei der Elektromobilität Tempo machen", erläuterte Laschet. Es gebe in Nordrhein-Westfalen viele wissenschaftliche Erkenntnisse, die jetzt in die industrielle Produktion umgesetzt werden müssten. Als erfolgreiches Beispiel nannte Laschet das an der RWTH Aachen entwickelte Modell des DHL-Auslieferungswagens Streetscooter, von dem bereits heute bis zu 10 000 Fahrzeuge im Jahr produziert würden.
Laschet macht deutlich, dass NRW hierbei eine Führungsrolle anstrebt. "Wir haben die große Chance, bei der Elektromobilität aus Nordrhein-Westfalen - ich habe den Streetscooter eben erwähnt — wirklich in der neuen Entwicklung an der Spitze der Bewegung zu stehen", betonte Laschet. Er verlangt zugleich aber auch eine Bundesförderung. "Meine Forderung ist: Auch der Bund muss ebenso wie das Land den Weg zur Elektromobilität jetzt mit öffnen."
Der CDU-Politiker übt in seinem Gastbeitrag auch Kritik: "Krasse Fehlentscheidungen einiger Konzernlenker gefährden Tausende Arbeitsplätze. Deshalb muss jetzt sachlich aufgeklärt und die hysterische Hetze gegen den Diesel beendet werden", mahnt Laschet.
Bei der Forderung "Rettet den Diesel" gehe es auch das Eigentum von Autofahrern, betonte Laschet. "Millionen Kunden haben den Zusagen der Politik vertraut. Wir brauchen schnelle Beschlüsse zur Senkung der Stickoxide durch Umrüstung, um den Wertverlust für Diesel-Fahrzeuge zu stoppen." Die Autofahrer dürften nicht die Zeche zahlen.
FDP-Chef Christian Lindner machte in der Passauer Neuen Presse (Samstag) deutlich: "Die Konzerne sind selbst gefordert und in der Pflicht, die Abgas-Probleme zu lösen und die notwendigen technischen Nachrüstungen bei Diesel-Fahrzeugen schnell vorzunehmen. Das ist keine Aufgabe der Steuerzahler."
Die NRW-Landesregierung hatte als Reaktion auf das Urteil des Verwaltungsgerichts Stuttgart bereits am Freitag erklärt, dass sie Diesel-Fahrverbote ablehnt und die Fahrzeughersteller in einer Nachrüstpflicht sieht.
Besitzer älterer Dieselwagen müssen nach einer Entscheidung des Stuttgarter Verwaltungsgerichts weiter mit Fahrverboten rechnen. Das Land Baden-Württemberg dürfte kaum um die unpopuläre Maßnahme bereits ab Anfang 2018 herumkommen.Extra: ANREIZ FÜR DEN KAUF VON DIESELAUTOS


Niedersachsens Ministerpräsident Stephan Weil hat vor dem "Diesel-Gipfel" der Bundesregierung eine zusätzliche Förderung für den Kauf schadstoffarmer Fahrzeuge ins Gespräch gebracht. "Es müssen Anreize für den Umstieg von alten Diesel- auf Euro6- und Elektroautos geschaffen werden", sagte der SPD-Politiker, der auch im Volkswagen-Aufsichtsrat sitzt. Denkbar seien etwa "steuerliche Anreize oder eine Art Klimaprämie, die von Industrie und Staat angeboten wird". Die Industrie müsse sich zur Nachbesserung von Diesel-Autos verpflichten, der Staat sei in der Pflicht, großflächige Fahrverbote zu verhindern. Weils bayerischer Kollege Horst Seehofer (CSU) setzt auf die Reduzierung der KFZ-Steuer als "Anreiz zum Kauf eines neuen, emissionsarmen Euro-6-Diesel". Die Grünen widersprechen. "Schon jetzt fließen Milliarden an Steuervergünstigungen in den Diesel, ohne dass es dafür eine umwelt- oder klimapolitische Begründung gibt", sagte deren Verkehrsexperte Oliver Krischer. Auch die FDP lehnt den Einsatz von Steuergeld in der Dieselkrise der Autoindustrie ab.

Meistgelesen
Neueste Artikel
Zum Thema
Aus dem Ressort